Gernot Fieber - Die Verwaltung und Gerichtsbarkeit der Stadt Steyr von 1100 bis heute

12 3.4) Der Bettelrichter Im Alltagsleben der Stadt waren Bettler, die von einem Haus zum anderen zogen, oder vor den Kirchentüren saßen und um Almosen ba- ten, ein gewohntes Bild. Um die große Zahl der Pilger und der armen Leute kümmerte sich seit 141 2 17 in Steyr die Elendzeche. Die Überwachung der Bettler wurde durch den, vom Rat bestellten Bettelrichter durchgeführt. Die Personen, die zum Betteln befugt wa- ren, trugen ein Zeichen aus Blech (Bettelzeichen, Bettelschild). 18 „Im Jahre 1589 bestimmte der Rat, dass Leute mit dem „gelben Zeichen“ Almosen sammeln dürfen, jene aber, welche „die weißen haben“, ab- zuschaffen sind.“ 19 Aber dieses Zeichen allein genügte nicht. Die Bett- ler mussten sichmit einemAlmosenbrief, der von der Stadtkanzlei aus- gefertigt wurde, legitimieren können. Seit 1680 wurde durch mehrere landeshauptmannschaftliche Pa- tente versucht, die Bettelei einzudämmen, jedoch erst 1725 erschien für das Land ob der Enns eine kaiserliche „Betl Ordnung“, 20 ab 1727 bestanden eigene Kommissionen, die sich um die Armen und Verwahr- losten zu kümmern hatten. Müßige Bettler mussten nach einem Dek- ret von 1730 in die Linzer Wollspinnerei eingewiesen werden. Eine Besserung dieses Problems brachte erst das, im Zug der Jo- sephinischen Reformen begründete Armen Institut, das 1784 in Steyr eingeführt wurde. 3.5) Ratssitzungen So viel war vom Rat der Stadt die Rede, aber wie und wann fanden die Sitzungen des Rates statt? Die Sitzungen, die am Mittwoch und Freitag abgehalten wur- den, dauerten im Sommer von 7 bzw. 8 Uhr, im Winter von 8 bzw. 8.30 Uhr bis 11 Uhr. Obwohl die Ratssitzungen vorher angesagt wurden, waren sie. nicht immer vollzählig besucht. Daher wurde 1680 beschlossen, im

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