Eisenhandel und Messererhandwerk der Stadt Steyr bis zum Ende des 17. Jahrhunderts
-47- mit dem Wappen von Steyr und der Jahreszahl „1586“ gezeichnet werden. Jede Übergrößerung sollte ab nun eingezogen werden. Aber solange sich nicht auch die anderen Werkstätten verpflichtet hatten, nach diesen Mustern zu arbeiten, war das Problem der Übergrößerung nicht beseitigt und die Frage der Klingenformen ungelöst. 1587 fand auf Befehl der niederösterreichischen Regierung in Steyr eine Versammlung statt, der der Eisenobmann Christoph Strutz und Abgeordnete sämtlicher Klingen- schmiede-, Schleifer- und Messerwerkstätten und der Messerhändler beiwohnten, um die Frage der Klingenformen einheitlich zu regeln . 1 Nach längeren Beratungen erzielte man folgendes Übereinkom- men: Ausnahmslos waren für die Klingenerzeugung zulässig: 11 „Mödl“ für „Frumbwerk“, 34 „Patro- nen“ für „Gekäppelte und Antribne“ 2 34 „Patronen“ für „Türkische“. Es wurden 2 Muster von jeder Sorte, das sind von den 10 „Mödl“ für „Frumbwerk“ und den „Steiermärkern“, ebenso von den „Ge- käppelten und Antribnen“ und den „Türkischen“, an die Eisenobmannschaft, die Herrschaft Steyr, der Vogtobrigkeit von Raming, Dambach und Steinbach, gegeben. Außerdem erhielten sämtliche Klingen- schmied-, Schleifer und Messerwerkstätten von jeder Patrone ein Stück. Sehr wertvollen Aufschluss über die Klingenformen dieser Zeit gibt uns eine Zeichnung mit Benen- nung der Modelle , 3 die anlässlich dieser Versammlung angefertigt wurde. Wir finden hier folgende Klingensorten: „Reinische Heill“, „Schillt pallet“, „claine Gräzerl“, „cluger“, „Grosse Schill pallet“, „60 Parl“; diese Gattungen wurden paarweise durch Ringe zusammengehalten im Gegensatz zu den übri- gen: „gross pallet“, „gross Krumper“, „gross Steinpacher“, „pfaffenpar“, „Schahner gen Hungarn“, „Groß Schnizer“, „Nätterl“, „pauern clingen“, „clain Kleiymper“, „Degen schnizer“ und „Profanter“ . 4 Die Veränderungen der Formen gingen verhältnismäßig langsam vor sich. Um 1439 erzeugte man bereits „Profanter“, „Groß Stainpacher“, „Groß Pallete“ u. a. m. die um 1580 noch in Gebrauch stan- den. 5 Doch um 1605 lesen wir von „gross Khöpfeten, Stollnklingen, Klein Khöpfeten“, die erst aufge- kommen sein durften . 6 Als Meisterstücke wurden 1629 von den Raminger Klingschmiedgesellen ge- fordert: „drei dech Clingen, item ein dech Schreibmesser, ein dech Zellater auf Peilerl, und ein dech Spizater Naderl“. 7 Jene Festsetzung von bestimmten Klingenformen kam nur für gute Erzeugnisse also „Frumbwerk“ in Frage, nicht für Klingen minderer Qualität sog. „Hauffenwerk“ oder „Povelware“. Dies erzeugten die Schmiede aus „Abeisen“, also Ausschuss von der „Frumbarbeit“. Die Erzeugung des „Hauffenwerks“ ging wesentlich einfacher vor sich, ein genaues Arbeiten war hier nicht nötig, da auch die Messerer für „Hauffenwerk“ nur minderwertiges Beschalungsmaterial verwendeten. Diese schlechteren Waren treffen wir zu allen Zeiten, konnten aber nicht mit der Qualitätsarbeit verwechselt werden, da beide Sorten verschiedene Zeichen trugen. 8 der Vertrag von 1553 enthalten ist; XI/5, St.A. 1 Zeichnung der Klingenformen sehr gut erhalten: Klingenblatt jeweils blau gefärbt, Umrisse schwarz ausgezogen. XI/5, St.A. vgl. Anhang. Blatt 18-21. 2 Unter Patrone verstand man eine Matrize, die die Ansatzform in das Gebelgesenk abdrückte. 3 Im Gebelgesenk geschmiedet und im Auftreibstock aufgetrieben, somit Ansatzklingen: vgl. S. 42. 4 Die paarweise dargestellten Messer auch „Zweilinge“ genannt; aus diesen wurden die „Paarmesser“ verfertigt. 5 1439 Juni 23, „Der Messerer und ihrer Knechte Ordnung“, eingetragen im Ordnungsbuch der Stadt Wien, fol. 36 ff. 6 Schoiber 57/58. 7 1629 Juni 20, Handwerksordnung Ferdinands II, Schoiber 60/63. 8 vgl. Kapitel „Messerzeichen“.
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