Zwei Jahre Dollfuß - Zum 20. Mai 1934
ländischen Deutschtums auf dem Spiele stand, machte eine durchgreifende Reform der Verfassung zur gebiete– rischen Notwendigkeit; ein Parlament, das sich nicht nur als unfähig erwies, die Interessen der einzelnen Bevölke– rungsschichten mit dem Gesamtinteresse in Einklang zu bringen, sondern im Gegenteile alles tat, um die Bevölke– rung zu zerklüften und dadurch ihre politische und wirt– schaftliche Leistungsfähigkeit immer mehr herabzu– drücken, hatte keine Existenzberechtigung mehr. Wirt– schaftliche und politische Neugestaltung wurden deshalb für Bundeskanzler Dr. Dollfufl Erfordernisse, die durch einander bedingt waren, und er zögerte auch nicht, sofort das Werk in Angriff zu nehmen, da der Gesundungs– prozefl in Österreich von schweren politischen Einbrüchen und Gefahren bedroht war. Die parlamentarischen Hemmungen, die bis zum März des Jahres 1933 eine planmäfüge Wiederaufbauarbeit nicht zugelassen hatten, waren durch die Selbstausschaltung des Parlaments zwar in Wegfall gekommen, allein von natio– nalsozialistischer Seite wurde versucht, sich durch eine zügellose Propaganda und schliefllich auch durch Akte blutigen Terrors der staatlichen Machtmittel zu bemäch– tigen und Österreich unter das Diktat von Berlin zu zwingen. Die Regierung sah sich dem gegenüber um so mehr zu entschiedener Abwehr gezwungen, als diese Ver– suche offen von reichsdeutscher Seite unterstützt wurden. Wenn die Regierung dabei scharf zugriff und die Autori– tät der obersten Staatsgewalt voll zur Geltung brachte, so rechtfertigte das keineswegs den gegen sie erhobenen Vor– wurf, daß sie absolutistische Pläne verfolge und eine Diktatur aufrichten wolle, ein Vorwurf, zu dem man auf nationalsozialistischer Seite am allerwenigsten berechtigt war. - Die Regierung hatte pflichtgemäß allen Störungen der öffentlichen Ordnung wirksam zu begegnen, absolu– tistische Neigungen lagen ihr dabei vollständig fern. Wenn sie alles daransetzte, um die parteipolitischen Sonder- 7
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