Eisenhandel und Messererhandwerk der Stadt Steyr bis zum Ende des 17. Jahrhunderts

-92- ihr Ziel nicht, sondern erlitten dasselbe Schicksal wie ihr Neffe. 1 Wolf Gutprodt, ein Enkel des reichen Messerhändlers Lorenz, fand in Venedig seine zweite Heimat, wo er die Messerhandlung betrieb und 1629 starb . 2 Adam Händl, der Sohn des Bürgermeisters und reichen Eisenhändlers Hieronymus Händl betrieb ebenfalls im Süden die einträgliche Handlung mit Steyrer Erzeugnissen. 3 Mit dem Beginn des 17. Jh. lockerten sich auch die engen Verbindungen; der Umschwung durch Vasco da Gamas Weltum- seglung im gesamten Handelsverkehr bewirkte keine sofortige Unterbindung der Beziehungen zwi- schen den Süddeutschen Gebieten und Venedig, sondern bis zum 17. Jh. bestand reger Verkehr mit Venedig. Nun aber war der einst blühende und ertragreiche Handel mit Venedig vorüber und Italien als Absatzgebiet für immer verloren. 4 Der Messerabsatz nach Westen in das Deutsche Reich war im Verhältnis zu dem nach Südosten, Nordosten und Süden wesentlich geringer. Es erlangte nur die Verbindung mit Nürnberg größere Be- deutung. Hier bezogen die Steyrer ihre Rohstoffe wie Buchsbaumholz, Messing u. a. und lieferten die- sen Kaufleuten dafür Fertigwaren. 5 Der Nürnberger Handelsmann Cunz (Konrad) Horn „der grosse Kauffmannschafft und Gewerb mit Steyrischen Messern und andern Eisen-Waaren geführet“, hatte sich deshalb oft im Steyr aufgehalten und sogar in Steyr ein Haus erworben . 6 Der Rat von Nürnberg war aber von der Einfuhr Steyrer Messerwaren nicht sonderlich erfreut, da Nürnberg selbst eine blü- hende Eisenindustrie beherbergte Es ergaben sich Konflikte zwischen diesen beiden Städten wegen der Messerzeichen und des Handels . 7 Aber auch im Österreich sah man nur ungern die Einfuhr der „Nürnberger Messer“ besonders die Leute am Linzer Markt betrieben diesen Handel sehr gerne und wiederholte Einfuhrverboten blieben erfolglos. Diese Einfuhr von Nürnberger Messern nach Österreich ist uns aber erst aus der Mitte des 17. Jh. bekannt . 8 Jener Überblick über die Messerhandlung der Stadt hat gezeigt, dass das Handwerk von Steyr nicht so sehr für die Versorgung des inländischenMarktes arbeitete, sondern dem Export im Großen betrieb; Steyrer Messer waren im Osten, Westen, Norden und Süden bestens bekannt und viel begehrt. Eine Stockung dieses Handels zog die verderblichsten Folgen nach sich, die Messerwerkstätte Steyr und mit ihr die Klingenschmiede von Kleinraming und Dambach und die Schleifer verloren Arbeit und Brot. Produktion und Handel waren eng verkettet und nur, wenn sich beide Faktoren die Waage hielten, konnte die Stellung des Handwerks als gesund angesehen werden. 1 ddo. 274. 2 ddo. 233. 3 ddo. 268. 4 Den letzten Stoß erhielt der venezianische Handel, als Holländer, Franzosen und Engländer im Mittelmeer er- schienen und die Italiener zusehen mussten, wie jene Faktoreien in Kleinasien, Konstantinopel und Ägypten er- richteten; dies erfolgte aber erst zu Beginn des 17. Jh. Fajkmajer 530. 5 vgl. S. 57. 6 1489 ließ Horn „das große gemauerte Creutz in aussern Aichet, an der Strassen stehend“ erbauen (diese Mar- mortafel besteht heute noch), sein Haus lag im „Voglsang“ an der Steyr; dies vermachte er seinem ehemaligen Diener Leonhard Köberer; Preuenhuber 147; vgl. S. 32, Anm. 1; 7 1466 Nov. 13, der Rat von Nürnberg bittet Kaiser Friedrich deswegen um eine Unterredung, Bittner 584/7. 8 1677 Gesuch an den Kaiser, dass die „Nürnberger Messer“, die von fremden Eisenzeug erzeugt werden, nicht mehr in das Innerberger Gezirk nach Wien, wie bisher in großer Zahl eingeführt werden; diese wurden dann in Ungarn und der Türkei verhandelt und dieser Absatzmarkt gehe für Steyr verloren; 1677 Wirtschaftsverbesse- rung der Innerberger Hauptgewerkschaft, Verlg.St. 3247,4/d.; 1681 Febr. 4, Wirtschaftsverbesserung der Inner- berger Hauptgewerkschaft, Kap. 17: Forderung der Einstellung der Einfuhr der „Nürnberger Messer“, Verlg.St. 3243, 6/a; für dieses Kapitel vgl. Übersichtskarte über die Absatzgebiete für Messer im Anhang.

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