Politische Wochenschau, Nr. 1 bis Nr. 9, Steyr 1848

Erklärung ist dem Kabinette von London, dem rußischen und schwedischen Kabinette vorgelegt worden. Wir wollen sehen, was jedes dieser Kabinette dazu sagt. Italien. Die friedliche Beilegung der italienischen Angelegen¬ heiten wird sehr zweifelhaft. Man glaubt von keiner Seite in seinen Forderungen irgend etwas nachlassen zu können, und man steht heute strenge in derselben Entfernung be¬ züglich der Grundlage einer Vermittlung, als am Tage nach ihrer Annahme. Ueberdieß scheinen die Ereignisse im Piemontesischen selber eine Richtung zu nehmen, welche Karl Albert leicht zum Kriege zwingen könnten. Die ganze „ein einiges Italien“ predigende Partei sammelt sich in Turin und wird vermuthlich dem ohnehin schwachen Ministerium die Hände binden, wenn nicht gar es stürzen. Ob Karl Albert sich an Wechselfällen des Krieges oder lieber denen einer Revolution sich unterwerfen wird, ist die Frage. Wendet er sich zum Krieg und überschreitet dann Radetzky den Tessin, — so ist ein allgemeiner Krieg nicht mehr aufzuhalten. Oesterreichisches Italien. Am 2. Oktober fand eine theilweise Allarmirung Mailands statt, in der Gegend der Porta Ticinese, einer der verrufendsten der Stadt. Gegen Abend wurde die Verhaftung eines vormaligen öster¬ reichischen Beamten vorgenommen. Der damit beauftragte Offizier nahm nur vier Mann mit. Das Volk, als es diese schwache Bedekung sah, schikte sich sogleich an, den Gefangenen zu befreien. Man fing an mit Steinen zu wer¬ fen, auf die Soldaten einzudringen, und in dieser Unord¬ nung gelang es dem Arrestanten wirklich in ein Haus zu entkommen. Herbeigeeiltes Militär versprengte die tumul¬ tuarische Masse, und suchte in den Häusern nach dem Ent¬ sprungenen. Mehre Leute wurden abgeführt; ob einer davon der rechte ist, wird sich zeigen. Frankreich. Der Moniteur erklärt, daß der Ort für den italieni¬ schen Congreß noch nicht festgesetzt, in keinem Fall Inns¬ bruck sei. Der König von Neapel, aufgefordert in den sicilischen Angelegenheiten die englisch=, französische Ver¬ mittlung anzunehmen, hat geantwortet: die Vermittlung irgend einer Macht zwischen seiner Krone und seinen Unterthanen könne er nicht annehmen, jedoch wolle er die Feindseligkeiten so lange einstellen bis der englische und französische Admiral in den sicilischen Gewässern neue Be¬ fehle ihrer Regierungen erhalten hätten. Spanien. In Malaga hat man Verhaftungen vorgenommen, und die Verhafteten alsbald nach Ceuta deportirt. Man kennt den Anlaß dieser strengen Maßregel nicht. Alle Be¬ richte aus den Nordprovinzen lassen aber daselbst eine größere carlistisch=republikanische Erhebung voraussehen. Aus Barcellona wird gemeldet, daß Cabrera an der Spitze von 1000 Mann in der volkreichen Stadt Castellon der Ampunas eingerükt und nach Zerstörung der dortigen neuen Festungswerke wieder abgerükt war. An mehreren Punk¬ ten Cataloniens hatten weitere Gefechte mit Factionen stattgefunden; namentlich eines bei Labajol zwischen Ca¬ brera und zwei Abtheilungen königlicher Truppen, in dessen Folge der Carlistenchef sich nach Frankreich geflüchtet haben soll. Die Provinzen Ciudad Real und Toledo sind in Belagerungszustand erklärt. F. W. A. Wien. Wien am 12. Oktober. Sie haben Wien zum Letztenmale im Brautschmuk der Freude gesehen! sehen Sie es jetzt wie sehr hat sich Alles verändert! Und doch wie schwillt das Herz von Bewunderung und tiefinniger Freude, über den Muth und die Thatenlust, die aus aller Augen hervorblitzt, über die Einmüthigkeit, die Jung und Alt zu Brüdern verbündet! Hornbostel, der den Kaiser in Hadersdorf einge¬ hohlt hatte, und dort längere Zeit nicht vorgelassen wurde, hat abgedankt, da er die Manifeste nicht contrasigniren wollte, die ihm dort vorgelegt wurden. Dobblhof ist noch immer an's Krankenlager gefesselt, und so hat Kraus, wie ein Atlas die Wust der Geschäfte auf seinen Schul¬ tern allein zu tragen, das Gerücht, das gestern hier ver¬ breitet war, und so viele gerechte Erbitterung in allen Gemüthern hervorgebracht hatte, daß Windischgrätz zum Premierminister ohne Contrasignatur ernannt sei, hat sich nicht bestätigt. In einer Korrespondenz aus München v. 4. d. M. habe ich vor einer Viertelstunde in der öster. Zeitung gelesen, daß am 3. Windischgrätz auf seiner Reise nach Italien im dortigen Theater gesehen wurde. Zwar haben wir heute den zwölften, und Windischgrätz kann seit der Zeit den Weg hieher dreimahl zurükgelegt haben. Der Reichstag geht als höchste Erecutiv=Gewalt vor, und wird von allen Partheien auf das Kräftigste und Bereitwilligste unterstützt. Der am 6. d. M. in's Leben getretene neue Gemeinde¬ rath hat sich in Permanenz erklärt, und ist mit dem Reichs¬ tage in beständige Relation getreten. Er beschäftigt sich mit der Verproviantirung der Stadt, und sucht Ruhe und Ordnung (im Vereine mit der National=Garde) zu erhalten, was ihm bei dem gesunden Sinne unseres Volkes auf Dem Reichstage eine glänzende Weise gelungen ist. zunächst genießt das Studenten=Comité das höchste Zu¬ trauen von allen Klassen der Bevölkerung, und jeder Billig Denkende muß gestehen, mit welchem Takt und Umsicht es zu Werke geht. Von Brünn, Olmütz und Steyermark sind uns National=Garden zu Hülfe gezogen — und die Oberösterreicher? So eben verbreitet sich das Gerücht, Graf Auersberg soll abgedankt haben, und die ungarischen Vorposten sollen mit der croatischen Nachhut in ein lebhaftes Gefecht ge¬ rathen sein. Wo Jellachich sein Lager aufgeschlagen, weiß ich Ihnen nicht zu sagen, ebenso ob und wann er es wagen wird Wien anzugreifen! Seine Horden werden zerschellen an unserem Muth und unsrer Einigkeit! Gott gebe uns den Sieg! ächsten Mittwoch Die beiden Redakteure sind auf kurze Zeit nach Wien abgere erscheinen. Verantwortlicher Redacteur Alex. Jul. Schindler; Mitredacteur F. W. Arming. Druck und Verlag von Haas iu Steyr.

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