Eisenhandel und Messererhandwerk der Stadt Steyr bis zum Ende des 17. Jahrhunderts

-11- 3. Organisation und Abwicklung des Eisenhandels a. Bezugsformen für Eisen und Stahl bis Ende des 17. Jh. Über die älteste Art des Eisenbezuges fehlt uns jede Nachricht. Erst das Privilegium von 1287 gibt uns für diese Zeit einige Aufschlüsse. Es hatten die Radmeister, später die Hammermeister als Erzeuger des „geschlagenen Zeugs“ mit ihren Waren zum Stapelplatz Steyr zu kommen, wo sie diese den Bür- gern drei Tage zum Verkauf anzubieten hatten, was nicht verkauft wurde konnten sie weiterverhan- deln. Da aber der Transport auf dem reißenden Gebirgswasser der Enns sehr gefährlich war, das Risiko also sehr hoch kam, wurde es üblich, dass die Händler Steyrs selbst von den Hämmern das Eisen ab- holten und von der Stadt aus weiter verhandelten. Zu diesem Zweck fanden sich meist alle Monate die Eisenhändler oder ihre Bevollmächtigten in den Hammerwerken ein um das für sie bereitliegende Ei- sen zu „heben“. Dies musste sofort bar bezahlt werden . 1 Der Eisenbezug lag also in privaten Händen, war frei und der Handel jedem Steyrer Bürger gestattet. Im Laufe der Zeit bildeten sich jedoch feste Bezugsformen für Eisen und Stahl zwischen Hammer- meistern und Eisenhändlern, die in „Verlagsverträgen“ 2 festgelegt war und bereits in 14. Jh. nachge- wiesen werden können. Die Gründe für diese Ausbildung sind in den Schwierigkeiten der Betriebsver- hältnisse selbst zu suchen. Die Qualität des Erzes war nicht immer gleich, Erz-, Kohle- und Lebensmit- teltransporte gestalteten sich besonders imWinter sehr schwierig, Überschwemmungen, Lawinen und Feuerkatastrophen legten oft wochenlang ein Werk still, auch politische Verhältnisse wirkten sich oft lähmend auf Erzeugung und Absatz aus. Jene Bürden und Risiken konnte der Gewerke auf die Dauer allein nicht tragen; es war ihm nicht möglich den Betrieb mit eigenen Mitteln aufrecht zu halten. Er brauchte eine hilfreiche Hand, die ihm das nötige Betriebskapital gewährte, diese Hand bot ihm der Verleger, mit dem es zum Abschluss jener Verlagsverträge kam. Dieser Vertrag regelte das gesamte Verlagsverhältnis; Händler wie Erzeuger waren durch gegenseitige Verpflichtung aneinandergebun- den. Es empfing ein Rad- oder Hammermeister von einem Geldherrn, der selbst Hammermeister oder Händler sein konnte, einen bestimmten Barbetrag in guter Landeswährung, jener „gewisse“ Verlag war im Voraus zu bezahlen. Außerdem erhielten die Meister einen monatlichen Zusatz zur Bestreitung der laufenden Auslagen, das sog. „Fürlehen“, das im Gegensatz zum gewissen Verlagskapital verzinst wer- den musste. Dies diente dem Gewerken zum Ankauf von Kohle und Lebensmitteln. 3 Der Hammermeis- ter hatte als Gegenleistung ein bestimmtes Quantum Eisen in „ordentlicher Blähung und Waschung“ zu geben, das die Verleger pünktlich „heben und wägen“ lassen mussten, auch in Zeiten mit schlechter Aussicht auf Absatz. Der Gläubiger konnte sich am beweglichen Gut aber auch an Werksobjekten und am Gesamtvermögen des Schuldners schadlos halten. Die Kündigungsfrist war ein halbes Jahr vor Ab- lauf des Vertrages. Da an die Stadt Steyr das Recht auf solche Verlagsverträge geknüpft war, konnten nur Steyrer Eisenhandler die innerbergischen Hammermeister verlegen, also nur jenen durften die Ge- werke das Eisen gegen Vorschusszahlungen verkaufen. Die Hammermeister selbst verlegten wieder einen Teil der Radmeister. Der Rest von diesen empfing sein Verlagskapital direkt aus den Händen der Steyrer Händler, die selbst oft Hammerwerke betrieben. Der Kaufmann setzte also durch seine Kapi- talinvestition Rad- und Hammerwerke in Bewegung, er sicherte laufenden Absatz durch regelmäßigen Eisenbezug ohne Rücksicht auf augenblickliche Schwierigkeiten am Markt. Dieses System war gedacht als Rückgrat des in der Eisenerzeugung herrschenden Kleinbetriebes, der unter schwierigsten Bedin- gungen ohne Stütze einer Kollektivorganisation arbeiten musste. 4 Jedoch nicht immer bewährte sich dieses System. Ausschlaggebend war in erster Linie die jeweilige wirtschaftliche und finanzielle Lage der Stadt Steyr. In der zweiten Hälfte des 15. Jh., als der Kaiser die 1 1483 Juni18, Friedrich III. befiehlt den Bürgern von Steyr, das bei den Hämmern für sie bereitliegende Eisen wie von alters her alle Monate zu heben und zu bezahlen. Preuenhuber 134. 2 vgl. die zahlreich abgeschlossenen Verlagsverträge zwischen Steyrer Händlern und Hammermeistern, beson- ders im 16. Jh. OBA, St.A. 3 Kaser 99/100; 1518 wurde als Fürlehen jedem Hammer in Innerberg 100 Pfund Pfennig gewährt; Verlagsvertrag zwischen Hammermeistern und Händlern 1518/II/2, OBA. 4 Eine Änderung trat erst 1625 durch die Gründung der Innerberger Hauptgewerkschaft ein, ab dieser Zeit war die Gewerkschaft jene Form, in der die Eisengewinnung vor sich ging.

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