Eisenhandel und Messererhandwerk der Stadt Steyr bis zum Ende des 17. Jahrhunderts

-30- 4. Der Stand der Eisenhändler Seit den Anfängen eines geregelten Abbaus am steirischen Erzberg war die Stadt Steyr der Sitz des Eisenhandels und zugleich auch das Zentrum der Händler. Hier am Stapelort wickelten sie ihre Ge- schäfte ab und schon in 13. Jh. spielte jene Gilde der Eisenhändler eine bedeutende Rolle. Im Laufe der Entwicklung erlangten sie einflussreichste Bedeutung im städtischen Leben und im Rat des Gemein- wesens. Sie regierten die Stadt in wirtschaftlichen Belangen, sie finanzierten ja mit ihrem Geld das gesamte Innerberger Eisenwesen und waren als Befruchter der Produktion anzusehen. Ihre soziale hohe Stellung befähigte sie, an die Spitze der Stadt zu treten. Die Eisenbürger sprachen im Rat die gewichtige Stimme und konnten sich hier größten Einfluss verschaffen. Zum Aufgabengebiet des Rates gehörte es, die Bürger zu regelmäßigem Eiseneinkauf anzuhalten und die Einhaltung der Privilegien zu überwachen. 1 Schon im Stadtrecht von 1287 lassen sich Spuren eines Ausschusses der Bürger erkennen. Im 14. und bis Mitte des 15. Jh. bestand er aus 6 Mitgliedern, die mit dem Stadtrichter die Vertretung der Stadt nach Außen und die Aufrechterhaltung der Ordnung im Innern zu besorgen hatten. Der Burggraf von Steyr hatte den Rat in der Vertretung der städtischen Privilegien zu unterstützen. Mit dem Aufschwung des Eisenwesens wurde die Leitung des Verlages im- mer schwieriger, sodass eine Erweiterung des Rates nötig wurde. Das neu errichtete Kollegium der 50 Genannten bewährte sich nicht, man setzte statt diesen den jungen Rat ein, der den älteren zu unter- stützen hatte. 2 Es war jedoch in der 2. Hälfte des 15. Jh. nicht möglich, die alte Ordnung aufrecht zu erhalten. Die Verpfändung der Stadt, Kriege mit Böhmen und Ungarn störten den ruhigen Handelsver- kehr, viele Häuser standen verlassen, zahlreich Bürger waren ausgewandert. Die zurückbleibenden Händler sahen sich außerstande, den Eisenverlag fortzuführen. Es ergingen daher wiederholte Auffor- derungen an den Rat, die Bürger zur Abholung ihres Eisens zu veranlassen . 3 Jedoch der Rat war nicht in der Lage dies durchzusetzen. Viele Bürger, die Eisenhandel betrieben hatten, waren ausgewandert, „Unbehauste “ 4 und Fremde hatten sich des Handels bemächtigt. Ein Handelsverbot für diese rief eine gefährliche Gärung unter der Stadtbevölkerung hervor, sodass diese Regelung schon im nächsten Jahr gemildert werden musste. 5 Jeder Bürger, der 24 Pfund im Besitz hatte, war nun berechtigt, Handel zu treiben . 6 Dies war im gesamten 16. Jh. die Grundbedingung zur Erlangung der Handelsgerechtigkeit in Steyr. Jene Aufhebung des Monopols der Stadt hatte zur Folge, dass sich zahlreiche ausländische Han- delsleute, die sich hier bereits Warenlager errichtet hatten, des Eisenverkehrs bemächtigten . 7 Sogar Adelige und Prälaten trieben jetzt Handel mit Holz und Eisen . 8 Die Steyrer selbst zeigten in dieser Zeit wenig Interesse am Eisenhandel und eine Reform auf diesem Gebiet war dringend nötig. Man begann mit einer Neuorganisation der städtischen Verwaltung; ein Bürgermeister wurde eingesetzt und dem älteren und jüngeren Rat ein Kollegium von 18 „Genannten“ beigegeben, die bei den Marktgeschäften zu fungieren hatten . 9 Der so verstärkte Rat verfasste für den Betrieb von Handel und Gewerbe in der Stadt eine neue Ordnung . 10 Ihre tatsachliche Durchführung gelang erst nach jahrelangem Kampf mit der „Gemain“, die die Mitwirkung in der Stadtverwaltung und im Eisenhandel durchsetzen wollte. Das 1 1361, Rudolf IV. an den Rat der Stadt: zu sorgen, dass das nach Steyr geführte Holz und Eisen nach altem Her- kommen verkauft werde. UBE, 8, 20.; 1483 Juni 18, Friedrich III. befiehlt den Bürgern von Steyr das bei den Ham- merstätten für sie bereitliegende Eisen wie von alters her alle Monate zu „heben“ und zu bezahlen: Preuenhuber 134. 2 Über die Zusammensetzung des Rates vgl. Preuenhuber, 167. 3 vgl. S. 12. 4 Im Mittelalter waren nur hausbesitzende Bürger berechtigt Handel zu treiben. 5 1471 Juni 7, Steyr, Friedrich III. ordnet den Handelsverkehr in Steyr, Preuenhuber 127/128; 1472 Juni 21, Preu- enhuber 128. 6 Zur Vereinfachung legten nun die meisten diese Summe beim Rat ein und erwarben so die Berechtigung zum Eisenhandel; Preuenhuber 128. 7 1471 Juni 7 und 1472 Juni 21, vgl. S. 30. 8 1493, Sept. 1, Enns, Versammlung aller oberösterreichischer Städte deswegen; Bittner533, Anm. 5. 9 Preuenhuber 162. 10 Keine genaueren Angaben über diese Reformen erhalten. Preuenhuber schildert den Ablauf jener Streitigkei- ten in den Jahren 1507-1512, gibt jedoch keine Nachricht über die neue Ordnung.

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