Eisenhandel und Messererhandwerk der Stadt Steyr bis zum Ende des 17. Jahrhunderts

-23- Handwerker müsste dann, wie früher durch die einzelnen Händler erfolgen. Außerdem wurde zur Ver- hütung einer Sperre der Eisenkammer die baldige Entlohnung des Eisenkämmerers und die sofortige Bezahlung der Schulden gefordert. Erst nach Erfüllung dieser Forderungen wäre eine Schließung der Kammer verhindert. Die Kommissäre waren aber keineswegs geneigt, die Sache bis zum Äußersten kommen zu lassen und traten beim Kaiser für die Übergabe der Kammer an die Stadt ein, da man durch die Kammer ja ohnehin keine Einnahmen zu erwarten hatte. Auch sei auf die Dauer mit dem Städti- schen Zuschuss von 600 fl. nicht auszukommen . 1 Am 13. August 1575 willigte Kaiser Maximilian II. in die „Transferierung der Eisenkammer in die Stadt Steyr“ ein ; 2 das Eisenkammeramt ging in die Verwaltung der Stadt über mit der Verpflichtung, um gewährte Darlehen Vorräte an Eisen und Stahl anzulegen. Eine neue Eisenkammerinstruktionsord- nung wurde aufgestellt, oberste Instanz war ab nun der Burggraf und Rentmeister der Herrschaft Steyr, der in allen Fällen die Eisenhandlung betreffend zuständig war. Sollte aber diese Einrichtung den Stey- rern „zu schwer und ungelegenlich fallen, sollen sie diese kaiserlicher Majestät jederzeit gehorsamblich haimsagen“. 3 Mit der Übernahme der Kammer durch die Stadt schien auch eine Besserung in der Versorgung der Handwerker eingetreten zu sein. Um die Jahrhundertwende war das vorgeschrieben Maß an Eisen und Stahl, das in die Kammer abgeliefert werden musste, weit überschritten und stieg auf 28 % des insge- samt verhandelten Zeugs . 4 Bis 1625 stand die Kammer unter städtischer Leitung und verkaufte in kleinen Mengen Eisen und Stahl an die Landschmiede. Als in diesem Jahr das gesamte Innerberger Eisenwesen reformiert wurde, gelangte diese Kammer in den Bestand der Hauptgewerkschaft. Von ihr wurde ein Eisenkämmerer ge- halten, der mit besonderer Instruktion und „geschworener Pflicht“ bei jährlicher Besoldung von 300 fl. angestellt wurde. 5 Das Einflussgebiet der Eisenkammer erstreckte sich über das Stadtgebiet und die nähere Umge- bung, den Wohnsitzen der zahlreichen Eisenhandwerker. Sie belieferte die Sensenschmieden des Steyr- und Kremstals , 6 die Sichel- und Nagelschmieden des unteren Ennstals mit ihrem Mittelpunkt in Losenstein . 7 Die bedeutende Messer- und Klingenschmiedezunft von Steinbach an der Steyr bezog ih- ren Rohstoff von der Eisenkammer. In ganz Oberösterreich und einem Großteil von Niederösterreich waren die Eisenhandwerker von der Belieferung durch die Eisenkammer Steyrs abhängig. Wels war im 15. Jh. der Sitz einer bedeutendenMesser- und Drahtindustrie, in Linz übten Nagelschmiede, Feilhauer, Messerer, Hufschmiede und Schlosser ihr Gewerbe aus; Leonfelden hingegen, jener wirtschaftlich hochstehende Ort des Mühlviertels, beherbergte zahlreiche Hammer-, Sensen- Huf- und Hacken- schmiede, Schlosser und andere Eisenhandwerker. Freistadt zog durch seine günstige Lage und Ent- wicklungsmöglichkeit an der Hauptverkehrsstraße nach Norden eine Menge Handwerker an, die sich als Angehörige der dortigen Messerer- und Sensenwerkstatt großen Ruhm erwerben konnten. Nach der Aufnahme der Messererwerkstätte von Freistadt im Jahre 1581 in den Verband der „niederöster- reichischen redlichen Messerwerkstätten“ musste diese ebenfalls von der Steyrer Eisenkammer mit „Frumbwerkzeug“ versorgt werden. 8 Das Ybbs- und Erlauftal in Niederösterreich standen an Ausdeh- nung ihrer Eisenindustrie nicht viel hinter der Steyrs zurück; die Messerer von Waidhofen gerieten in heftigem Streit mit den Steyrern, wurden aber durch die vollständige Hintansetzung der Stadt beim Eisenverlag zurückgedrängt. 9 Ybbsitz mit seinen Hackenschmieden und Opponitz als Sitz einer Sensen-, Sichel- und Strohmessererzeugung hatten großen Bedarf an Eisen und Stahl. Amstetten, Ybbs, das 1 1574 Febr. 6, Bericht des Bürgermeisters an die Räte und verordneten Kommissäre. 238/114/S, HKA. 2 1575 Schreiben Maximilian II. an den Eisenobmann, 238/114/S.; 1577 Befehl Rudolf II. in dieser Angelegenheit, 1577/X/58, OBA. 3 vgl. vorherige Anm. 4 1602 Gesamtverschleiß 40.200 Zentner 91 Pfund Eisen u. Stahl, an den Kämmerer Christoph Khierner 17.529 Zentner 12 Pfund Eisen u. Stahl verkauft: 1602/IV/15/65, St.A. 5 1634 Innerberger Hauswirtschaftsbeschreibung, Verlg.St. 3248/4 d. 6 1603 Ansuchen um Eisen und Stahl, IV/15/86, 88, St.A. 7 1602 Verkauf von 9.336 q 80 pfd an Losensteiner u. Micheldorfer, IV/15/85, St.A. 8 1581 Okt. 19, IX/28, St.A. 9 Bittner 569 ff; Friess 235.

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