Jero 9. Ergänzungsblatt der zwanglosen Blätter. Steyr den 8. Juni 1848. Graf Bombelles lügt! Die Augsburger Allgemeine vom 22. Mai d. J. bringt einen Brief aus Salzburg, den Jedermann leicht nach¬ lesen kann, dessen Inhalt überdieß aus der unten folgen¬ den Erklärung der Linzer=Deputirten klar zu erkennen ist. Diesen Salzburger Brief glaubte Graf Bombelles widersprechen zu müssen, und ließ folgende Erklärung in die A. Allgemeine vom 28. Mai d. J. einrücken. Innsbruck. Ein Brief aus Salzburg in Ihrem Blatte vom 22. d. spricht von der Durchreise der kaiserli¬ chen Familie und von der Anwesenheit der Linzer Depu¬ tirten. Bei diesem Anlaß legt mir dieser Vrief Aeußerun¬ gen in den Mund, die um so mehr aus der Luft gegriffen sind als ich mich mit den Linzer Herren in gar keine Erörterung einließ; wozu ich mich überhaupt durch meine Stellung bei den durchlauchtigsten Söhnen Sr. kais. Hoh. des Hrn. Erzherzogs Franz Karl nicht berufen fand. Innsbruck, 24. Mai 1848. H. Graf Bombelles. Die Deputirten von Linz veröffentlichen nun gegen diese Erklärung des Grafen Bombelles die nachstehende: Die am 18. Mai d. J. von den Bürgern der Stadt Linz und der Nationalgarde abgesendete Deputation, welche Freitag den 19. Mai nach 3 Uhr Morgens Sr. k. k. Majestät dem Kaiser von Oesterreich auf der Reise von Wien nach Tyrol zu Salzburg die Bitte vortrug: daß es Sr. k. k. Majestät gefallen wolle, in Linz, als dem Mittel¬ punkte einer Sr. k. k. Mejestät und der Constitu¬ tion treu anhängenden Provinz, wo bisher unge¬ störte Ruhe sich erhalten habe, Erholung zu pfle¬ gen, hat hierüber einen Bericht erstattet und ver¬ öffentlicht. In diesem Berichte hat sie das Wichtigste der Thatsachen mitgetheilt, und außer diesem Berichte hat sie keine weitere Kundmachung erlassen. Von der Person des Grafen Bombelles und seinen Au¬ ßerungen dort Erwähnung zu machen, schien nicht wichtig genug. Allein nun wird es nöthig. Ehevor die Deputation zu Salzburg sich Sr. k. k. Majestät vorstellen konnte, traf sie zufällig auf dem Gange den Grafen Bombelles, der sie um den Zweck ihrer Ankunft fragte. Er war der einzige Mann, der eben der Deputation Aufschluß über die Ursachen und nä¬ heren Umstände geben konnte, ihn also fragte sie hierum. Die Grafen Chorinsky, Kreishauptmann in Salzburg, und Wrbna, Militär=Kommandant von Oberösterreich, hörten einen Theil dieser Unterredung. Die Deputation sprach ihre Bestürzung aus, über die Abreise überhaupt, über die Art der Reise über das Anstreugende der ununterbrochenen Fort¬ setzung derselben, über die Beklemmung aller Ge¬ müther in den Ortschaften, wo Se. k. k. Majestät durchreiste, sie fragte: ob die Minister hievon wissen, wer inzwischen von Sr. Majestät zur Stellvertretung bestimmt sei, endlich welches die Zustände in Wien seien? Die Antworten des Grafen Bombelles waren ungenügend, ausweichend, zweidentig, un¬ bestimmt, und flößten der Deputation das höchste Mißtrauen gegen ihn ein. Man verhelte ihm nicht, daß nach seinen An¬ deutungen etwa in dem Augenblicke zu Wien Anar¬ chie und Republik zu besorgen stehe, was er als möglich, ja wahrscheinlich erklärte; man gab ihm ferner zu verstehen, daß man besorge, Se. k. k. Majestät sei von Allerhöchst ihrer Umgebung viel¬ leicht nicht wohl berathen, allein der Graf schien diese Andeutungen auf ihn nicht verstehen zu wol¬ len, indem er antwortete: „Ist ja doch nur Ihre Majestät die Kaiserin, dann Se. königl. Hoheit Franz Carl nebst Gemalin Sophie hier, von die¬ sen sei doch solches nicht zu besorgen.“ Graf Bom¬ belles erzählte von 40,000 Bajonneten, von fanatie schen Pöbelhaufen, von roher Gewalt, von dro¬ henden Sturmpetitionen, denen Se. Majestät nur durch die Abreise sich entziehen konnte.
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