Eisenhandel und Messererhandwerk der Stadt Steyr bis zum Ende des 17. Jahrhunderts
-2- Eisengewinnung Die älteste Form der Eisengewinnung erfolgte in tiefen Gruben, die abwechselnd mit Erz und Holzkohle ge- füllt wurden. Bald verwendete man für die Eisengewinnung kleine „Rennherde oder Windöfen“ die auf luftigen Höhen der Bergkämme errichtet wurden. Die lichteWeite betrug 3 Fuß, die Höhe 5 Fuß, dieWindzufuhr erfolgte durch eine Tondüse in die 2 Bälge bliesen, die durch einen Mann getreten wurden. Eine bestimmte Menge Erz wurde mit Holzkohle niedergeschmolzen und das Feuer dann niedergelassen. Bei niedriger Temperatur bildete sich zu Beginn der Schmelze eine eisenreiche Oxydschlacke, die sich am Boden ansammelte und hier in Form eines Klumpens anwuchs, der nach beendigter Schmelze aus dem Ofen gehoben wurde. Sank der Brennstoff im Ofen, so wurde von oben Kohle und Erz nachgefüllt. Die massenhaft anfallende Schlacke ließ man schon während der Schmelze mehrmals ab. 1 Die Einführung des Wasserradbetriebs hatte für die Entwicklung der al- penländischen Eisenindustrie größte Bedeutung es setzte zwangsläufig eine Veränderung der ganzen Anlagen ein. 2 Die Windzufuhr erfolgte nun durch Blasbälge, die durch Wasserkraft betrieben wurden, daher war die Errichtung dieser „Stucköfen“ in den Tälern möglich. Diese Öfen wurden erhöht und mit einer überwölbten Ziehöffnung versehen, da die Maß nun nicht mehr nach oben Herausgezogen werden konnte. Die Ofenstöcke wurden seit dem 15. Jahrhundert mit 4-eckigen Rauchgemäuer umgeben, aus den rindengedeckten Flugdä- chern, die zunächst die Blasbälge zu schützen hatten, entwickelten sich im 16. Jahrhundert unregelmäßige, später regelmäßige Hüttengebäude, die alles zum Schmelzbetrieb Gehörige enthielten. Es entstanden aus den „Radwerken“ des 14. Jahrhunderts die „Blähhäuser und Stuckhütten“ des 16. und 17. Jahrhunderts. Die Über- bauung der Ofenstöcke machte es nötig, die Stucköfen mit Rauchhauben zu versehen, die die Gichtflamme durch das Hüttendach ableiteten und für die späteren Schmelzhütten besonders charakteristisch wurden. Der Betrieb in diesen Öfen war ähnlich dem der Windöfen und es erfolgte die Eisengewinnung bis in die 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts auf folgende Art: Der Abbau der Erze geschah bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts in Tagbau, das Erz wurde von den Knappen auf kostspielige Art durch Pferde zum Blähhaus gebracht und sortiert. Der Ofen wurde sodannmit Kohle gefüllt, entzündet und geröstetes, auf Nussgröße zerkleinertes Erz und Holzkohle nach- gegeben. Es bildete sich zunächst eine schwere eisenreiche Schlacke, in der sich das Roheisen zu einem Stahl- klumpen entkohlte. Aber auch flüssiges Roheisen „Graglach“ 3 sammelte sich an und man unterbrach hier den Prozess, da seine Fortführung nur Roheisen ergeben hätte, das als minderes Gut angesehen wurde . 4 Man ließ nach 15-stündiger Beschickung die Ofenglut niedergehen, stieß die Ofenbrust ein, so dass Schlacke und Rohei- sen abfließen konnten, und zog die „Maß“ in weißglühendem Zustand heraus. Dies erfolgte lange Zeit mit Brechstangen und Hacken, erst seit der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts trat hier eine Änderung ein. Der Sohn des Radmeisters Martin Silbereysens nahm eine Verbesserung dieser äußerst gefahrvollen Arbeit vor, er vor- wendete hiefür eine Zange und eine Kette, wand letztere um die Welle eines Wasserrades und zog auf diese Weise die Maß aus dem Ofen . 5 Dann wurde die Ofenbrust geschlossen und s begann eine neue Schmelze. Diese Maß, Luppe oder Massa Ferri“ enthielt neben Eisen und Stahl eine große Menge von Schlacke und Holz- kohle und musste daher zur Gewinnung von Handelseisen nochmals ausgeheizt werden. Durch Ziehen mit Schlä- geln wurde sie verdichtet, das am Rande befindliche Weicheisen weggeschlagen und in glühendem Zustand ge- teilt. Diese Arbeitsweise war bei den Massen der Rennöfen möglich, da diese verhältnismäßig klein waren. Im Laufe der Entwicklung war die Höhe der Öfen bis zu 5 m angestiegen, so dass sich das Gewicht der Maß in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts bis 1.000 kg gesteigert hatte, die weitere Verarbeitung konnte daher nicht mehr mit den Handhammer erfolgen, man musste auch hier die Hilfe dos Wassers in Anspruch nehmen. Seit dem Ende des 15. Jahrhunderts verlegte man die Ausheizfeuer, die ursprünglich den Schmelzöfen benachbart lagen, in die waldreichen Täler des mittleren Ennstals. Hier fand man die Voraussetzungen, die der höher entwickelten Technik entsprachen: der Wald lieferte den dringend benötigten Brennstoff, die Holz- kohle und die Seitenbäche der Enns die unentbehrlich gewordene Wasserkraft. Eine Änderung in verwal- tungsmäßiger Hinsicht war die Folge. Die „Radwerke“ und die neu entstandenen „Hammerwerke“ erhielten 1 Schuster „Innerberger Eisenwesen“ Manuskript. 2 Urkundlich der Wasserradbetrieb erst seit der Mitte des 13. Jh. mit Sicherheit nachweisbar, da aber schon um die Mitte dos 12. Jh. erhebliche Eisenerzeugung am Erzberg betrieben wurde und Spuren eines ausgedehnten Windofen- betriebes nicht zu finden sind, scheint dieser Betrieb älter als bisher angenommen wurde. 3 slaw. Ursprung „Dreckstein“. 4 Schuster, Eisenschmelztechnik, S. 134. 5 Pantz, Gewerke, 319
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