Zwanglose Blätter, Nr. 81, vom 23. Dezember 1848

337 Gesetzes für die Lösung der verhängnißvollen Gegenwart, für einen sicheren Port unserer durch die blutigen Ereig¬ nisse in Wien in Frage gestellten Zukunft Beinahe möchten wir fragen, wenn wir die Auffor¬ derung der 39 Abgeordneten, die gegen unbedingten An¬ schluß an Deutschland stimmten, an ihre Wähler lesen, es sollen diese ihre Gesinnung und ihren Willen aus¬ sprechen, beinahe möchten wir da fragen: warum haben wir Deutschösterreicher denn Deputirte in die deutsche Volks¬ kammer abgesandt? Gewiß zu keinem anderen Zwecke, als daß wir da¬ selbst unsere deutschen Interessen vertreten, und uns end¬ lich mit jenem Volke einen, zu dem wir von Natur, Gott und Rechtswegen gehören. Hier haben Sie unsere entschiedene Gesinnung und zugleich unser volles Bedauern, daß Sie bei Lösung der wichtigsten Frage, ob wir deutsch sein wollen, sich un¬ deutsches Benehmen zu Schulden kommen ließen. Freiling und Traun 17. November 1848. (Folgen die Unterschriften.) Die in Olmütz erscheinende Zeitung „Neue Zeit“ bringt nachstehenden Artikel: „Ehren=Ebersberg vor dem Preßgerichte! Vater Ebersberg, der weit und breit in allen Landen Ent setzen erregende Vater Ebersberg, Redakteur des „Zu¬ schauers“ dem wenigstens das Verdienst nicht abzusprechen ist, daß er im Schimpfen sich immer konsequent bleibt, und mit einer wahren Berserkerwuth über Alles herfällt, was nicht in dem „Geiste“ und in der „sehr lobenswerthen“ Tendenz des „Zuschauers“ geschrieben ist, hat in einem Artikel, „die freie Presse“ überschrieben, die unter der Re¬ daktion von Schindler und Arming in Steyr erscheinenden „Zwanglosen Blätter“ in seiner gewöhnlichen Art und Weise angebellt daß dabei dem Herrn Fürstbischöflichen Rathe einige Ausdrücke, als da sind: „Die Herausgeber der „Zwanglosen Blätter“ sind armselige Wichte, die sich die Herren Becher und Häfner zum Vorbilde gewählt haben, und ganz des Loofes dieser radikalen Helden wür¬ dig sind; um so würdiger, da sie wohl die ganze Wühler¬ frechheit, aber keineswegs das beschränkte Maß von lite¬ rarischer und politischer Bildung ihrer Vorbilder besitzen,“ entschlüpft sind. Ob solcher zarten Aeußerungen des Herrn Fürsterzbischöflichen Rathes haben nun die beiden Redakteure der „Zwanglosen Blätter“ bei dem Preßgerichte in Wien eine Klage gegen ihn anhängig gemacht, weil diese Herren verblendet genug sind, ihre Ehre „selbst von einem Ebers¬ berg“ nicht beschimpfen zu lassen. Wir sind begierig, wie sich der Eber der Wiener „gutgesinnten Presse“ aus diesem verwickelten Handel herausziehen wird, und werden seiner Zeit das Resultat der erhobenen Klage unseren Lesern ge¬ treulich mittheilen.“ Minister Graf Stadion hat an alle Länderstellen den Befehl erlassen, unverzüglich die bisherigen Sitzungen (Gre¬ mialberathungen) als inkonstitutionell einzustellen, wogegen die Länderchefs alle Verfügungen selbst, jedoch unter ei¬ gener Verantwortlichkeit, auszufertigen haben werden. Zu¬ gleich hat Stadion verordnet, allen politischen Beamten das Programm des Ministeriums amtlich mitzutheilen, und Jenen, die damit nicht einverstanden sind, sofort den Aus¬ tritt aus dem Staatsdienste freizustellen, wie auch Beamte, die sich nicht im Sinne des Programmes benehmen, des Dienstes zu entlassen, oder zur Entlassung anzutragen. Aus diesem Erlasse des Herrn Ministers weht ein frischer konstitutioneller Odem, der den Sauerteig der alten Bu¬ reaukratie bald über den Haufen werfen wird. Man sieht, daß Stadion seine Stellung und die Zeit begreift. Was werden aber jene Beamten dazu sagen, die bisher aus Bornirtheit oder knabenhafter Aengstlichkeit sich zum großen Gelächter aller Vernünftigen so geberdeten, als wühle die Kolik der Zeit in ihren Gedärmen? Der Innsbrucker Zeitung wird aus Wien geschrieben: „Eine Antwort, die Windischgrätz den Reichskommissären gegeben hat, welche hier Einsicht in die Untersuchungs¬ akten gegen Robert Blum nehmen, geht als verbürgt von Munde zu Munde. Er habe nämlich auf die Klage der Frankfurter Herren erwiedert: Geschehenes wäre nicht zu ändern, doch zu ihrer Satisfaktion möchte er ihnen mit Vergnügen gestatten, drei von der österreichischen Linken nach Frankfurt mitzunehmen, um sie dort standrechtlich be¬ handeln zu lassen. Politische Wochenschau. Deutschland. Frankfurt a. M. Der Oesterreicher von Schmer¬ ling konnte nicht wohl an der Spitze des Reichsministe¬ riums bleiben, wenn Deutschland, soviel davon bleibt, künftig preußisch werden, Deutschland in Preußen auf¬ gehen soll. Ertrat, auf Ersuchen seiner sämmtlichen übri¬ gen Kollegen, die in ihren Posten verbleiben, zurück. Nur der Unterstaatssekretär v. Würth aus Wien hat gleichzeitig seine Entlassung begehrt und erhalten. Das neue Mini¬ sterium, an dessen Spitze Herr v. Gagern tritt, und das nach der gegenwärtigen Lage der Dinge nur ein preußisches werden kann wird die nothwendige Verhandlung in die Hand nehmen, wornach Oesterreich aus Deutschland zu scheiden und Preußen an die Spitze zu berufen ist.

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