Zwanglose Blätter, Nr. 78, vom 13. Dezember 1848

326 visorische Preßgesetz hätte allem Unfug in und mit Straßenblättern und Plakaten hinlänglich gesteuert, wenn man es nur hätte handhaben wollen! Zur Be¬ schränkung des Associationsrechtes kann der Monarch unter Mitfertigung eines verantwortlichen Ministers ein proviso¬ risches Gesetz erlassen, und wenn es die politischen und Gerichtsbehörden energisch handhaben, so kann Wien des Belagerungszustandes vollkommen entbehren. Wir bitten das Ministerium inständigst, sich durch gewisse maßlose Beräucherungen des gegenwärtigen Zustandes in Wien nicht irre führen zu lassen. Die Provinzen denken darüber anders, als die heutigen Wortführer in Wien — und man wies ja seit dem Mai so oft und so gerne auf die Stimme der Provinzen hin. Brünn. Man schreibt der Brünner Zeitung aus Kremsier, daß in dortigen Kreisen die Wiederaufnahme der Worte „von Gottes Gnaden“ in dem Kaisertitel, welche bereits dem Ausdrucke „konstitutioneller Kai¬ ser“ gewichen waren, vieles Bedenken erregte, und daß man die Wiederaufnahme dieser Worte einem gewissen Einflusse zuschreibe. Wir können nicht umhin, ehrlich einzugestehen, daß auch hier über die Wiedergeburt dieser der ausgelebten abso¬ luten Staatsform angehörenden Sprechweise viele Stimmen der Befremdung laut wurden, wenn man auch anderer¬ seits bei dem Vertrauen, das man zu der Gesinnung des Kaisers, des Reichstages und des Mini¬ steriums in der Mehrheit hegt, nicht geneigt ist, einer Const. Bote. Befürchtung Raum zu geben. Die Ernennung des Barons Kulmer zum Minister ohne Portefeulle scheint darauf hinzudeuten, daß die Re¬ gierung beabsichtigt, die Neugestaltung der Monarchie un¬ verweilt vorzunehmen, die Gliederung in Nationalstaaten anzubahnen, und für jeden derselben dem Gesammtmini¬ sterium einen derartigen Minister ohne Portefeuille beizu¬ geben, welcher in seiner Person die Einheit des im In¬ nern selbstständigen Nationalstaates mit der Central= oder Reichsgewalt zu vermitteln hätte. Wir verkennen nicht, daß ein föderatives System, gleichviel, ob es strenge nach Nationalitäten gesondert oder aus Länderkompleren mit nationeller Abgrenzung der Bezirke und Kreise gebildet er¬ scheint, immerhin eines festen Verbandes der Theile zum Ganzen bedarf, damit das Staatsschiff nicht nach verschie¬ denen Seiten gelenkt werde. Ob jedoch durch die Schaf¬ fung der bezeichneten Ministerstellen nicht der alte, hem¬ mende Staatsrath in neuer Form auftauchen und die Staatsmaschine zu komplizirt angelegt würde, dieß scheint uns eine zu wichtige Frage, als daß wir sie unberührt lassen oder deren Beantwortung für gleichgültig erklären könnten. C. 3. Anzeige. Mit Ende dieses Jahres hören die „zwanglosen Blätter aus Oberösterreich“ auf zu erscheinen. Nicht Mangel an Theilnahme ist daran schuld, die Ursache werden wir seiner Zeit am geeigneten Orte mit Offenheit besprechen. Unmittelbar nach Publikation eines neuen und definitiven Preßgesetzes erscheint im Verlage von Sandbök und Haas in Steyr: Oberösterreichische Zeitung, unter der verantwortlichen Redaktion von Aler. Jul. Schindler, was zur Vermeidung etwaiger gleichbenannter Konkurrenz hiemit bekannt gemacht wird. Das Programm, das später öffentlich erscheinen wird, wird auf Verlangen jenen Herren, die sich als Mitarbeiter bei diesem Unternehmen betheiligen wollen, durch die Post eingesendet. Die Redaktion der zwanglosen Blätter. Gerammerlicher Aodatenr Aler. Jul Schindier; Murchaten F. 25. Arming. Druck und Verlag von Haas in Steyr.

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