Ergänzungsblätter Nr. 1 bis Nr. 15, Steyr 1848

und Strafbestimmung finden und bis zur vollende¬ ten Revision dieser Gesetze möge ihre nothwendige Ergänzung auf demselben Wege geschehen, den man in derselben Richtung bisher zu gehen ge¬ wohnt war. Jedenfalls scheint es leichter zu recht¬ fertigende Maßregeln höherer polizeilicher Natur pro¬ visorisch anzuordnen, als strafrechtliche Be¬ stimmungen in einem konstitutionellen Staate einst¬ weilen zu erlassen, durch deren Natur und Schärfe der einstweilen davon betroffene Bürger für alle Zukunft diffamirt erscheint. Denn die in den 89. 17, 18, 10 ausgesprochenen Strafen hätte der Verurtheilte bei dem gegenwärtigen Zustande un¬ serer Strafpflege mit Dieben u. d. gl. im Zucht¬ ober Poltzeibause abzubüßen; die nicht disfa¬ mirende Festungsstrafe fehlt uns noch gänzlich. Die in den §§. 17, 18, 10 erwähnten vorsätze lichen Beleidigungen des Landesfürsten, der Mit¬ glieder seiner Familie und (Driktens und Letz¬ tens) der Constitution werden durch Lästerun¬ gen, Schmähungen oder verhöhnende Darstellun¬ gen begangen. Wir meinen eine verhöhnende Dar¬ stellung ist immer auch eine Schmähung, und eine Lästerung ist gewiß auch eine Schmähung, es ist also nicht minder eine verhöhnende Darstellung zugleich eine Lästerung. Ein gegründeter wahr aber „rücksichtslos ausgesprochener Tadel erschein vielen, ja sogar den Meisten, worunter leicht die das Preßverbrechen beurtheilenden Richter sein können, als eine Schmähung. Welches ist also das entscheidende Merkmal der als Verbrechen oder als schwere Polizeiübertretung strafbaren Schmä¬ hung, Lästerung und verhöhnenden Darstellung? Ein Geschwornengericht würde diese Lücke des Gesetzes wohl auf die beru¬ higendste Weise ausfüllen. Wir müssen hier die in diesen Blättern wie¬ derholt in verschiedener Gestalt ausgesprochene Be¬ hauptung wiederhohlen: die Constitution ist das Grundgesetz des Staates, welches als solches für den Herrscher und für das Volk gleich verbindlich ist und somit über beiden steht. Wodurch will nun der provisorische Gesetz¬ geber rechtfertigen, daß er die allerdings unver¬ letzliche Person des Landesfürsten, ja sogar die Mitglieder der kaiserlichen Familie dadurch höher stellt als die Constitution, daß er Beleidigungen ihrer Person für sehr schwer zu bestrafende Verbrechen, auf glei¬ cher Linie mit Diebstahl, Betrug, schwerer Verwundung erklärt, während Schmähungen u. d. gl. gegen die Constitution nur eine viel leichtere Gattung von Vergehungen d. i. schwere Polizeiübertretungen, auf gleicher Li¬ nie mit Tabakrauchen an feuergefähr¬ lichen Orten, mit unerlaubten Handel mit Gift, mit schnellem Fahren u. dgl., bilden sollen!!?? Die letzte Bemerkung wollen wir uns über den §. 18. im Zusammenhalt mit dem §. 25 er¬ lauben. Während §. 18. Beleidigungen gegen Mit¬ glieder der Familie des Landesfürsten zum Verbre¬ chen stempelt, das mit schwerem Kerker bis zu ei¬ nem Jahre zu bestrafen ist, erklärt den §. 25 Eh¬ renbeleidigungen die gegen Privatpersonen durch Druckschriften ausgeübt werden für einfache Pre߬ vergehen gegen die eine Geldstrafe bis 100 Gul¬ den oder einfacher Arrest bis 3 Monate zu ver¬ hängen ist (Wo hat denn der Verurtheilte diesen einfachen Arrest für Preßvergehen auszustehen? Im Polizeihause neben Huren, kleinen Dieben, Gewohnheitsbettlern und dergleichen Faktoren der Intelligenz?) Der Landesfürst als unverletzliche Person, sei¬ ne Gemalin und der präsumtive Thronfolger als privilegirte Personen mögen ausgeschieden bleiben. Alle andern Mitglieder der kaiserl. Familie (d. h. alle Blutsverwandten und in gleichem Grade Ver¬

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