Eisenhandel und Messererhandwerk der Stadt Steyr bis zum Ende des 17. Jahrhunderts

-45- an den Stein hielt, bezeichnet werden; die angemerkten Stellen hatten die Schleifer mit einer „Stein- haue“ zu behauen. Auf diese Weise erzielte man ein ständiges Rundlaufen des Steines. Die Schleiferer arbeiteten nicht nur für die Messerer, sondern hatten auch alle anderen Erzeugnisse der Kleineisenin- dustrie wie Ahlen, Pfriemen, Schermesser (Rasiermesser), Schwerter, Hacken, Feilen etc. zu schleifen. Diese Beschäftigung war auf die Dauer sehr ungesund und auch gefährlich. Zur Beleuchtung dieser Tatsache möge ein fachmännisches Gutachten aus dem 19. Jh. dienen: „Der Arbeiter (Schleifer) muss hier in einem dunklen, höchst beengten Raum mit geringen Unterbrechungen von 4 Uhr früh bis 7 Uhr abends über dem Schleifstein von dem durch die Rotierung weggeschleuderten Wasser beständig an- gespritzt, in einer unnatürlich, gekrümmten Stellung solcher Art ausharren, dass er zugleich mit der in einer solchen Räumlichkeit ganz verdorbenen Luft noch den verderblichen Schleifstaub einatmet, (da- her Silikoseerkrankung sehr häufig) immer in der Gefahr vom berstenden Schleifstein erschlagen zu werden und von den aufsprühenden Funken eine Verletzung zu erhalten. 1 Die Bearbeitung der Oberfläche nach dem Schleifen dürfte im 16. Jh. eine sehr spärliche gewesen sein; die Klingen wurden sicherlich in geschliffenem Zustand an die Messerer abgegeben, da in jener Zeit nie vom Polieren 2 die Rede war. Vielleicht hatte man durch die Verwendung feinerer Schleifsteine oder durch „Sanden“ das Polieren teilweise ersetzt. 3 Auf Grund noch vorhandener Musterstücke kann man ebenfalls keine Schlüsse ziehen, da die Oxydation im Laufe der Zeit so weit fortgeschritten ist, dass die Oberflächenbearbeitung nicht mehr erkennbar ist. 4 1 Huber, S. 8; Blatt 17, Darstellung des „Sattelschleifens“. 2 Unter Polieren versteht man eine weitere Verfeinerung der geschliffenen Oberfläche auf einer rotierenden Polierscheibe aus Hartholz, die mit Schmirgel beleimt ist; je feiner das verwendete Korn des Schmirgels, desto höher der erzielte Glanz. 3 d.h. durch ständige Zuführung v. Quarzsand auf die Scheibe, an die die Klinge gepresst war. 4 Die technischen Angaben über Klingenproduktion sind in den vorhandenen Akten äußerst spärlich. Man fand es eben nicht für notwendig, diese den Handwerkern geläufigen Vorgänge aufzuzeichnen. Über jedes andere Gebiet sei es die Lohnfrage, die Gesellenfrage, das Problem der Formen und Zeichen u.a.m. erhalten wir mehr Aufschluss als über die Produktionsvorgänge selbst. Ich versuchte eine möglichst genaue und lückenlose Wieder- gabe der Klingenerzeugung zu geben, die sich auf folgende Quellen stützte: Im Betrieb meiner Großeltern, des Herrn Josef Hack und seiner Gattin Josefa wurden einzelne Sorten Messer und Gabelklingen bis zum Jahre 1920 noch mit der Hand geschmiedet. Auf jene Zeit gehen die Erfahrungen meines Vaters, des Herrn Josef Hack zurück, die ich hier verwertete. Auch der Sohn des letzten Klingschmiedmeisters von Kleinraming, Hans Grünwald, des- sen Vater 1906 seine Esse für immer gelöscht hatte, stellte mir seine praktischen Kenntnisse zur Verfügung. Da die Vorgänge des Handschmiedens kaum eine wesentliche Veränderung im Laufe der Zeit durchgemacht hatten - Esse, Amboss, Hammer und Hilfsgesenke gab es auch im 16. Jh. - kann angenommen werden, dass die Schmiede jahrhundertelang auf die geschilderte Weise gearbeitet haben. Die Angaben über das Schleifen verdanke ich Herrn Michael Löschenkohl, der über 50 Jahre in diesem Handwerk tätig, als letzter seines Faches im väterlichen Betrieb beschäftigt ist.

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