Eisenhandel und Messererhandwerk der Stadt Steyr bis zum Ende des 17. Jahrhunderts
-6- überschüssige Lobensmittel aus diesen Gebieten gegen „Proviantsorten“ nach Innerberg zu liefern. Außer den angeführten Orten traten noch Steyr und Windischgarsten als Lieferanten auf und ein zwangsmäßiger Verkehr zwischen den Berg und jenen Gebieten war daher gegeben. 1 Jedoch reibungslos ging dieser Aus- tausch keineswegs vor sich. In den seltensten Fällen kamen genügend Nahrungsmittel zum Berg und selten zu billigen Preisen. Besonders in Kriegszeiten war die Zufuhr unzulänglich. Bei eingetretenem Getreide- mangel musste auf Grund staatlicher Erlässe in erster Linie das Inner- und Vordernberger Eisengebiet be- liefert werden; 2 Getreideausfuhr wurde strengstens untersag t 3 und die schädliche „Fürkäufelei“ beson- ders von Müllern und Bäckern verboten. Trotz allen ergaben sich Unstimmigkeiten, die die Regierung zu wiederholtem Einschreiten veranlasste und Korrekturen des Widmungssystems mussten vorgenommen worden. Als solche können die „Getreidekästen “ 4 angesehen worden, in denen das Getreide aus der Um- gebung aufgespeichert und im Bedarfsfall an die „Wurzen“ geliefert wurde. Boten sich jedoch günstige Absatzmöglichkeiten für Lebensmittel oder stockte der Bedarf durch die Handwerker dann traten Unre- gelmäßigkeiten ein, die sich sehr zum Nachteil des ganzen Betriebes am Berg auswirkten. Die Proviantwidmung kann ebenso wie die Waldwidmung als Versuch jene Probleme zu lösen angese- hen werden, rastlos hatte sie ihre Aufgabe nicht erfüllt, ja nicht erfüllen können, das System bedeutete Zwang und gestattete kein natürliches Anpassen an die augenblickliche Lage. Möglichst ausreichende Versorgung mit Brennstoff und Lebensmittel musste geschaffen worden, diese bot die Voraussetzung für eine Aufwärtsentwicklung des Eisenwesens. Darüber hinaus drang die staatliche Fürsorge in den Kern der ganzen Urzeugung, der Produktion selbst, ein. Die Forderungen, die an die Erzeugung des rohen Eisens und des „geschlagenen Zeugs“ 5 gestellt wurden, waren unter besondere Kontrolle gestellt. Beide Gattungenmussten in genügender Menge und in guter Qua- lität hergestellt werden. Die Roheisenerzeugung durfte nicht unter ein bestimmtes Maß sinken sonst trat eine Stockung in den Hammerwerken ein und das ganze System wurde ins Wanken geraten. Von der Arbeit in den Radwerken hing letzten Endes die weitere Erzeugung ab, Klagen der Handwerker über schlechtes Eisen mussten auf die Ungüte der Arbeit in den Radwerken zurückgeführt worden. Die Regierung forderte gute und „gerechte“ Arbeit, das Blühen von überschwerem, zu groben und zu dicken Eisen wurde verboten, auch durfte es nicht „wild, rotbrüchig und zerrissen“ sein, denn beim Schroten würde es zerfallen und die Ham- mermeister waren in solch einem Falle gezwungen, es unter großen Kosten und starkem Kohlenaufwand nochmals auszuheizen. 6 Außerdem wurde angeordnet, dass die Blähhausleute das Erz und Kohle „ordentlich und mit rechtemMaß“ auftragen sollen, die Öfen nicht mit „rohem, übel gedörrten Erz“ überschütten, nicht mit Kohle sparen, aber auch übermäßige Hitze vermeiden sollten, „damit die Schwär des Eisens in rechter Güte vnd geplät werden mag.“ 7 Die Regierung ließ den Radwerken wohl die höchste Unterstützung angedei- hen, forderte aber auch von den Gewerken höchste Einsatzbereitschaft und Pflichttreue. Ließ ein Radmeister sein Werk im Stich, was bei großer Schuldenlast häufig vorkam und übernahm ein Unkundiger die Leitung des Betriebes, dann drohte höchste Gefahr, es wurde daher die Verpachtung eines Radwerkes an Bürger und an Ausländer aufs schärfste verboten. Der Radmeister sollte sein Werk „mit eigenem Rücken“ besitzen, d.h. es selbst bearbeiten und versehen. Nicht nur der Tätigkeit des Radmeisters auch der des Hammermeisters stand die staatliche Kontrolle gegenüber. Besonders schädlich für die Qualität war die Herstellung von zu viel Sorten, daher ihre Anzahl von der Regierung aus in den verschiedenen Eisenordnungen festgesetzt wurde. Besonders die geringe Erfahrung der Hammerschmiede und nicht zuletzt der Eigennutz der Hammermeister selbst wirkte sich auf die Produktion sohr nachteilig aus . 8 Menge und Qualität wurden außerdem ständig überwacht durch Zeichenzwang und Eisenbeschau. Seit den 15. JH. war es Pflicht jedes Meisters, seine Erzeugnisse mit einem Zeichen oder Marke zu versehen, 1 Proviantgebiete waren: 4 Meilen im Umkreis von Scheibbs, je 3 v. Waidhofen, Steyr u. Windischgarsten; Pantz, Gewerkschaft 55-60. 2 1571 Hofvorordnung, 1571/IX/2, OBA. 3 1579 Hofvorordnung, 1579/X/44, OBA. 4 Bau von Getreidekästen: 1556 in Weyer, 1672 in Weissenbach, 1709 in Eisenerz; Verlg.St. 3246/5 h; 1611 Juni 11, Anweisung zum Bau des Getreidekastens am Grünmarkt in Steyr v. 1000 fl. III/19, St.A. 5 „Geschlagenes Zeug“ = geschmiedetes Eisen und Stahl. 6 Kaser 22. 7 Kaser 23/24. 8 1562 Schreiben aus Altenmarkt an Innerberger Amtmann, 1562/V/52, OBA.
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