Eisenhandel und Messererhandwerk der Stadt Steyr bis zum Ende des 17. Jahrhunderts

-63- 8. Messersorten Wie bereits erwähnt, erreichte das Handwerk der Messerer im 16. und zu Beginn des 17. Jh. seine höchste Blüte. Ein großer Formenreichtum war entstanden und eine Menge von Gattungen im Ge- brauch. Eine Übersicht über die Sorten in den einzelnen Zeitperioden gibt ein Bild von der Vielfalt und Fülle ihrer Formen, die durch keinerlei Schranken in den Grenzen gehalten wurden, wie z.B. die Klin- genformen, die typisiert waren. Die Namen der Messersorten bezogen sich sowohl auf die Erzeugungsstätten, die Absatzgebiete als auch auf die Formen der einzelnenMesser. Die näheren Angaben liefern uns, soweit sie geklärt werden konnten, willkommene Aufschlüsse über die Arten der Ausführung. Die Klingenformen der „Steyrer Netterl“ und der „Steinbacher Messer“ sind uns durch die Zeich- nung der Messermödl aus dem Jahre 1587 bekannt . 1 Die Griffe dieser Netterl erfuhren im Laufe der Zeit eine große Veränderung. 1439 waren sie „hinten und vorne gestellt, wohl ausgestochen und be- reitet“. Auch gab es „gestellte Netterl mit geflickten Häublein oder gestempften, ausgefeilten Häub- lein“ mit aufgenieteten Pürten und mit rheinischen Häublein . 2 1470 waren die Steyrer Netterl „gehak- kelt oder kollwat buchsbaumern, hatten einfache Häublein mit aufgenieteten Pürten mit einem Sneytzl“. Zur selben Zeit traten auch „Grazer Netterl“ auf, die „hinten und vorne gestellt und ausge- stochen waren“, die „gefensterte messingerne“ Griffe hatten oder „gefensterte Bein- und Schienbein- schalen mit vollen Angeln“ besaßen . 3 Aus späterer Zeit begegnen uns noch öfter diese Messer, die, wie aus ihrer Form zu schließen ist, die Funktion unserer heutigen Gemüsemesser gehabt hatten. Die „großpalleten Steinbacher Paarmesser“ traten bereits in der Ordnung von 1470 auf und waren Anfang des 17. Jh. noch im Gebrauch . 4 Viele Hinweise auf die Absatzgebiete sind in den Namen der einzelnen Sorten enthalten. Schon 1439 stoßen wir auf „Basler und Libauner“, 1470 lesen wir von „Großen, mittleren und kleinen Grazern“, die auch noch 1587 in Gebrauch waren; zur selben Zeit gab es auch „böhmische Kölbl“. Eine besondere Messergattung war die „Ungarische“, die fast ausschließlich nach dem Südosten verhandelt wurde : 5 auch die „Schachner“ wurden zahlreich in diese Gegend verkauft. Ende des 16. Jh. begegnen uns „Türkische und Steiermärker, katalonische Messer “ 6 mit Ausgang des 17. Jh. hören wir von „Tyrol- ler Messer“-sorten. Die dritte Möglichkeit, die einzelnen Messergattungen zu gruppieren, ist durch die Hinweise auf die Formen selbst gegeben. Die krummen Messer, „Khrumpe oder eiserne Sündl“ tauchen bereits 1439 auf. Damals wurden sie „hinten und vorne gestellt, besessen geflickte Häublein, gut ausgefeilte Pürten und weite Röhren“; das Material für die Griffe dieser „Sündl“ war Buchsbaumholz und Horn. 1470 wurde diese Gattung mit „Aufgenieteten Pürten oder gestellt mit gestemmten Häublein, unterlegt mit Holz oder Horn“ erzeugt, aber auch krumme Messer mit „einfachen Häublein, aufgenieteten Pürten und ausgefeilten Griffen“ mit „hohlen Häublein und eingeschlagenen Flachstollen und ohne Häublein mit aufgenieteten Pürten, sondern mit Seinselbstpürten“ wurden vielfach hergestellt . 7 Eine eigene Gattung stellten auch die „Palleten Messer“ dar, die mit „Lübigen Häublein und wider- worfenen Pürten“ versehen waren . 8 1 vgl. S. 62. Anm. 2. 2 Unter „Häublein „verstand man wahrscheinlich den Abschluss des Griffes nach rückwärts. „Pürten“, manchmal auch „perth“ geschrieben waren vielleicht Borten aus irgendeinemMetall, die auf die Holzgriffe aufgenietet wur- den. vgl. S. 47, Anm. 5. 3 1470, Vergleichsschrift; vgl. S. 58, Anm. 1. 4 Unter „pallet“ verstand man nach Aussagen des letzten Kling- und Gabelschmiedgesellen Ferdinand Gruber aus Kleinraming folgende Klingenform: die Schneide war gegen die Spitze zu ballenförmig ausgebildet; erst allmählich ging dieser Ballen in eine Spitze über. Diese „palleten Messer“ hatten also keine scharfe Spitze, sondern die Schneide verlief rund bis zum Klingenende. 5 Preuenhuber 178. 6 vgl. Anm.1. 7 Unter „Seinselbstpürten“ verstand man wahrscheinlich Bortenverzierungen aus demselben Material, aus dem der Griff als solcher bestand. 8 vgl. S. 63, Anm. 4.

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