Eisenhandel und Messererhandwerk der Stadt Steyr bis zum Ende des 17. Jahrhunderts

-93- Die Bedeutung des Messererhandwerks für die Stadt Jede Blütezeit der Eisenindustrie kann ebenso als Blütezeit des Messererhandwerks und auch der übrigen Gewerbe angesehen werden. Wie jene Zeit einen Aufschwung des gesamten wirtschaftli- chen Lebens der Stadt bewirkte, ihr Antlitz formte und verschönerte, gestaltete auch das Handwerk in entscheidender Weise das Stadtbild die Stadt Steyr erhielt durch den Eisenhandel und das Mes- sererhandwerk ihre charakteristische Note, sie wurde Spiegelbild der Leistungen dieser beiden Ge- werbe. Prunkhäuser mit reichverzierten Fassaden und Säulenhöfen entstanden nicht nur durch den gewinnbringenden Eisenhandel, auch die Messerer und besonders die Messerhändler trugen viel zur Verschönerung des Stadtbildes bei; ja heute noch schönste Bürgershäuser am Stadtplatz waren ehe- mals ihr Eigentum. Der großen Blüteperiode im 16. Jh. verdankt die Stadt den Ausbau des Vorortes Steyrdorf; im neu angelegten „Wieserfeld“ reihte sich Werkstätte an Werkstätte, Häuser mit schmucklosen Fassaden und meist nur mit einem Stockwerk bargen die Wohnungen der Messerer und ihres Gesindes. Jener Stadtteil trug ganz besonders die Züge jener gewerblichen Tätigkeit, er wurde durch das Handwerk geformt. Als größtes und vornehmstes Gewerbe der Stadt erwarben sich die Messerer auch Einfluss im Rat, der seit dem 14. Jh. fast ausnahmslos von den immer mächtiger werdenden Verlegern besetzt war; diese Händler, Erbbürger oder Ritter der Stadt Steyr, altangesessene Geschlechter die durch den Ei- senhandel reich geworden waren, standen im Gegensatz zu der ärmeren Bevölkerungsschichte, den Handwerkern, die keine Ämter in der Stadtverwaltung erwerben konnten; diese blieben nur den be- güterten Bürgern vorbehalten. Die Messerer jedoch wurden der Stadtregierung beigezogen und, wie uns Preuenhuber in seinen Jahrbüchern berichtet, waren zwei, drei oder auch mehr Messerer seit al- ters her im Rat vertreten. 1 Trotz dem nun das Handwerk im Rat seine Abgeordneten hatte, war die soziale Kluft zwischen Ratsbürgern und Handwerkern sehr groß. Der Handwerkeraufstand im Jahre 1506, an dem sich neben Messerern und Klingenschmieden auch die übrigen Handwerker beteiligten, verlief erfolglos; nach wie vor hatten die Eisenhändler die gewichtige Stimme in der Stadtvertretung inne . 2 Die Messerer behielten jedoch ihre Sitze im Rat bei; trotz allem blieb der Gesellschaftliche Un- terschied zwischen Handwerkern und Ratsbürgern weiter bestehen. Auch auf anderen Gebieten zeigte das Messererhandwerk seinen Einfluss und seine Macht. Seine Bruderschaft und Zeche mit ihren kirchlich religiösen Zielen beteiligte sich mit ihren zahlreichen Mit- gliedern an den Fronleichnamsumzügen, die Stiftungen des Handwerks waren reich begabt und die konfessionelle Zugehörigkeit zur katholischen Kirche dadurch gefestigt. Bei Huldigungsfesten und kaiserlichen Empfängen sandten die Messerer ihre Abgeordneten, bei jeder größeren Feierlichkeit waren auch sie vertreten. Bei jenen Gelegenheiten durften die Messerer auch den Schwertertanz vorgeführt haben, der nach Berichten des Heimatforschers Rolleder im Jahre 1830 zum letzten Mal aufgeführt wurde. 3 Am besten wird der Umfang und die Ausdehnung des Handwerks durch folgende Tatsache beleuchtet: Ende des 15. Jh. stand die Verteidigung der Stadt gegen die Türken in Frage, da die meisten Messerermeister und ihre Gesellen bereits ins Feld gezogen waren . 4 Auch sollten in die- ser Zeit die Kosten für die neue Befestigungsanlage der Stadt neben den regulären Abgaben jedes Bürgers durch die Mauteinnahmen, die für jedes 1000 Messer das vorhandelt wurde eingehoben wurden, gedeckt werden. 5 Es war also nicht zu viel gesagt, wenn die Messerer ihr Handwerk das „überaus nuezliche gewerbs clainot der Stadt“ nannten; stets hielten sie an ihrem Wahlspruch: „Lehre mit Lust, was du gelernt hast“ fest, die Erzeugnisse aus ihren Werkstätten waren in fernen Ländern bestens eingeführt und trugen den Ruhm dieses Handwerks weit über die Grenzen des Landes. Neben dem Innerberger Stahl 1 Preuenhuber 10. 2 1506-11, Aufstand der Handwerker gegen den Rat, Preuenhuber 174-201. 3 Rolleder 461. 4 Aufforderung Kaiser Friedrich III. an die Stadt, sich zu verteidigen. 1490. Donnerstag vor Bartholomä Bericht des Rates an den Kaiser; die Stadt könne sich ohne Hilfe nicht verteidigen, da die Messerermeister mit ihren Gesellen alle ins Feld gezogen waren. Akten des Militär- und Kriegswesens, St.A. 5 1478 Mai 26, Graz, Kaiser Friedrich III. an die Stadt; Mautgebühr für 1.000 Messer = 4 Pfg. Mittelkasten/2/64, St.A.

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