Eisenhandel und Messererhandwerk der Stadt Steyr bis zum Ende des 17. Jahrhunderts

-58- b. Zubereitung der Schalen durch „Schroter „oder „Müderer“ Diese Arbeit wurde nicht unmittelbar von den Messerern ausgeführt, sondern von den bei ihnen beschäftigten Schalenschrotern. Diese erhielten vom Messerermeister in- oder ausländisches Holz oder Knochen zugeteilt und hatten um Lohn für den Messerer zu arbeiten. 1 Ehe der Schroter nicht mit seinem Auftraggeber verrechnet hatte, durfte er bei keinem anderen Meistern „in die Arbeit einste- hen“. Daraus geht hervor, dass die Schroter bei verschiedenen Meistern arbeiteten und wenn diese durch Arbeitsüberhäufung in eine Zwangslage kamen, diese wohl auszunutzen verstanden. Die Mes- serer zahlten ihnen daher Vorschüsse, um ihrer Arbeit sicher zu sein. 2 Die Schroter blieben trotz aller Bemühungen auch in Blütezeiten des Messererhandwerks Untergebene der Messerer; die meisten be- saßen nicht einmal die nötigen Werkzeuge, sondern verwendeten die ihrer Meister. Mitte des 16. Jh. wurde dies jedoch verboten; jeder sollte seine eigenen Werkzeuge verwenden; fehlten ihm jedoch die Mittel zur Anschaffung, so hatte er wöchentlich dem Meister 16. Pfg. Abnützungsgebühr zu zahlen . 3 Von diesem erhielt der Schroter nicht nur während der Woche die volle Verpflegung, sondern auch an Sonn- und Feiertagen; 1593 mussten die Schroter für letztere den Betrag von 12 Pfg. zahlen. 4 Die Schroter hatten das in Platten- oder Prügelform bezogene Holz zu zerkleinern und auf die jeweilige Schalengröße zuzuschneiden; ebenso mussten sie die Knochen der Rinder, die sie in Röhrenform er- hielten, bearbeiten. Dies geschah nun folgend: Der Schroter hielt in beiden Händen das Stück Holz oder Knochen und führte auf der Säge selbst die Schneidebewegungen aus; jene in Eisen gefasste Spannsäge stand bei diesem Arbeitsvorgang schräg vor dem Schroter. 5 Auf diese Weise konnten jedoch nur tra- pezförmige Holz oder Knochenteile hergestellt werden; die genauen Schalenformen wurden durch die Messerer selbst zugeteilt. Die tägliche Arbeitsleistung eines Schroters wurde 1470 auf 400 - 500 Schalen festgesetzt . 6 c. Die Arbeit der Messerer Die Ausgestaltung der Griffe erreichte im 16. und in der ersten Hälfte des 17. In. ihren Höhepunkt, also in jener Zeitperiode, mit der wir uns hier beschäftigen. Es war ein Formenreichtum entstanden, der sich von der einfachsten bis zur künstlerischen Gestaltungskraft gesteigert hat. Der Findigkeit der einzelnen Meister blieb es überlassen, neue Verzierungen und Schmuck in der Beschalungs und Behef- tungsarbeit zu erfinden und diese auszuführen. Rosetten, Häubchen, Kappen, schöne Einlegearbeiten aus Messing und Kupfer in die mit ausländischem Holz behefteten Klingen kamen dem Geschmack der Zeit entgegen; auch mit Silber eingelegte und verzierte Griffe entsprachen der herrschenden Mode. Oftmals schmückten die Messerer Holz und Hirschhornhefte kunstvoll mit Schnitzereien und ließen dabei ihrer Fantasie freien Lauf. Wie groß die künstlerischen Fähigkeiten der Meister waren beleuchtet die Tatsache, dass am Ende des 17. Jh., als die Ausführungen der Griffe immer einfacher wurden, nur mehr zwei Meister in ganz Steyr lebten, die ein Ehrengeschenk von besonders schönen und verzierten Messern ausführen konnten. 7 Die Messerer mussten ein ausgeprägtes Augenmaß für Formgleichheit 1 Schroterlohn aus dem Jahre 1470: für 100 große, krumme, beinerne Schalen: 7 Pfg. 100 hörnerne oder Schalen aus Buchsbaum: 5 Pfg.; 100 Schalen von Roteiben und anderen Hölzern: 4 Pfg.; 100 gemeine und beinerne Scha- len: 5 Pfg.; 100 Schalen für „Paarmesser“: 6 Pfg.; 100 Schalen aus Horn oder Buchsbaum für kleine Netterl: 4 Pfg.; 100 Schalen aus Eibenholz für kleine Netterl: 3 Pfg.; 1470 Messererordnung, vgl. S. 76, Anm. 3. Als man seit 1584 auch heimisches Holz zur Beschalung besserer Sorten verwenden durfte, dieses aber leichter zu bearbeiten war, wurde der Lohn heruntergesetzt: 100 Zweilinge: 6 Pfg.; 100 Modellklingen: 4 Pfg.; 1584, Vergleichsschrift der redlichen Messerwerkstätten, 12/28, St.A. 2 1470 wurde es verboten, mehr als 1/2 Pfd. Pfg. zu leihen; vgl. Anm. 1. 3 1566 Vergleichsschrift, IX/28. St.A. 4 1593 Vergleichsschrift, XII/42 a, St.A. 5 Auf die geschilderte Weise wurde in der Mitte des 19. Jh. noch gearbeitet. vgl. S. 45, Anm. 4. 6 470 Vergleichsschrift, IX/28, vgl. S. 105, Anm. 1. Wollte sich ein Schroter selbständig machen, so wurde er gegen Erlag von 5 „Schrotergulden“ in das Handwerk aufgenommen, durfte aber kein Meisterrecht beanspruchen. Sei- ner Frau wurde das Ausbereiten und das Scheidenreissen gestattet. 1601 Juli 19, Michel Stöchel, Meisterbuch, S. 66, XII/9. 7 1660-1709 Akten über die „Bann- und Achterklärung“, Mittelkasten/10; vgl. S. 83.

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