Zwanglose Blätter, Nr. 80, vom 20. Dezember 1848

331 Männer gewählt werden, endlich aber soll bei der Revi¬ sion noch zu unterscheiden sein, ob der König nicht einen Theil der Mitglieder ernennt (also eine Pairie) und ob die Oberbürgermeister und die Abgeordneten der Universi¬ täten und die Akademien nicht darin Platz nehmen (Ka¬ pazitäten.) Diese erste Kammer wird also jedenfalls eine Kammer der Notabeln und ein so schwerer Hemmschuh für die Volkskammer sein, wie in anderen Staaten. Zu sol¬ chen Bestimmungen paßt die völlig freie Presse ebenso wenig, wie die aus Urwahlen hervorgegangene zweite Kammer und andere ganz demokratische Grundlagen, die den heftigen Kampf in kurzer Zeit unvermeidlich machen. Am anstößigsten aber ist §. 110, wo die wichtigsten Rechte des Volkes ohne Weiteres durch zu verhängenden Bela¬ gerungsstand aufgehoben werden können, und dieser völlig legalisirt wird. Fast noch mehr Mißtrauen muß es einflößen, wenn die oktroyirte Verfassung jetzt weder vom Könige, noch von den Beamten, noch vom Heere beschworen werden soll, was provisorisch und vorbehaltlich der Revi¬ sion geschehen müßte; König, Heer und Beamten sollen aber erst den Eid leisten, wenn die Revision vollendet ist, bei der man sich ersichtlich die Hände frei halten will und dafür die gegebene Verfassung in der Luft schweben läßt, als Entwurf der, wenn das Glück gut ist, wohl in dem¬ selben Wege, wie er gegeben, auch abgeändert werden kann, da ein Geschenk den Werth aller Geschenke hat. Zur Geschichte des Tages. In Pettau in Steyermark ist der Vorspannscourrier Kohut von zwei Offizieren, wegen Verspätung ihrer Vor¬ spanne, ermordet worden. Der Unglückliche hinter¬ läßt eine Familie von acht Personen, für deren Versor¬ gung der Feldzeugmeister Nugent sich bereits verwendet haben soll. Die Offiziere sind verhaftet, und das Mini¬ sterium wird wohl strengstens darüber wachen, daß sie ihrer verdienten Strafe nicht entgehen. In unserer Provinz macht die Entfernung des bis¬ herigen Landeschefs Skrbensky, noch mehr aber die Er¬ nennung des Deputirten Dr. Fischer von Salzburg zu seinem Nachfolger den freudigsten Eindruck. Die Hofschauspieler in Wien haben dem Grafen Die¬ trichstein bei seinem Abtreten von der Hoftheaterintendanz eine Dankadresse überreicht. Es ist darin sogar von „der edeln Begeisterung des Grafen für die Kunst“ die Rede. Was liegt einem rechten Komödianten daran, ob er um Einmal mehr oder weniger Komödie spielt. 6 Die Wiener Zeitung vom 15. d. M. bringt folgenden Erlaß, in Folge dessen das Vertrauen zum Ministerium Stadion= Bach nur gewinnen könnte: „Man hat mit Bedauern wahrgenommen, daß ein Theil der Wiener Tagespresse, insbesondere die Journale: „Schild und Schwert,“ die „Geißel,“ das „Monarchisch¬ konstitutionelle Oesterreich,“ eine Richtung eingeschlagen, deren Wirkung auf die öffentliche Meinung nicht minder nachtheilig sein muß, als die frühere Zügellosigkeit der radikalen Presse. Das in einigen dieser Tagesblätter, welche die Be¬ günstigung genießen, ihre Ansichten zu vertreten, sich kund¬ gebende Hervortreten mit offenbar den Prinzipien eines konstitutionellen Staates widerstreitenden Tendenzen, die Aufreizung zum Hasse gegen ganze Klassen von Staats¬ bürgern und gegen Religionsgenossenschaften, überhaupt die Schimpf= und Schmähartikel kann die Regierung, welche durch die Konzessionirung dieser Blätter einen Theil der moralischen Verantwortlichkeit für deren Haltung auf sich genommen hat, nicht länger dulden. Der Belagerungszustand soll eine freie Diskussion nicht hindern, nur darf diese keine Persönlichkeiten behandeln, sie muß leidenschaftsfrei bleiben, und so lange die Tages¬ presse die verschiedenen politischen Meinungen in einer ruhigen besonnenen, wenn auch freien Sprache erörtert, soll und wird sie auch nicht beanstandet werden. Die Regierung will ja endlich den gesetzlichen Fort¬ schritt, und sie glaubt darum auch das allgemeine Ver¬ trauen, das ihr diesen ernstlichen Willen begründen soll, zu verdienen. Die Regierung findet sich demnach auch zur öffent¬ lichen Erklärung veranlaßt, daß sie Uebergriffe der Tages¬ presse, wodurch die politischen Leidenschaften ohne Unter¬ schied der Richtung aufgereizt, einzelne Klassen der Staats¬ bürger, Religionsgenossenschaften mit Hohn, Spott und Schmähungen überschüttet werden, nicht dulden wolle. Jede Uebertretung wird daher die unmittelbare Unterdrückung des betreffenden Blattes unnachsichtlich zur Folge haben. In dieser Richtung sind bereits die eindringlichen War¬ nungen an die Redaktionen der verschiedenen Tageblätter ergangen. Die mit der Ueberwachung der Tagespresse während des Belagerungszustandes beauftragte vollziehende Gewalt hält sich verpflichtet diese Grundsätze, welche ihr Verfahren regeln sollen, zur öffentlichen Kenntniß zu bringen.“ Wien am 14. Dezember 1848. Welden, Feldmarschall=Lieutenant, Civil= und Militär=Gouverneur. Verantwortlicher Redakteur Alex. Jul. Schindler; Mitredakteur F. W. Arming. Druck und Verlag von Haas in Steyr.

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