Eisenhandel und Messererhandwerk der Stadt Steyr bis zum Ende des 17. Jahrhunderts

-41- b. Erzeugungsvorgang Das Schmieden der Klingen vollzog sich in gleicher Weise bei „gegärbtem“ oder bei „Frumbstahl“. Ebenso kann es als Tatsache angesehen werden, dass die Klingen bis zum Ausgang des 19. Jh. nur mit der Hand, ohne Zuhilfenahme eines Krafthammers geschmiedet wurden, obwohl die Werkstätten auch in jenen Gegenden lagen, in denen Wasserkraft vorhanden war. Die Sensenschmiede verwendeten schon im Mittelalter wegen der Größe und schwierigen Verformung ihrer Erzeugnisse den durch Was- serrad betriebenen Hammer. Die Einrichtung einer Klingenschmiede bestand aus mehreren Ambossen, Schmiede und Schlag- hämmern, Feuerzangen, „Gebelgesenken“, 1 Schrottmeißeln, Feilen und Schraubstöcken; ein Auftreib- stock mit -röhr e 2 und ein Schmiedefeuer oder Esse 3 mit Blasebalg vollendeten die Betriebsmittel. Die Klingen wurden „von der Stange weg geschmiedet“, d. h. die angewärmten Stahlstangen wur- den nicht auf die Klingenlänge abgeschnitten, sondern die einzelnen Klingen fortlaufend abgeschmie- det; erst nach dem Abschmieden wurden die Klingen abgeschrotet. Das Ende wurde für die nächste Klinge neu angewärmt. Die Schlusstücke der Stahlstange mussten wegen ihrer Hitze bei der Bearbei- tung in eine Feuerzange gespannt werden. Das Schmieden von Klingen „ohne Ansatz“ : 4 Aus dem zubereiteten Ausgangsmaterial oder aus dem „Frumbstahl“ selbst wurde die Rohform der Klinge ausgeschmiedet. Leichtere Klingensorten bis zur Länge von 7 Zoll wurden durch den Schmied und einen Schlager, also unter zwei Hämmern in einer Hitze ausgeschmiedet. Größere Sorten verfertigten ein Schmied und zwei Schlager; 5 dies erfolgte „unter zwei Hitzen“ d.h. die Klingen mussten nach dem ersten Schmieden in der Esse nachgewärmt werden. Der Schmied oder Essmeister führte die Stahlstange und gab die Form, der Schlager streckte das Material und schmiedete sich die Schneide roh vor. Das Treten und Ziehen des Blasbalges besorgte stets der Jüngste in der Werkstätte; dieser musste darauf achten, die Hitze des Schmiedefeuers stets auf gleicher Höhe zu erhalten. Schlag auf Schlag musste in rascher Folge geführt werden, um die Klingen in einer Hitze, bei größerem in zwei Hitzen auf die gewünschte Form zu bringen. Hierbei vollzog sich der Rhythmus in der Form, dass auf jeden schweren Schlag des Schlagers (sein Hammer wog 8-10 kg) der Klingenschmied mit seinem leichten Hammer, die Klingenkontur for- mend, stets dazwischenschlug. Diese Schläge mussten mit großer Wucht durchgeführt werden, um aus einem rechteckigen oder runden Querschnitt die dünne Plattform zu gewinnen. Dann legte der Schmied 1 Es ist anzunehmen, dass die Funktion jenes Gesenkes mit der des Ober und Unterkiefers verglichen wurde, daher man es mit dem heute noch gebräuchlichen Dialektausdruck „Gebel“ bezeichnete vielleicht auch „Kappel“, vgl. S. 47, Anm. 3, Blatt 8. 2 Über deren Verwendung in der Klingenerzeugung vgl. Anhang, Blatt 9, Erklärung hinzu siehe S. 42. 3 Es war bis zu Beginn des 16. Jh. üblich gewesen, auf einem Feuer die Klingen zu schmieden. Um 1520 jedoch entbrannte ein „heftiger krieg der zweier fewer halber „zwischen den zur Stadt Steyr gehörigen Klingenschmie- den und Schleifern von Raming und Dambach und 11 Mitmeistern dieser Werkstätte. Diese innerhandwerklichen Kämpfe hatten ihren Grund in den ungleichen sozialen Verhältnissen im Handwerk. Diese 11 Meister hatten sich beträchtliches Vermögen erworben; diese hielten, um für ihre Söhne Arbeitsmöglichkeit zu schaffen und um den eigenen Betrieb auszubauen, oft drei und noch mehr Feuer. Diese erklärten ihren Widersachern, sie hatten das „Zainndtwerch darum gelernt, das sie dessen auf das passt und höchst genießen wollen und sich, weiber und khindter damit erneren“. Dagegen stellten sich jedoch die anderen, meist ärmeren Meister, die für ihre Beschäf- tigung fürchteten. Vorübergehend erlangten jene 11 das Recht auf 2 Feuern zu arbeiten, doch 1526 erließ der Kaiser ein Mandat an den Hauspfleger der Herrschaft Steyr, das das allgemeine Verbot, mehr als 1 Feuer zu halten, beinhaltete. Die 11 Schmiede mussten sich, wenn auch sträubend fügen. 238/114/S HKA, vgl. Blatt 6, 7, Innen und Außenaufnahmen v. Klingenschmieden in Unterwald am Damberg aus dem Jahre 1949. 4 Unter einem Klingenansatz versteht man den verdickten Abschluss beim Übergang der Klinge zum Griff. Auf diesen stoßen bei Breitangelklingen die Schalen an oder bei Klingen mit Spitzangel sitzt die Heftzwinge am Ansatz auf, vgl. Anm. 3. Dieser „Ansatz“ wird auch „Kropf“, „Stollen „oder „Absatz“ genannt. 5 1629 Juni 20, nach dieser Handwerksordnung verboten, mehr Arbeiter bei den Werkstätten zu halten, sondern „selbdritt an einem feur zu arbeiten und nicht mehr“; Schoiber 61.

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