Eisenhandel und Messererhandwerk der Stadt Steyr bis zum Ende des 17. Jahrhunderts

-9- 2. Grundlagen Mit dem Freiheitsbrief Herzogs Albrecht I. vom 21 August 128 7 1 war Steyrs führende Stellung im Ei- senhandel gesetzlich verankert worden, das Fundament für die spätere mächtige Entfaltung war gege- ben. Durch die Verleihung des Stapelrechtes auf alles Eisen, das aus dem Innerberg gewonnen wurde und nach Norden vorführt wurde, 2 wurde die Stadt offiziell als Zentrumdes innerbergischen Eisenwesens anerkannt. Was also bis zu diesem Zeitpunkt „Herkommen“ und Brauch war, wurde nun durch die Schrift festgehalten: dies war der Zweck dieses Freiheitsbriefes. Es sollte also kein neues Recht hier geschaffen werden, sondern schon innegehabte Vorrechte sollten gesichert und geschützt werden. Bestimmend je- doch war die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Ortes, die die tatsächliche Anwendung dieser Rechte bedingte. Das Stapelrecht als solches war seinem Wesen nach ein Mittel zur Ausschöpfung einer fiskali- schen Einnahmsquelle für eine bestimmte Ware, daher geschah seine Verleihung in erster Linie wegen der wirtschaftlichen und finanziellen Vorteile. Den größten und unmittelbaren Gewinn zog die Stadt aus den Erträgnissen des Handels, der bereichert und vergrößert wurde. Sie besaß die Möglichkeit des güns- tigen Einkaufs und erzielte Einfluss auf die Preise. Zu billigem Preis, den zwei ehrsame Ratsbürger fest- setzen mussten, sollte den Steyrer Bürgern das Eisen drei Tage lang zum Verkauf angeboten werden, erst nach dem Ablauf dieser Frist konnte es der Besitzer verkaufen, wohin er wollte. Somit war auch die Basis für die Eisenverarbeitung geschaffen, günstige Bezugsbedingungen des Rohstoffes bilden die Grundlagen für jede Industrie, außerdem erhielt die Stadt Mautfreiheit für alles Eisen, das nach der Stadt geführt und innerhalb von 2 Meilen um die Stadt ge- oder verkauft wurde . 3 Die Handelsbeziehungen der Stadt wur- den durch diesen Freiheitsbrief noch wesentlich gefördert, die Steyrer Bürger erhielten Ermäßigung der Abgaben auf den nach Venedig, Wien und Ungarn führenden Handelswegen auch in das Deutsche Reich hatten die Steyrer nur geringe Mautsätze zu zahlen. 4 Diese Auszeichnung Steyrs vor anderen Städten hatte lokalpolitische Wirkung zur Folge, da mit dem Stapelrecht auch Straßenrecht verbunden war, griff es auch auf andere Städte über, es wurde zum Sonderrecht mit tief einschneidenden Wirkungen für den interlokalen Handelsverkehr. Mit magneti- scher Kraft zog Steyr alles von Innerberg nach Norden geführte Eisen an sich, beherrschte die Handels- beziehungen seiner Nachbarorte, die es mit Hilfe dieses landesfürstlichen Vorrechtes überflügeln konnte. Die Kämpfe Steyrs mit den Orten der näheren Umgebung um das Niederlagsrecht auf Eisen sind nur zu verstehen aus der großen Bedeutung dieses Rohstoffs für unser Land, wäre dessen Wert unerheblich gewesen, so hätte man keine kostspieligen Kämpfe deswegen geführt. Waidhofen an der Ybbs beherbergte eine blühende Eisenindustrie und betrieb weit ausgedehnten Eisenhandel, ja diese Stadt stand Steyr ebenbürtig gegenüber. Mit der Verleihung des Stapelrechts für Eisen an Steyr trat jedoch eine Wendung ein, Waidhofen verlor dadurch seine alten Rechte und wurde vom gesamten Eisenhandel ausgeschaltet. Dass dies jedoch nicht mit einem Schlag geschehen konnte, liegt auf der Hand, ein jahrhundertelanger erbitterter Kampf entbrannte zwischen diesen beiden Ei- senstädten und erst gegen Ende des 16. Jh. konnte Steyr seine gefährliche Nebenbuhlerin tatsächlich als besiegt ansehen. Und warum gelang es nicht Waidhofen, dieses Recht zu erlangen? Territorialpoli- tische Gründe standen in Vordergrund denn Waidhofen unterstand nicht dem österreichischen Lan- desherrn, sondern dem Bischof von Freising. Eine Förderung ihrer Industrie und ihres Handels wurde einen erheblichen Verlust an Mauteinnahmen für den österreichischen Fürsten bedeutet haben. Mit besonderem Nachdruck befahlen diese daher immer wieder, das Eisen nach Steyr, „der gewöhnlichen Mautstatt“ zu bringen. 5 Den Waidhofner Bürgern war also der direkte Bezug aus Innerberg verboten, was sich hemmend auf die Versorgung mit Roheisen auswirkte. Das Eisen gelangte auf Saumtieren nach Reifling, von dort brachte man es auf Fuhrwerken in den landesfürstlichen Kasten in Weyer und flößte es von hier auf der Enns nach Steyr. In der Stadt wurde es ausgeladen und verzollt, dann erst 1 1287 Aug. 21, Stadtrechtsverleihung für Steyr durch Albrecht I., Mittelkasten/1, Nr. 1, St.A.; vgl. Anhang Nr. 1. 2 Punkt 5 dieses Privilegs. 3 Punkt 9 dieses Privilegs. 4 Punkt 6 dieses Privilegs. 5 1360 Aug. 10, Enns, Herzog Rudolf IV. befiehlt dem Burggrafen von Steyr und all seinen Amtleuten, sie sollen darüber wachen, dass man das Eisen keine anderen Straßen als gen Steyr, der gewöhnlichen Mautstatt des Herzogs führe. 1360/1/4, OBA; 1371 Apr. 22, Albrecht III. ebenso UBE 8, 522; 1372 Dez. 22, Albrecht III. ebenso UBE 8, 627.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2