Eisenhandel und Messererhandwerk der Stadt Steyr bis zum Ende des 17. Jahrhunderts
-53- 5. Die sozialen Verhältnisse im Klingenschmiede und Schleiferhandwerk. Auch diese beiden Handwerke waren den allgemeinen Gesetzen der Gewerbeverfassung des Mit- telalters und der beginnenden Neuzeit unterworfen. Im Mittelalter was „Handwerk“ und „Zeche“ jene Form, in der die Handwerker ihre Arbeit ausübten. „Zünfte“ traten erst seit dem 16. Jh. auf. Diesen Organisationsformen war die ganze Person des Wirtschaftsmenschen unterworfen; alle Wün- sche, auch jene persönlicher Natur, waren ihnen untergeordnet. Neben Klärung der Handwerksfra- gen hatten sie die religiösen Bedürfnisse der Mitglieder zu befriedigen. Das Fehlen einer öffentlichen Einrichtung für Unterstützung bei Krankheit, Tod und Verarmung gab dem Zusammengehörigkeits- gefühl weitere Nahrung . 1 Nachweis der ehelichen Geburt, Abschluss der Lehrjahre, Vorlage des Meisterstücks und gute Kenntnis im Schmieden und Breiten wurde von den angehenden Klingenschmiedmeistern gefordert. Die Lehrzeit eines Jungen betrug 4 Jahre, die er redlich beimMeister abdienen musste; eigenmächtiges „Feiern und Aufstehen von der Arbeit“ wurde streng bestraft. Von großem Interesse sind die Lohnfest- setzungen, die in den Handwerksordnungen getroffen wurden: Nach der Ordnung von 1488 zahlten die Meister ihren Gesellen folgende Lohnsätze: 2 Ein Essmeis- ter, der eine Werkstätte mit Schmieden und Breiten wohl versehen konnte: 42 Pfg. als Wochenlohn. Konnte dieser nicht breiten, sondern nur gut schroten: 35 Pfg. Wochenlohn. Für jedes Hundert Klingen („übrigen Schrotes“) zahlte man dem Essmeister 5 Pfg. Einem Schlager der seine Sache gut verstand, gab man: 28 Pfg. Wochenlohn. Ein „Stümpler“, d. i. ein Schmied, der seine vorgeschriebene Tätigkeit nicht beherrschte, soll für 100 Schrott nur 5 Pfg. erhalten; auch wurde dieser nur nach „Notdurft“ des Handwerks gefördert. 1559 3 mussten die Löhne erhöht werden, da es den Schmieden nicht mehr möglich war, länger nach der alten Ordnung zu arbeiten. Ein Essmeister, der schmieden und breiten konnte erhielt: 48 Pfg. (= „zwelf khreuzer“) Wochenlohn und für jedes Hundert Klingen Überarbeit: 12. Pfg. Jene Leis- tungen, die über das vorgeschriebene Maß hinausgingen, hatte man besonders gut entlohnt, ja um mehr als das Doppelte. Jene Lohnordnungen für die Werkstätte Steyr deckten sich nahezu mit denen von Kleinraming. Die Handwerksordnung von 1578 schrieb folgende Sätze vor: der Wochenlohn für den Essmeister betrug, wie in Steyr, 48 Pfg. Die Entlohnung nach 100 Klingen Überarbeit wurde nicht erwähnt. Einem Schlager zahlte man wöchentlich 40 Pfg.; höhere Löhne zu zahlen, war dem Meister bei Strafe verboten. 4 Eine interessante Lohntabelle ist aus dem Jahre 1605 erhalten, nach der sich die 9 Klingenschmie- dewerkstätten zu halten versprachen; der Stücklohn für die einzelnen Sorten wurde festgesetzt . 5 Ein Essmeister erhielt für das Schmieden und Breiten von: 100 „Stolln-Clingen auf 3 Mödl“ je: 12 Pfg., ein Schlager: 12 Pfg. 100 „Zwailling und gross Khöpfeten Messer-Clingen“ je: 12 Pfg., der Schlager: 12 Pfg. 100 „Klein Khöpfeten auf 4 Mödl“ je: 8 Pfg., dem Schlager: 8 Pfg. 100 „Groß Türkhischen Clingen“ je: 10 Pfg., der Schlager: 10 Pfg. 100 „mittleren und clainen Türkhischen Clingen Sorten“ je: 8 Pfg., der Schlager: 8 Pfg. 100 „Patronen vom 1. bis 10. Model“ je: 6 Pfg., der Schlager: 6 Pfg. Auch bei der Entlohnung der Schleifer wurden Unterschiede je nach den einzelnen Sorten vorge- nommen. Es kostete das Schleifen von 100 Zweiling Klingen 20 Kreuzer (= 80 Pfg.) das Schleifen von 100 Modellklingen 11 Kreuzer (= 44 Pfg.) . 6 Klärung der Lohnstreitigkeiten war eine der Hauptaufgaben, 1 Über Entstehung der Zunft, Kulischer I, 181-192; Lentze 17; ihre Zwecke, Bechtel 225. 2 vgl. S. 42, Anm. 3; S. 43, Anm. 3. 3 vgl. Anm. 2. 4 1577 Okt. 31, Bestätigung der Handwerksordnung: diese war erfolgt, da große Lohnunterschiede unter den einzelnen Werkstätten bestanden, manche höheren Lohn zahlten und die Gesellen anlockten; Schoiber 46/47. 5 Schoiber 58. 6 1587, Vergleich zw. Messerwerkstatt Steyr und den Klingschmieden und Schleifern von Steyr, Raming und Dam- bach, XI/5, St.A.; vgl. S. 49, Anm. 9.
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