Eisenhandel und Messererhandwerk der Stadt Steyr bis zum Ende des 17. Jahrhunderts

-8- I. Die Stadt Steyr, das Zentrum des innerbergischen Eisenhandels 1. Voraussetzungen Die Stadt Steyr im Lande ob der Enns war, wie keine andere bestimmt, in innerbergischen Eisenwesen eine dominierende Stellung einzunehmen, ja sie galt durch fünf Jahrhunderte hindurch als Herzkammer des genannten Wirtschaftsgebietes. Steyr, die Stadt am Verein der Enns und Steyr, an den Ufern dessen beiden klaren Wasser, an Rande der nördlichen Kalkalpen, hatte durch die günstige geographische Lage die besten Entwicklungsmöglichkeiten in der Hand. Schon im 10. Jahrhundert hören wir von der „Styrapurhc“, die sich am Felsen beim Zusammenfluss der beiden Gebirgsgewässer erhebt. 1 Entscheidend für die Entwicklung des Ortes war aber Steyrs hervorragende Verbindung mit dem Erzberg selbst. Die Ennstalstraße 2 folgte hügel- auf und hügelab in unzähligen Windungen dem Lauf des Flusses und stellt eine wichtige Verbindung mit den Erzberg selbst dar. Durch die Wasserstraße, die Enns selbst, hatten die Steyrer eine zweite hervorra- gende Möglichkeit, zum Erzberg zu gelangen, die Enns stellte zugleich die natürliche und kürzeste Verbin- dung mit der Hauptverkehrsader, der Donau, dar. Aber der Ort hatte auch den Zugang zum Weg über den Pyhrnpass in seiner Hand: durch die Steyrtalstraße, die von Steyr bis Klaus führte. Die Pyhrnstraße, die von den Römern als kürzeste Querverbindung durch die östlichen Alpen zwischen Ovilava und Virunumangelegt wurde, war die einstige Handelsstraße, die im Verkehr mit Venedig erlaubt war. Ihre bindende Macht und Bedeutung blieb den Herrn von Steyr nicht verborgen und diese trachteten daher, möglichst großen Einfluss auf den Handelsverkehr über diesen Pass zu erzielen. Die Erfolge dieser Bestrebungen gipfelten in der Be- stellung Steyrs zum Kontrollorgan der über den Pyhrn verhandelten Waren. Zu jenen günstigen natürlichen Voraussetzungen kamen die Vorzüge in politischer Hinsicht. Hier in Steyr lag die Residenz der Landesfürsten, der Ottokare, die als Herrn der Steiermark an diesem Ort Hof hielten und hier den Mittelpunkt ihres ausgedehnten Besitzes sahen . 3 Macht, Ansehen der Stadt blühte während ihrer Regierungszeit empor, „ja ihnen verdankt sie ihre Entstehung und Größe, “ 4 Steyr war die erste Stadt des Landes die „Dingstatt“, der Ort, wo Recht und Gericht gehalten wurde . 5 Enns, die erste Handelsstadt und auch Münzstätte der Landesherrn, konnte sich Steyr gegenüber nicht durchsetzen und wurde von dieser überflügelt. Die prächtige Hofhaltung der Herren von Steyr band viele Vasallen und Ministerialen an ihren Hof, wo sie die Hofämter bekleideten, mit dem Anwachsen des Adels in diesem Ort ergab sich die Forderung nach größerer gewerblicher Betätigung und es liegt die Annahme nahe, dass bereits in dieser Zeit der Eisenhandel und die Eisenverarbeitung eine wesentliche Rolle spielten. Preuen- huber stellte die volle Abhängigkeit der Stadt von „Eysen-Werck“ fest, „darvon die Stadt ihr ursprünglich aufnehmen und den Bürgern daselbst ihre meiste Nahrung und Vermögen zugewachsen ist.“ 6 Die Eisen- handlung galt in erster Linie als Haupterwerbsquelle. Es konnte sich bereits in jenen Zeiten der Eisenhan- del als führendes Gewerbe in Steyr behaupten, der besonders gefördert wurde durch die Landesfürsten, die daraus nicht die geringsten Einnahmen bezogen. Steyr hatte also die günstigen Bedingungen in han- delspolitischer Hinsicht bereits im 11. und 12. Jh. zu seinem Vorteil ausgenützt; es wurde gewohnheits- mäßig der Brauch, was im 13. Jh. verbrieft und bestätigt wurde. 1 Über den Aufenthalt der Römer in dieser Gegend nur wenige Beweise. Die Münzenfunde aus der Zeit Marc Aurels in der Umgebung der Stadt geben einen Anhaltspunkt für ihre Anwesenheit. Preuenhuber 1; 983-994 Urkunde B. Pilgrims v. Passau zur Regelung der Zehent frage der Passauer Kirche zu Mistelbach, Pritz 81. 2 Weder in der Tabula Peutingeriana noch im Antoninischen ltinerar sind Angaben über diese Verbindungsstrasse zu fin- den, aus handelspolitischen und militärischen Gründen bestehen jedoch Annahmen für ihr Vorhandensein, vgl. Jung, Rö- mer und Germanen in den Donauländern, 94, 160; Vancsa, Geschichte von Ober- und Niederösterreich, 67; Jene beiden Straßen, Enns- und Steyrtal durchziehend, stellen noch heute die wichtigsten Ausfallsstraßen der Stadt dar. 3 1370 Linz, UBE, 8, 495. 4 Bis heute keine klare Grenzziehung ihres Besitzes, Grau 89; doch ungefähr folgender Grenzverlauf: die Ostgrenze deckte sich mit der heutigen Landesgrenze, im Süden folgte sie dem Zuge des Sengsengebirges, in Norden erstreckte sich die Herrschaft bis zum Steyrfluss und im Westen war die Landesgerichtsgrenze von Schlierbach bestimmend. 5 Pritz 90. 6 Pritz 91. Dies wirkte sich noch in späteren Zeiten aus, denn Steyr war vom Landrichter in gerichtlichen Belangen frei und hatte immer seine eigenen Richter: anfangs den Burggrafen und später den Stadtrichter, die letzte Ent- scheidung traf der Landesfürst persönlich.

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