Eisenhandel und Messererhandwerk der Stadt Steyr bis zum Ende des 17. Jahrhunderts

-55- 6. Die Messerwerkstätte Steyr Ihre Entwicklung: Die Werkstätte Steyr bestand aus einer Anzahl Meisterwerkstätten, die durch den Rat der Stadt bestimmt wurden . 1 Bis gegen Ende des 15. Jh. ist uns ihre Zahl selbst nicht bekannt, dürfte jedoch in dieser Blütezeit gegen 200 betragen haben. Noch 1484 gibt Preuenhuber 150 auswanderungslustige Messerer an, die die furchtbare Notlage der Stadt nicht länger mitmachen wollten. 2 Nach diesem Nie- dergang des gesamten wirtschaftlichen Lebens begann eine Zeit des Aufstiegs und der höchsten Blüte: auch das Handwerk erlangte eine Glanzperiode, die es später nie mehr erreichte. Viele Messerer aus Oberdeutschland und Schwaben wanderten in unsere Gebiete ein und betrieben hier ihr Handwerk weiter. In Raming haben sich zahlreiche Klingenschmiede aus jenen Gebieten niedergelassen. 3 Auch aus Orten der Umgebung wurden viele Messerer angelockt sich hier ihre Werkstätte einzurichten und die „Messerei“ weiter zu betreiben. Meister aus Wels, Krems, St. Pölten, Pöchlarn und Steinbach zogen nach Steyr und führten das bodenständige Gewerbe weiter . 4 Nicht nur Meister, auch fremde Gesellen wollten auf der berühmten Werkstatt Steyr ihr Können vervollkommnen. 5 Die Wohnsitze und Werkstätten der Messerer lagen großteils in Steyrdorf, dem Vorort im Westen der Stadt. Hier klopften und hämmerten die fleißigen Handwerker vom frühen Morgen bis tief in die späte Nacht hinein. Das ständige anwachsende Handwerk fand bald keinen Platz mehr innerhalb der Stadtmauern und ein Ausbau der Stadt selbst musste vorgenommen werden. Um die Mitte des 16. Jh. begann man daher, die an Steyrdorf angrenzenden Wiesen und Felder zu verbauen; es entstand ein neuer Stadtteil, das „Wieserfeld“ . 6 Die Gebiete im äußersten Westen der Stadt, in „Aichach“ (Aichet) beherbergten ebenfalls viele Werkstätten. Das linke Steyrufer galt also als Hauptzentrum des Messer- erhandwerks. Hier in Steyrdorf lag die amtliche Beschaustelle für rohe und geschliffene Klingen , 7 hier erwarben sich die Messerer ein eigenes Haus, das „Zechhaus“, in dem sich die Herberge und Wohnung des Kaplans befand. 8 Auch die Messerergesellen besaßen in Steyrdorf ein Haus. 9 In den Gebieten der Inneren Stadt war das Handwerk nie heimisch geworden; diese blieben den Eisenhändlern vorbehal- ten, die sowohl Roheisen als auch die Handwerkserzeugnisse auf den Markt brachten. Jene räumliche Abgrenzung - Innere Stadt mit Innersteyrdorf Wohnsitze der Händler, Steyrdorf selbst Zentrum des Messererhandwerks - bestand auch noch Ende des 19. Jh. 10 Über die Anzahl der Meisterwerkstätten werden wir seit dem Ende des 16. Jh. durch das 1 Lentze 35/36. 2 Preuenhuber 135. 3 Zuwanderung in die Raming: Familien Bächler, Schoiber, Spring, Hörmann u. a.; Schoiber 18, um das Jahr 1534. 4 Einwanderung nach den Bürgerabschieden von 1508-1599: XI/12. St.A.: aus Wels: 1522Wolfgang Schaffpeul, 1532 Wolfgang Haittinger; aus Krems: 1541 Wolfgang Raidl, 1541 Stefan Schmiedinger; aus Wels: 1543 Hans Lindhaimer, 1544 Christian Gartner, 1544 Leopold Plämaull, 1544 Ludwig Schutnweben, 1544 Bernhard Grienwald, 1544 Ste- phan Oder, 1544 Partlme Fischlhamer; aus Steinbach: 1544 Hans Wurmböck; aus Wels: 1545 Hans Traxler, 1545 Hans Stuerznhoffer, 1550 Thomas Dürrenperger, 1555 Michael Kronnleytner, 1555 Hanns Dienstmann; aus Pöchlarn: 1557 Hans Korafeyl; aus St. Pölten: 1560 JörgMundtauf; aus Krems: 1577 Valtin Tamperger. Eine beträcht- liche Anzahl von diesen wurde in das Meisterhandwerk der Stadt aufgenommen und erhielt eigene Handwerkszeichen bestätigt; vgl. Anhang Nr. 9. Manche dieser eingewanderten Messerer können als Begründer von wahren Messerer- dynastien angesehen werden, die sich jahrhundertelang erhielten; z. B. die Familie Dienstmann. 5 1511 Mai 14, Klage der Messerergesellen über zahlreiche Zuwanderung oberländischer Messerer; Bittner 539/3. 6 1543/65 Erbauung dieses Stadtteils, „dahin sich meistenteils Messerer und hernach auch andere Handwerker mehr häuslich niedergelassen“; Preuenhuber 263. 7 Diese sollte „ain gelegen gewölb oder Zimmer im Steyrdorf dem Wohnsitz der Messerer“ sein. 1544 Schoiber 41/42; vgl. S. 89. 8 1521-25 Lorenz Gutprodt Besitzer dieses Hauses, Kirchengasse 1 im Steuerbuch des Jahres 1543 bereits als Eigentum des Handwerks angeführt. Bis 1635 blieb es im Besitzer der Messerer. Steuerbücher der Stadt, St.A. 9 1543-1620 das Haus Sierningerstraße 17 im Besitzer der Gesellenbruderschaft, Steuerbücher der Stadt, St.A. 10 Um 1830 62 Klingen- und Messerermeister in Steyr; ihre Wohnsitze ausnahmslos am linken Steyrufer: Wieser- feld, Sierningerstraße, Bruderhausgasse, Gleinkergasse, Schuhbodengasse, Mittere Gasse, Aichet und Schnallen- berg: Löw I. 33; vgl. hierzu Plan der Stadt, Anhang, Abbildung. Nr. 1.

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