Eisenhandel und Messererhandwerk der Stadt Steyr bis zum Ende des 17. Jahrhunderts
-90- 3. Die Absatzgebiete Seit ältesten Zeiten fanden Handelsbeziehungen zwischen Steyrern und Wiener Bürgern statt; diese standen mit der Stadt im Lande ob der Enns in regem Verkehr . 1 Die Handelswege dahin waren reich übersät mit Mautstellen, an denen die verhandelten Waren verzollt werden mussten. Steyr hatte seit dem Privilegium Albrechts I. vom Jahre 1287 auf diesen Wegen Mautermäßigung, in erster Linie für den Transport auf der Donau, der Hauptverkehrsader und bedeutendsten Wasserstraße unseres Landes . 2 Die ersten Mautsätze für Messer stammen aus dem 14. Jh. Diese waren sehr tief angesetzt, daher wir annehmen können, dass der Handel damit ein beträchtliches Ausmaß erreicht haben musste; die hohen Gebühren, die allgemein bei geschliffenen Waren gefordert wurden, setzte man aus vorher erwähnten Gründen herab . 3 Trotz dieser niederen Zölle versuchten Steyrer Messer- händler die Mautstätten zu umgehen und Waren „unter dem Mantel“ nach Wien zu bringen. Der Wiener Rat musste 1368 zum Schutze der eigenen Messerer eine Ordnung für den Messerhandel erlassen, nach der es verboten war, Messer in die Stadt zu schmuggeln . 4 Diese Messermengen, die in Wien sich ansammelten, dienten aber nicht zur Versorgung der Stadt, sondern wurden von hier weiterverhandelt. Die Gebiete des Ostens und Südostens galten als Hauptabnehmer für Steyrer Er- zeugnisse. Die Verhandlung von Messern, „so man die Ungarische Gattung nenne und über Men- schen Gedencken von den Ungarischen Kauffleuten um Pfeffer, mit den Rätzen Wahr um Wahre“ erfolgte, 5 hatte für die mittelalterliche Wirtschaft größte Bedeutung. Pfeffer stand sehr hoch im Kurs, man verwendete dieses Gewürz sogar zur Zahlung von Grund und Boden; ja im damaligen Han- delsverkehr genoss Pfeffer dieselbe Wertschätzung wie Baumwolle und Tee im englischen Handel des 19. Jh. 6 Ein Rückgang jenes Exportes bewirkte die schädlichsten Folgen. Im Jahre 1507, als eine kaiserliche Kommission in Steyr tagte und über den Rückgang des Messergewerbes Bericht forderte, gaben die Händler als Hauptgrund die Absatzstockungen nach dem Südosten an, die durch die Auf- findung des Seeweges nach Indien verursacht wurden; die Pfefferhandlung mit der Walachei und Siebenbürgen trat daher in den Hintergrund und ein Umschwung im gesamten Handelsverkehr be- gann sich anzubahnen. 7 Welch bedeutendes Ausmaß immerhin der Messerhandel erreicht haben musste, der über Ungarn hinaus in die Länder des Südostens, sowie in die Türkei und nach Kleinasien ging, zeigt jene eben erwähnte Folge der Entdeckung. Das siegreiche Vordringen der Osmanen im 15. Jh. hinderte außerdem den ruhigen Handelsverkehr, so dass die gefahrvollen Landreisen nach dem Orient durch Seereisen abgelöst wurden; die so sehr begehrten Spezerei und Luxuswaren ge- langten nun auf diese Weise nach Mitteleuropa, die Messer hatten ihren Wert als Tauschobjekte verloren. Eine Verlagerung des Messerabsatzes war daher die Folge. Ungarn blieb wohl weiterhin ein Hauptabnehmer für Steyrer Erzeugnisse, doch diese eroberten sich außerdem ein weiteres Ab- satzgebiet, den Norden und Nordosten. Polen und Russland, jene Gebiete, die keine Messerindustrie beherbergten galten in den folgenden Jahrhunderten als Hauptexportgebiete für Steyrer Messer . 8 Weiterhin blieb Wien der Sammelpunkt, von wo über Pest und Brünn die Waren weiterverhandelt wurden. Ebenfalls in Verbindung mit dem Orienthandel erfolgte der Absatz von Messern nach Vene- dig. Seit den Zeiten der Kreuzzüge galt diese Stadt als das Zentrum des Handelsverkehrs zwischen 1 1421 Sept. 6, Testament des Ruprecht Dorn, Händler aus Wien: „item was man im ze Steir schuldig ist: von erst der Hesl messerer einen zentner wachs fur 9 60 und 25 wachs, davon hat er bezahlt 6 30 und ist im besunder 200 messer mit seinem Zeichen.“ Bittner 592, Anm.1; vgl. S 86, Anm. 4. 2 1287 Aug. 23, Albrecht I. vgl. S. 9; Anhang Nr. 1. 3 1386, Nov. 30, Mauttatrif, Oberleitner 88-97. 4 1368 Ordnung für den Messerhandel, ebenso 1428 März 16, 1481 August 17, 1513 Mai 6; Bittner 591/5 5 Preuenhuber 178. 6 Kulischer I. 253. 7 „... dass nunmehr solche Pfeffer Handlung aus der Wallachey und Siebenbürgen hier sowohl als zu Venedig ganz erlegen“ sei die Auffindung „der Strassen von Calecut mit dem Pfeffer ...“, Preuenhuber 178; als zweiter Grund war die schlechtere Erzeugung der Steyrer Werkstätte angeführt, daher auch an anderen Orten wie Waidhofen und St. Pölten das Handwerk sehr zugenommen hatte. 8 1580 März 14, erklärten die Messerer dem Rat der Stadt: „wenn wir den Verschleiss nach Ungarn und Polen nicht haben müssen wir erligen.“ IV/10/374, St.A.
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