Eisenhandel und Messererhandwerk der Stadt Steyr bis zum Ende des 17. Jahrhunderts

-36- II. Das Messererhandwerk Steyr, die Stadt des Eisens und Stahls, galt seit ältesten Zeiten als die Heimat, ja als Zentrum dieses ehrsamen Handwerks. Blättern wir in seinem zahlreichen Quellenmaterial bis in die fernsten Zeiten zurück, so enthüllt sich uns ein Bild reichbewegter Vergangenheit, wir erhalten Einblick in einen Le- bensnerv der Stadt Steyr. Aus der Entstehungszeit dieses Handwerks fehlt uns jede Nachricht; wir können nur, jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit annehmen, dass Steyr als Sitz des Eisenhandels seit ältesten Zeiten auch den Eisenhandwerkern Arbeit und Brot geboten hatte. 1 Vielleicht wurden die von Horaz gerühmten „Nordischen Klingen“ in Steyr oder der nächsten Umgebung erzeugt? Im Besonderen sei hier an das Tal von Kleinraming in Osten der Stadt gedacht, dem Hauptsitz des Klingenschmiedehandwerks; es fehlen aber auch hiefür alle Beweise. Die ersten sicheren Nachrichten stammen aus dem 14. Jh. Auf Grund der geringen Mautansätze für Messer aus dem Jahre 1387 ist anzunehmen, dass die Messerproduktion und -verhandlung bereits bedeutenden Umfang erreicht hatte; da außerdem für geschliffene Waren hoher Zoll gefordert wurde, wird jene Annahme noch verhärtet . 2 Auch die Bestätigung der Handwerksordnung für die Klingen- schmiede von Kleinraming aus dem Jahre 1373 lässt auf bedeutende Klingen- und somit auch Messer- erzeugung schließen. Das Messererhandwerk in Steyr erhielt durch Herzog Ernst, vermutlich 1407, seine Handwerksordnung; daraus geht jedoch hervor, dass die Steyrer Messerer schon Ende des 14. Jh. Ordnungen erhalten hatten, die uns aber nicht überliefert sind . 3 Wir können auf Grund jener Zeugnisse mit Sicherheit behaupten, dass im 14. Jh. bereits in diesem Handwerk eine Produktionsteilung eingetreten ist: die Klingenschmiede stellten die Rohklingen her, die Messerer verfertigten Griff und Schneide und machten sie verkaufsfertig. Anfangs durften diese beiden Tätigkeiten wohl vom selben Meister ausgeführt worden sein, wie aus einer Nachricht der Ra- minger Klingenschmiede hervorgeht; diese sprachen von jenen „frühen Zeiten, als die Messerer auf- kamen“ . 4 Die Trennung hatte sich wahrscheinlich erst mit dem Aufschwung des Handwerks ergeben; in dieser Zeit entstanden zwei Handwerke, die in vielen Belangen voneinander abhängig waren und selbständig nicht bestehen konnten. Den Messerern von Steyr war es seit ältesten Überlieferungen verboten selbst Klingen zu schlagen, sie waren beim Klingenbezug auf die Klingenschmiede angewiesen. Steyr selbst beherbergte zu Ende des 15. Jh. noch eine beträchtliche Anzahl, doch die beiden Werkstätten Kleinraming und Dambach traten mit ihrer Klingenproduktion immer mehr in den Vordergrund . 5 Das Handwerk der Messerer fasste in der Stadt feste Wurzeln und entfaltete sich hier immer mehr, die beiden Orte Raming und Dambach stellten die Rohprodukte her. Die berühmten „Steyrer Klingen“ stammten aus ihren Werk- stätten. Allmählich wurde es zur Regel, dass die Schmiede von Raming und Dambach ausschließlich die Steyrer Messerer belieferten; jenen war es verboten, selbst Rohklingen auszuführen. Sie waren daher gezwungen, diese an die Messerer abzugeben. Dieses Gewerbe galt als bürgerliches und durfte daher am flachen Lande nicht ausgeübt werden; es konnte sich auch aus diesem Grunde in der Raming nicht behaupten, wir hören in den Quellen nie von Messerern dieses Gebietes. Die engen Beziehungen, die Klingenschmiede undMesserer miteinander pflegten, ihre gegenseitige Abhängigkeit und dauernden Geschäftsverbindungen lassen es notwendig erscheinen, auch das Klin- genschmiedehandwerk eingehender zu betrachten. 1 Nach Preuenhuber 10, war Steyr bereits um 900 Sitz einer Messererzeugung. Diese Nachricht beruht sicher nur auf einer Annahme, da das Werk jenes Historikers erst ab 13. Jh. verlässliche Quelle darstellt. 2 1387 Nov. 30, Oberleitner 88/97. 3 1407 (?) Juni 23, Urkundensammlung Schwertberg Nr. 2, Ld.A. vgl. Anhang Nr. 2. 4 1535 Bittschrift der Klingenschmiede an den Kaiser. XII/41, St.A. 5 Über die Anzahl der Klingenschmiedmeister in Raming und Dambach sind wir nur wenig unterrichtet, da das Meisterbuch nicht mehr vorhanden ist. 1579 gab es auf den beiden Werkstätten Raming und Dambach 171 Meis- ter; IV/19/958, St.A. 1588 arbeiteten in Dambach 87, in Raming 66 Meister, Schoiber 55. 1602 waren in beiden Werkstätten 143 Klingenschmiedmeister beschäftigt, XI/5, St.A. 1613 gab es in Steyr nur mehr 15 Meister in Raming und Dambach dagegen 179; IV/19/958, St.A.

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