Politische Wochenschau, Nr. 1 bis Nr. 9, Steyr 1848

Nro Politische Wochenschau der zwanglosen Blätter. Steyr den 21. Oktober 1848. Deutschland. Frankfurt. In der Sitzung am 13. Oktober wurde auf schleunige Aufhebung der Spielbanken und Lotterien angetragen. Der Abgeordnete Schulz interpellirt über Schutz der deutschen Interessen in der Moldau und Walachei — gegen rußische Uebergriffe. Hofrath v. Welcker und Obrist Mosle sind am 13. Abends als Reichscommissäre nach Oesterreich abgegangen, und am 16. Vormittags in München eingetroffen. Ihre Aufgabe, die österreichischen Wirren zu lösen, an und für sich eine äußerst schwierige, wird noch durch den Umstand erschwert, daß in Frankfurt selbst noch keine klare Ansicht über den wahren Stand der Dinge in Oesterreich, und sonach auch keine entschiedene Politik des Reichsministeriums in dieser wichtigen Frage sich gebildet zu haben scheint. Hier in München, wo so viele nähere Beziehungen ein Verständniß der österreichischen Verhälnisse erleichtern, und wo eine ungleich größere Leidenschaftslosigkeit in politischen Partheifragen als in Frankfurt ein unbefangeneres Urtheil möglich macht, werden sicherlich die beiden Herren manche schätzbare Aufklärung für ihre wichtige Sendung erhalten.*) Wie ich höre, haben sie sich bereits mit dem Minister des Aeußern, Grafen Bray, und mit andern Staatsmännern ins Einvernehmen gesetzt. Sind bereits in Wien eingetroffen. Der Minister des Innern, v. Dittmar, wird heute Abend von einer Reise nach Regensburg, für die er einen fünf¬ tägigen Urlaub genommen, hieher zurückkehren. (Dadurch widerlegt sich wohl das gestern erwähnte Gerücht von sei¬ nem Austritt aus dem Ministerium.) Schleswig=Holstein. In Rendsburg beschloß eine Versammlung der Demokraten der Herzogthümer unter I. Olshausens Vor¬ sitz die bekannten verhaßten Waffenstillstands=Bedingungen nicht zur Ausführung zu bringen, sondern nöthigenfalls die Steuern=Zahlung zu verweigern. Frankreich. Die Provinzen haben ein Mißtrauensvotum abgege¬ ben. Protestationen sind in großer Zahl eingelaufen und in vielen Departements kümmern sich die Generalräthe nicht das Mindeste, und werden nach wie vor ihre Beschwerden und Wünschen formuliren. Neue Sorgen für Cavaignac. *) Aber Obrist Mosle ist ja ein österreichischer Soldat. Wüßte man in Deutschland den günstigen Augenblik zu fassen, würde man jetzt allermeist auf einer billigen und raschen Erledigung der italienischen Angelegenheiten be¬ stehen. Die überraschende Schnelligkeit, womit die Cen¬ tralregierung zu Frankfurt am Oberrhein ein ganzes Armee¬ Corps, das unverweilt ins Feld rüken könnte, zusammen¬ gezogen, gibt den Verhältnissen eine solche Wendung, daß die Nachgiebigkeit gegen Dänemark als ein entschie¬ dener Sieg angesehen werden muß. Provocirt Dänemark abermals auf eine Entscheidung durch die Waffen, so mag es sehen, wie es alsdann zurechtkommen wird. Der französische General Cubieres soll das Com¬ mando der piemontesischen Truppen übernehmen. Louis Napoleon gewinnt sehr an Popularität. Er fährt im offenen Wagen fleißig durch die Straßen von Paris und grüßt mit außerordentlicher Freundlichkeit links und rechts zum Wagen hinaus. Großbritanien. London 12. Oktober. Ein Portsmouther Blatt sagt: Man habe starken Grund zu vermuthen, daß England im Bunde Frankreich entschlossen sei den König von Neapel an der Wiedereroberung Siciliens zu verhindern; da man aber wisse daß Rußland dieser Intervention entgegen sei, so werde, unter dem Vorwande die Linienschiffe Hibernia, Superb und Rodney abzulösen, die brittische Mittelmeer¬ flotte unter Sir William Parker alsbald durch die Cale¬ donia, den Prince Regent und den Bellerophon verstärkt werden. Ueberdieß solle der St. Vincent von 120 Ka¬ nonen, der Sir Charles Napiers Flagge führt, nach Lissa¬ bon steuern, und werde dort, als auf halbem Wege nach dem Mittelmeer befindlich, gleichfalls zu jener Flotte ge¬ rechnet werden können. Das Chronicle hat die Notiz abgedrukt ohne eine Bemerkung beizufügen. Times ent¬ hält einen leitenden Artikel voll scharfen Tadels über Pal¬ merstons bisherige Politik gegen Neapel und Sicilien. Daily News läßt sich aus Neapel schreiben, man beab¬ sichtige den zweiten Sohn des Königs als König von Sicilien mit einer freisinnigen Verfassung einzusetzen, und man habe Hoffnung, daß dieser Plan von den Kammern in Palermo werde angenommen und damit der Streit aus¬ geglichen werden. Gallizien. Es gibt hier neue polnische Agitationen in Folge der ungarisch=österreichischen Wirren. Seit der Ankunft der ehemaligen polnischen Generale Dwernizki und Bem (jetzt in Wien) hat die Lemberger Polenparthei einen Zuwachs

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