Eisenhandel und Messererhandwerk der Stadt Steyr bis zum Ende des 17. Jahrhunderts

-91- Europa und der Levante. Der Zeitpunkt, da dieser Handel begonnen hatte, ist uns nicht bekannt, er dürfte jedoch nach der Erwerbung der Steiermark 1192 seinen Hauptaufschwung genommen ha- ben . 1 Umfangreiche Handelsgeschäfte hatte Steyr jedenfalls 1287 betrieben, wie aus den niederen Mautgebühren auf den nach Venedig führenden Handelswegen zu ersehen ist . 2 Handel mit Venedig zu treiben, galt als besonderes Vorrecht der landesfürstlichen Städte, daher zahlreiche Privilegien zu deren Schutz erlassen wurden. Ihren Bürgern war es nur gestattet, die Straße über den Pyhrnpass nach Rottenmann, über den Tauernpass nach Zeiring, St. Veit in Kärnten, Villach, durch Görz Friaul über Aquileia nach Venedig zu benützen . 3 Die Vorteile jener Städte mit dem Handelszentrum des Südens Geschäfte tätigen zu können waren bedeutend. Sie bekamen die in Stadt und Land so be- gehrten „Venedigischen Waren“ in ihre Hände und konnten durch deren Verkauf reichen Gewinn erzielen. Auch Steyr nützte diese Vorzugsstellung bestens aus. Der Hauptexportartikel der Stadt wa- ren Messerwaren aller Art und anderes „kleines Eysengeschmeide“, wofür Gewürze, feine Tücher, Südfrüchte, Weine, Öle, Edelsteine und Rauchwaren im Tauschwege erwerben wurden. Der Handel dahin wurde entweder von den Eisenverlagshäusern selbst geführt oder von Bürgern, die nur den Verkauf der Eisenwaren nach Venedig und den Vertrieb der venezianischen Waren führten, den „Ve- nedigischen Händlern“. 4 Diese monopolisierten den gesamten Handelsverkehr mit der Lagunenstadt und spielten daher im Wirtschaftsleben der Stadt eine wichtige Rolle; sie zogen reich beladen mit Handwerkswaren der Stadt nach dem fernen Süden und erzielten durch deren Verhandlung reiche Gewinne, die der Stadt selbst zu Gute kamen. Um bei den oft gefahrvollen Reisen sich besser gegen auftauchende Gefahren verteidigen zu kön- nen, schlossen sich die Händler zu Kaufmannsgilden zusammen; sie bildeten eine Vereinigung auf per- sönlicher Grundlage, betrieben jedoch den Handel auf eigene Rechnung und Gefahr. Auch am Bestim- mungsort Venedig blieben diese beisammen. Ihre „Faktoreien“ 5 lagen in bestimmten Straßen, ja um- fassten oft ein ganzes Stadtviertel, das zum Schutze vor Überfällen durch die Bevölkerung von Mauern umgeben war. Die nach Venedig reisenden Oberdeutschen Kaufleute, also auch die Steyrer, nahmen im „Fondaco dei Tedesci“ am Kanal Grande Aufenthalt . 6 Unter den Kaufleuten des „Fondaco“ bildete sich im 16. Jh. eine Klasse Privilegierter, die allein Anrecht auf Benützung der Kammern, auf die Teil- nahme an der gemeinsamen Mittagtafel, der „Schwabentafel“ hatten und an den Kapitelsitzungen teil- nehmen durften. Zu diesen Privilegierten, auch „ächten Deutschen“ genannt, gehörte neben Augs- burg, Nürnberg, Ulm, Straßburg, Frankfurt, Regensburg, Salzburg und Wien auch Steyr, als einzige Stadt im Lande ob der Enns. 7 Eine Untersuchung der Handelsverbindungen zwischen Steyr und Venedig gibt Einblick in die regen geschäftlichen Beziehungen dieser beiden Städte. Hieronymus Zuvernumb, „der Reiche“ war der Be- gründer eines großen Handelshauses in der Lagunenstadt, das nach seinem Tode dessen Sohn Hiero- nymus weiterführte . 8 Achatz Fentzl legte den Grundstein zu einer Faktorei die durch 3 Generationen dieses Geschlechtes Betrieben wurde. 9 Hanns Pfeffer, ein Spross dieser angesehenen Bürgersfamilie zog 1544 nach Venedig und starb auf dieser Reise in Tarenz. Mit ihm zugleich traten seine 4 Onkel Georg, Hans, Thomas Pfefferl und Thomas Hartung die Reise nach Venedig an; aber auch sie erreichten 1 Mayer 9. 2 1287 Aug. 23, Albrecht I., vgl. S. 17, Anhang Nr. 1. 3 1351 Juni 30, Steyr, Albrecht II. befiehlt, die Bürger von Steyr in der Benützung der Straße über Zeiring zu schüt- zen; 1361 Dez. 6, Rudolf IV. desgleichen für alle oberösterreichischen Städte. Bittner 593, Anm. 3.; 1370 Nov. 30, Linz, Albrecht III. desgleichen, UBE. 8, 495; 1372 Dez. 23, ebenso, UBE. 8, 628; vgl. S. 10, Anm. 2. 4 Preuenhuber 11. 5 „Faktorei“ war eine Einrichtung eines ständigen Warenlagers an fremden Orten; diese kamen nur für Betriebe des Großhandels in Betracht; Bechtel 153: vgl. Simonsfeld Henry: „Der Fondaco dei Tedesci in Venedig und die deutsch venetianischen Handelsbeziehungen“, 2 Bd. Cotta 1887. 6 Schon 1228 gab es ein für die Deutschen bestimmtes staatliches Fondaco „fonticum comunis Venetiarum ubi Teutonici hospitantur“; Schaube 447. 7 Fajkmajer 534. 8 Preuenhuber 275. 9 ddo. 292.

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