Eisenhandel und Messererhandwerk der Stadt Steyr bis zum Ende des 17. Jahrhunderts
-21- die Klingenerzeugung, die hier ihren Hauptsitz hatte. Dagegen fanden die Spezialsorten wie Scharsach- und Schwerterstahl, auch Vorderhacken- und gemeiner Hackenstahl im Lande selbst keinen großen Anwert, sondern wurden ins Ausland verhandelt. Der größte Bedarf im Inland bestand in Weicheisen, in Stangen und Blechen für die Herstellung der täglichen Gebrauchsgegenstände. Diese Sorten wurden aber zugleich von den ausländischen Händlern reißend abgenommen. Die niederösterreichische Re- gierung erließ daher oftmals Befehle an den Bürgermeister, Richter und Rat der Stadt Steyr in erster Linie die eigenen Handwerker, das Land selbst und Wien mit dem nötigen Eisenzeug zu versehen; erst nach Befriedigung des Inlandsbedarfs könnten die Ausländer beliefert werden . 1 Man versuchte also schon im 16. Jh. durch Absperrungsmaßnahmen eine wirtschaftliche Geschlossenheit der österreichi- schen Erbländer zu erzielen. Doch all diese Verordnungen halfen nur wenig dem Eisenmangel ab, der um die Mitte des 16. Jh. in großem Maße herrschte. Der Grund hiefür muss im Rückgang der Weichei- senproduktion und in der allzu großen Anlieferung von „hartem Zeug “ 2 gesucht werden, für den man im Inland nur in geringen Maße Verwendung fand. Aber auch der ausgeführte Stahl musste mit einem bestimmten Satz Weicheisen „vergattet“ werden, ansonsten man hiefür keinen Abnehmer fand. Da die Händler und auch der Staat auf die ertragreichen Exportgeschäfte nicht verzichten konnten, war es daher nicht möglich, alles erzeugte Weicheisen im Lande zu vergeben. Oft wurden Klagen der Hand- werker über Rohstoffmangel laut, die alle Schuld auf die profithungrigen Händler schoben, diese wie- sen derartige Vorwürfe zurück, indem sie erklärten, keinen einzigen Zentner Weicheisen aus dem Lande verkauft zu haben, sondern nur „was wir zur Vergattung und Vertreibung des harten Zeugs“ brauchten; dies sei aus den Linzer Mautbuch ja zu ersehen. Die Ursachen müsste man auf anderen Gebieten suchen, obwohl die Steyrer den Verlag auf das erzeugte Eisen hätten und auch keine anderen Straßen als die nach Steyr erlaubt wären, wurden jährlich 1000 Zentner Weicheisen auf fremden Stra- ßen „entgegen den Stadtfreiheiten von Steyr, der Eisenordnung und zur Minderung des landesfürstli- chen Kammergutes“ verführt. Kaum 2 Hämmer bestünden noch in Innerberg, die nach Steyr lieferten, die anderen gäben all ihr Eisen „über den neuen Weg durch die Mendling und senden uns nicht eine einzige Puerd“, besonders die Schmiede von Waidhofen, Eusig, Scheibbs und Hainfeld wurden mit Weicheisen überschüttet und könnten dies selbst nicht verarbeiten, sondern verhandelten es auf un- erlaubten Straßen. Der auf Kosten der Stadt erhaltene „Überreiter “ 3 könnte nur wenig Eisen einziehen da ein Großteil dieser Wege nicht mehr in dessen Aufsichtsgebiet lag. Alles in allem schätzte man den jährlichen Verlust an Weicheisen auf über 10.000 Zentner. 4 Der Weicheisenmangel im Lande nahm so unangenehme Formen an, dass manche Werkstätten aus Rohstoffmangel feiern mussten und die Leute entlassen wurden. Diesen Verhältnissen konnte die Regierung nicht gleichgültig gegenüber ste- hen, 1561 erließ Kaiser Ferdinand einen Befehl an den Amtmann Fröhlich um Bericht „wegen der vor- zunehmenden Commission, warum die von Steyr die Eisenniederlag in Österreich ob und unter der Enns nicht mit weichem Eisen befördern können“ . 5 Die Regierung sah sich nach eingelangten Berichten der Eisenhandler von Steyr und auf Beschwerde der ganzen Landschaft gezwungen, die Weicheisen- ausfuhr ein Jahr lang gänzlich einzustellen. 6 Außerdem wurde angeordnet „jeden Landschmied, gleich welches Handwerk er auch betreibe mit der Notdurft an Eisen vor den Auslendern zu versehen“. 7 Man erhoffte sich durch diese Verordnungen eine bessere Versorgung der Handwerker. Aber das Ausfuhr- verbot zog nicht nur Vor-, sondern auch Nachteile nach sich, die sich unmittelbar an den Kassen der Händler auswirkten. Da Stahl in gleicher Menge wie früher erzeugt wurde, dieser aber nur mit Weich- eisen verhandelt werden konnte, sammelte sich bei den einzelnen Händlern riesige Summen Rohma- terials an, das sie nicht verkaufen konnten. Bedenkt man außerdem, dass Stahl doppelt so teuer wie Weicheisen war, kann man verstehen, dass die Händler immer wieder drängten, dieses Verbot 1 1560 Bericht der Eisenhändler von Steyr an die Niederösterreichische Regierung, 1560/V/10, OBA; 1561 ebenso: HKA. 238/414/S. 2 „Harter Zeug„ = Stahl. 3 „Überreiter„ = Gendarm. 4 1560/V/10, OBA. 5 1561/V/131, OBA; 1561/V/134, OBA. 6 1561 Verbot der Weicheisenausfuhr, 1565, 238/114/S, HKA. 7 1565, 238/114/S, HKA.
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