Eisenhandel und Messererhandwerk der Stadt Steyr bis zum Ende des 17. Jahrhunderts
-44- Veranschaulichung dieser Arbeitsvorgänge soll abermals eine Skizze dienen. 1 Fig. 1. Ausgeschmiedetes Gabelblatt mit abgesetztem Stangerl Fig. 2. Klinge mit abgesetztem Ansatz Fig. 3. Klinge mit ausgestrecktem Spitzangel Fig. 4. Klinge mit aufgetriebenem Ansatz Fig. 5. Klinge mit gestanzten Zinken Fig. 6. Klinge in gebogenen Zustan d 2 Schleifen und Polieren: Die fertig geschmiedeten und gehärteten Messer- und Gabelklingen gelangten zur weiteren Bearbei- tung in die Hände der Schleifer. Die Klingenschmiede von Kleinraming und Dambach gaben ihre Erzeug- nisse direkt an die dort bestehenden Schleiferwerkstätten. In geschliffenem Zustand lieferten sie die Klin- gen an die Messerer von Steyr, die sie verkaufsfertig stellten. Manche vermögenden Messerer besaßen selbst Schleifen, 3 diese bezogen die Klingen in „schwarzem“, d. h. ungeschliffenen Zustand. Da das Schleifen unbedingt maschinellen Antrieb erforderte und in jenen Zeiten nur Wasserkraft zur Verfügung stand, mussten sich diese Werkstätten an Flüssen und Bächen ansiedeln. Wie bereits erwähnt wurden der Raming- und Dambach auch zu diesem Zweck ausgenützt. In Steyr lagen die Schleiferwerkstätten großteils am linken Seitenarm der Steyr, dem „Wehrgrabenkanal“. Die älteste Ordnung für die „zeug und werchgarmmer im wuergraben der Steyr“ ist uns aus dem Jahre 1529 er- halten . 4 In einer Merkschrift aus dem Jahre 1572 wurde jedoch erwähnt, dass jener Kanal „vor vielen Jahren und von uraltersher aber etlicher Menschengedächtnus“, von den Müllern, Schleifern, Ham- merschmieden und anderen Handwerkern der Stadt, die in Steyrdorf ansässig waren zum Antrieb ihrer Werkstätten angelegt wurde. Die Besitzer von Wasserrechten an diesem Kanal wurden „wuergräbler“ genannt und hatten sogar eine eigene Gerichtsbarkeit. Seit 1529 hat sich den Wehrgrabenkanal bis heute in seinem Gerinne und seinen Stauverhältnissen imWesentlichen nicht geändert. An den 4 Stau- stufen oder „Zeugstätten“ wurde der Kanal für die Handwerksbetriebe damals und wird auch heute noch für dieselben Zwecke ausgenützt. Hochwasser bildete zu allen Zeiten eine große Gefahr. Die Schleifen waren einfache Holzbauten, besaßen „unterschlächtige “ 5 Wasserräder, die direkt die Schleifsteine antrieben. Diese waren quarzhältige Sandsteine, die die Schleifer von Steyr und Umgebung aus Glei ß 6 bezogen, ja sie waren sogar vertraglich verpflichtet, nur diese zu verwenden. Im Jahre 1630 glaubten zwar die Schleifer von Raming und Steinbach in der Nähe Steinbrüche für ihre Schleifsteine ent- deckt zu haben und verzichteten auf die aus Gleiß , 7 sie kehrten jedoch reumütig zu den alten zurück. 8 Unter Schleifen versteht man jenen Arbeitsvorgang, durch den die gehärteten Klingen auf einem rotierenden Schleifstein eine scharfe Schneide und verfeinerte Oberfläche erhalten. Die Arbeit des Schleiferers vollzog sich folgend: er saß auf einem Sattel ober dem Schleifstein und presste die Klinge, durch eine Stange, das „Gesparrholz“ geführt, auf den ihm zulaufenden Stein. Während des Schleifens musste genügend Wasser auf die Bahn des Steines fließen, damit die Klinge während dieses Arbeits- vorganges nicht verbrannt wurde; dies hätte einen Härteverlust ergeben. Die Schleifsteine mussten täglich, um ihn rundlaufend zu erhalten, mit einem Stück Holzkohle, das man während des Rotierens 1 Blatt Nr. 13. Darstellung des Hilfswerkzeuges, Blatt Nr. 8. Fig. 1. 2 Anhang, Blatt Nr. 14 Photographien von Gabelklingen aus dem19. Jh. ebenso ImBesitz des Herrn Josef Hack, Steyr. 3 Der Messerer Stephan Pramauer, gest. 1495 vermachte seinen Kindern „ettliche Schleifen“, Preuenhuber 159. 4 1529 Ordnung vnnd Bestettung der zeug van werchgarrner im wuegraben der Steyr. Jene Vereinigung der „Wuergräbler“ besteht noch heute in der „Wehrgrabenkommune“ der Stadt. 5 Unter einem unterschlächtigen Wasserrad versteht man ein durch Wasser von unten betriebenes Wasserrad, im Gegensatz zu einem oberschlächtigen, das von oben die Wasserzufuhr erhält. 6 Gleiß zwischen Waidhofen und Ulmerfeld gelegen, vgl. S. 31, Anm. 8. 7 1630 Okt. 19, das Handwerk der Schleiferer v. Raming und Steinnach bittet den Magistrat v. Steyr, den Vertrag für den Schleifsteinbezug aufzuheben. Schreiben des Magistrates an Wolf Christoph Geyr von und zu Osterberg, auf Hagberg, Lammerstorff und Gleiß. XI/6, St.A. 8 vgl. Anhang Blatt 15, Ansicht von 2 Schleifen im Wehrgraben, die seit dem Ende des 17. Jh. stehen; Blatt 16, Ansicht eines „Knieschleifers“; jene Schleifmethode üblich seit dem Ende des 19. Jh.
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