Eisenhandel und Messererhandwerk der Stadt Steyr bis zum Ende des 17. Jahrhunderts

-65- 9. Die Organisation des Messererhandwerks a. Die Leitung des Handwerks In allen Freiheiten, die uns aus dem 15. Jh. erhalten sind, ist stets die Rede vom „Handwerk und den vier Meistern“. Dies berechtigt zu der Annahme, dass in jener Zeit die „Zeche“ als Organisationsform einer Berufsgruppe bereits durch das „Handwerk“ ersetzt war . 1 Das „Handwerk“ wählte seine 4 ge- schworenen Meister; sie waren verpflichtet, dem Rat der Stadt den Eid zu schwören. 2 Ihre Amtsperi- ode, dauerte ein Jahr. In erster Linie hatten sie die „Beschau“ der fertigen Messer vorzunehmen, die zu bestimmten Zeiten vorgenommen wurde; als letzte Instanz entschied wegen beanstandeter Ware Bürgermeister, Richter und Rat. Auch hatten sie die Berechtigung, Meister des Klingenschmiede- und Schleiferhandwerks zur Beschau zu berufen, die ihnen Folge leisten mussten. Fanden die Meister aber, dass ein Mitmeister ihres Handwerks „ungerechte Arbeit“ machte, so wurde er zur Zahlung von 5 Pfd. Pfg. an den Landesfürsten und von 60 Pfg. an den Richter zu Steyr verurteilt. 3 Die vier Meister hatten also vor allem die Qualitätskontrolle der Erzeugnisse durchzuführen. In späterer Zeit hören wir von alten und jungen vier Meistern. Es scheint also, dass bei jeder Wahl nur 2 neue bestimmt wurden, die 2 alten blieben bis zur nächsten Wahl weiter in ihrem Amt. Die Wahl selbst bildete für das ganze Handwerk einen Festtag. Es versammelten sich an diesem Tage alle Meister auf der Herberge und zogen dann in feierlichem Zuge zur Stadtpfarrkirche, wo der Stadtpfarrer das Wahlamt zelebrierte. Der Stadttürmer auch Turmmeister genannt, sorgte für festliche Musik. Nach der Hl. Messe zogen die Meister zum Rathaus, wo in der Ratsstube unter dem Vorsitz des Bürgermeisters, des Stadtrichters als ersten Handwerkskommissär, die Wahl selbst stattfand. Der Stadtschreiber verfasste die Relation. Um den Wahlakt feierlicher zu gestalten, sorgten Stadttürmer und seine Leute für passende Begleitmusik. Nach dieser feierlichen Handlung zogen die Meister wieder zur Herberge, wo die Wahlzehrung stattfand; auch die bei der Wahl beteiligten Herrn der Stadtregie- rung und die Meisterswitwen waren hinzu geladen. Noch 1505 bestimmte Kaiser Maximilian I, dass zu Verhandlungen mit demMagistrat die vier Meis- ter mit den 4 ältesten des Handwerks erscheinen sollten ; 4 es tauchte aber zur selben Zeit der „Zech- meister“ als Leiter des Handwerks auf. Dieser stand als Vorsteher der „Bruderschaft“ oder „Zeche“ den vier Meistern des Handwerks anfänglich gegenüber. Im 16. Jh. jedoch konnte sich der Zechmeister auch in handwerklichen Fragen großen Einfluss verschaffen. Seine Wahl fand zusammen mit den vier Meistern statt, die ihm nun zur Seite standen. Er repräsentierte das Handwerk nach außen hin, ver- handelte mit dem Magistrat und den anderen Werkstätten, wachte über die Wahrung der Freiheiten und Handwerksinteressen; er galt als Leiter des Handwerks in allen Fragen. Eine seiner Hauptaufgaben war die Verwaltung des Vermögens. Jährlich hatte er dem Bürgermeister die Abrechnung vorzulegen, der sie überprüfen musste; erst nach vollzogener Genehmigung konnte die Neuwahl stattfinden. Nicht immer war die Meisterschaft mit dem Zechmeister zufrieden, der Magistrat musste eingreifen, um die Abrechnung abzuschließen . 5 Die Auslagen des Handwerks wurden allein von Zech- und Viermeistern beschlossen, ohne dass die Meisterschaft hiezu ihre Zustimmung zu geben brauchte. 1 Lentze 17. 2 Der Rat besaß seit der Gewerbereform Rudolf IV. erhebliche Machtfülle; er erlangte die Gewerbehoheit, arbei- tete die Handwerksordnungen aus und veränderte sie nach seinem Gutdünken. Der Landesherr beschränkte sich nur auf die Bestätigung. Erst Friedrich III. und Maximilian I. griffen auch in gewerblichen Fragen selbst ein. Lentze 35/36. 3 1468 Okt. 19, Freiheit Friedrich III. mit inserierter Freiheit Herzogs Albrecht, 1428 Okt. 6; vgl. Anhang Nr. 3 1439 wurden in jeder Stadt 2 Meister als Beschauorgane aufgestellt; vgl. S 47, Anm. 5. 4 Mit dem Zechmeister Hans Schoiber d. Ä. war das Handwerk nicht zufrieden; er lieferte ungenaue und unor- dentliche Abrechnungen für das Jahr 1665/66. Die Höhe der Schulden betrug 99 fl. 5 ß 22 Pfg. für die er verant- wortlich war. Daher forderte das Handwerk beim Magistrat eine Neuwahl. 5 1505, Entscheid Maximilian I., XII/42, St.A.

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