Zwanglose Blätter aus Oberösterreich. Nro. Steyr am 13. Dezember 1848. 78. Isegrimmen und Braunen behagte die Rede des Königs. Reineke Fuchs. Eine Antwort! Das Ministerium sagt in seinem Progamme ganz richtig, daß es mit unumwundener Offenheit zu Werke gehen wolle, da ohne Wahrheit kein Vertrauen bestehen könne. Wir glauben, daß es wesentlich zur Offenheit ge¬ höre, auf gestellte Fragen gerade und mit Vermeidung aller Ausweichungen und unbestimmten Ausdrücke zu ant¬ worten. Zur probeweisen Beurtheilung ob das Ministe¬ rium dieses gleich im Anfange seiner Regierungswirksam¬ keit gethan habe, bringen wir hier die Interpellation Schu¬ selka's in der Reichstagssitzung vom 27. v. M. und die Antwort des Gesammtministeriums in der Sitzung vom 7. d. M. (sie bedurfte einer langen Berathung) und über¬ lassen es dem Scharfsinne unserer Leser, durch Vergleichung beider sich obige hochwichtige Frage zu beantworten. Schuselka: Er frage: 1) Ob das neuernannte Mi¬ nisterium von dem Augenblicke an, wo es in's Amt trete, die volle Verantwortlichkeit für Alles über¬ nehme, was in Wien und Ungarn geschehe, oder ob die militärische Diktatur fortwäh¬ rend daselbst herrschen solle. Dieß sei nicht blos inkonstitutionell, sondern es zeige die Geschichte, wohin ein solches Beispiel führen müsse. Auch die Geschichte Oester¬ reichs bietet ein solches Beispiel, das er nicht näher be¬ zeichnen wolle. 2) Ob das Ministerium das furchtbare Gericht, das über Wien herrsche, fortbestehen lassen wolle. Durch kein anderes Verfahren sei der Dynastie noch so geschadet worden, wie durch dieses Blutgericht in Wien. Er frage den Justizminister, ob er nicht gesonnen sei, das¬ selbe, was er für Prag gethan, auch für seine Vaterstadt zu thun. 3) Die dritte Frage beziehe sich auf einen diplo¬ matischen Gegenstand, die Stellung des Ministeriums zur deutschen Nationalversammlung. Rücksichtlich des Abgeord¬ neten Blum wolle er nicht in die Frage der Schuld oder Unschuld dieses Mannes eingehen. Er betrachte die deutsche Nationalversammlung ganz als eine fremde, indem er diese Frage stelle. Selbst bei ganz fremden Parlamenten habe man sonst angefragt, bevor man eines ihrer Mitglieder aburtheilte. Man habe dadurch eine fremde befreundete Regierung in große Verlegenheiten gestürzt. Er frage also, was die Regierung in Bezug auf den vorliegenden Gegen¬ stand, den er gelinde als politische Taktlosigkeit bezeichne, zu thun gedenke? Stadion: Ad 1. Oesterreich steht unter keiner mi¬ litärischen Diktatur. Die vollziehende Gewalt in allen ihren Beziehungen wird von dem Monarchen unter der Verantwortlichkeit seiner Räthe geübt. Alle Organe der¬ selben wirken im Einklange mit dem Ministerium, und es ist keinerlei verfassungswidriger Einfluß außer ihm für seine Handlungen maßgebend. Außerordentliche Verhältnisse ha¬ ben die Ausnahmszustände in der Residenz und in Lemberg herbeigeführt. Die Sorge für die Aufrechthaltung der ge¬ setzlichen Entwickelung hat sie geboten. Das Interesse nicht jenes der staatlichen Ordnung und blos Oesterreichs, Gesittung von ganz Europa war dabei in Frage. Nur auf dem Boden der Gesetzlichkeit kann die Freiheit gedeihen. Die Regierung Sr. Majestät, fest entschlossen, den äußern wie den innern Feinden eines großen einigen konstitutio¬ nellen Oesterreichs mit aller Kraft und Entschiedenheit ent¬ gegenzutreten, kennt den Umfang ihrer Rechte sowie ihrer Pflichten, und wird im Geiste derselben handelnd niemals Anstand nehmen, die volle Verantwortlichkeit für alle von ihr und ihren Organen*) ausgehenden Handlungen anzuerkennen. Was den Ausnahmszustand von Wien an¬ belangt, so hat das Ministerium Sorge getragen, daß der¬ selbe auf das, durch das Gebot der Nothwendigkeit abge¬ drungene Maß beschränkt und dadurch der Wiederbelebung des so lange völlig gestört gewesenen Handels= und Ge¬ werbsbetriebes in keiner Weise entgegengetreten werde. Die Adressen, welche von den gesetzlichen zur Wahrung der Interessen der Hauptstadt zunächst berufenen Organen und wichtigsten Korporationen und überhaupt aus allen Stän¬ den bereits zu wiederholten Malen ergangen sind,**) spre¬ chen sich hierüber mit unumwundener Anerkennung aus. — Gegen das im Aufruhr begriffene Nachbarland muß die Gewalt der Waffen angewendet und dem dort mit offenem Hohne niedergetretenen Gesetze wieder die gebührende Ach¬ *) Ist Windischgrätz ein Organ des Ministeriums? **) Auf die sich zu berufen, hätte das Ministerium verschmähen sollen.
324 tung verschafft werden. Kriegsmaßregeln sind noch im Zuge, und wir hoffen, daß in Bälde auch dort wieder der innere Frieden hergestellt und der Boden zur endlichen Beilegung der eingetretenen Wirrnisse geebnet sein wird. Ad 2. Das Kriegsgericht zur Untersuchung und Ab¬ urtheilung der bei dem Oktoberaufruhr in Wien bethei¬ ligten Individuen ist eine Folge des Belagerungszustandes. Bereits ist das Standrecht für diese Fälle außer Wirk¬ samkeit getreten, und der Gestion des Militärgerichtes die unter den Verhältnissen gestattliche Modifikation dahin er¬ theilt worden, daß zu der Untersuchung Beisitzer aus dem Civilstande beigezogen und behufs der Aburthei¬ lung von Civilpersonen die Beachtung der Civilstrafgesetze vorgezeichnet wurde.*) Ad 3. Die Hinrichtung des Mitgliedes der deutschen Nationalversammlung, Robert Blum, erfolgte in Gemä߬ heit des von dem Kriegsrechte gefällten Urtheilsspruches. Die provisorische Centralgewalt der deutschen Bundes¬ staaten hat aus diesem Anlasse zwei Abgeordnete als Kom¬ missäre mit der Vollmacht hierher gesandt, sich dieserwegen mit den österreichischen Behörden in Verbindung zu setzen, und die geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, um dem von der deutschen Nationalversammlung in Frankfurt a. M. er¬ gangenen Gesetze vom 29.— 30. September d. J. Aner¬ kennung und Geltung zu verschaffen. Diese Kommissäre haben nach ihrer Ankunft das Ersuchen um die Einsicht in die Untersuchungsakten gestellt, welche ihnen ohne Anstand gewährt wurde. Die in Folge dessen von denselben an *) Dieß ist uns ebenso erfreulich als neu zu vernehmen!! das Ministerium gelangte Eröffnung läßt voraussetzen, daß sie durch Einsicht der Untersuchungsakten die Ueberzeugung gewonnen haben, es sei bei der Aburtheilung der Abge¬ ordneten Blum und Fröbel das zur Anwendung gekommene österreichische Kriegsgesetz weder in formeller noch in ma¬ terieller Rücksicht verletzt worden, sondern in beiden Be¬ ziehungen von dem Militärgerichte seiner Pflicht getreu und dem Gesetze gemäß geurtheilt und gehandelt worden. Die¬ selben haben — ohne diese Thatsache in Abrede zu stellen - gegen den diesfälligen Vorgang aus dem Grunde Ver¬ wahrung einzulegen befunden, weil dabei das deutsche Reichsgesetz vom 29.—30. September nicht beachtet wor¬ den. Zugleich forderten die Herren Kommissäre, daß dem fraglichen Gesetze sofort in Oesterreich volle Wirksamkeit eingeräumt werden soll. Die thatsächliche Nichtbeachtung jenes deutschen Reichs¬ gesetzes aber findet schon in dem Umstande genügende Be¬ gründung, daß zur Zeit als die Verhaftung und Verur¬ theilung der genannten Individuen erfolgte, dasselbe nicht einmal noch offiziell dem österreichischen Ministerium be¬ kannt, also noch weniger im gesetzlichen Wege den öster¬ reichischen Gerichten maßgebend geworden war, und dieses auch in so lange nicht werden kann, bis nicht überhaupt das neu zu gestaltende staatliche Verhältniß zwischen Oester¬ reich und Deutschland in beiderseitigem Einverständnisse bleibend geordnet ist. In diesem Sinne sind die entsprechenden Weisungen dem österreichischen Bevollmächtigten bei der provisorischen Centralgewalt zur weiteren Mittheilung an dieselbe zuge¬ gangen. Rede des Abgeordneten Wagner von Steyr über Oesterreichs Auschluß an Deutschland. Gehalten in der Sitzung der deutschen Nationalversammlung zu Frankfurt am 24. Oktober 1848. (Fortsetzung.) Der Redner vor mir und Andere sprachen von den Anti¬ pathieen, welche eine Trennung des deutschen vom nicht¬ deutschen Oesterreich in so vielen Ländern finden werde; ich möchte in Beziehung auf ein Land dieß besonders wie¬ derholen. Es ist Tirol. Ich glaube, daß diese Antipathie und beziehungsweise Sympathie nicht dem konglomerirten Oesterreich, sondern der Dynastie Oesterreichs gilt, und wenn von dem Reiche die Rede ist, die Sympathieen na¬ mentlich dem deutschen Oesterreich gelten, aber nicht auf Gallizien und Ungarn, und auf das Beisammenbleiben dieser Länder ausgedehnt und ausgelegt werden können. Man spricht von der Anstandslosigkeit, wenn die ganze Monarchie in das deutsche Reich eingezogen werde; es müsse daher die Sache aufgeschoben werden, bis die Ver¬ hältnisse in Oesterreich geordnet sind. Gegen die Theilung aber sprachen sich diese Redner bestimmt aus. Meine Herren! Vom deutschen Standpunkte aus, und das ist mein Standpunkt, könnte ich Dieß nicht wünschen. Ich verlange für Oesterreich, als großes Ganzes, keinen über¬ wiegenden Einfluß in Deutschland. Ich würde anderer¬ seits fürchten, wenn so viele fremde, sich wider¬ strebende Elemente eingezogen werden, die — wie man weiß — nach allen Richtungen hin auseinander streben. Denken Sie an Gallizien und Italien. Warum sollten wir die Ordnung unserer Verhältnisse wieder aufsparen und auf unbestimmte Zeit hinausschieben? Ein mächtiger Hebel für den Fortschritt ist das Nationalgefühl. Dieses Nationalgefühl kann aber nicht so mächtig wirken, wo so viele verschiedene fremde Elemente zusammengebun¬ den. Man spricht so viel von Amerika, aber in Amerika sind ganz andere Verhältnisse. Dort ist nicht das sprach¬ liche Element, nicht das Element der gemeinschaftlichen Abstammung, welche die verschiedenen Staaten aneinander binden; aber sie haben Eine Geschichte, Eine Erinnerung ihrer Freiheitsbildung, sie haben einen eigenen Bildungs¬ gang, und bedenken Sie, meine Herren, die Auswanderer, die hinüberziehen nach Amerika, lassen gewissermaßen auf dem Ocean die verschiedenen Erinnerungen zurück. Sie
treten nicht als Deutsche, als Engländer, als Franzosen in das neue Land ein, sondern als Amerikaner. Dann ist das amerikanische Element bei ihnen vorherrschend, und auch ist nicht aller Tage Abend, — und ob diese Ver¬ schiedenheit der Sprachen und Stämme nicht noch manche Verlegenheit bereiten wird, das wissen wir nicht. Sollten wir denn nicht auch in einem Punkte Amerika voraus sein können, müssen wir denn immer Alles anderen Ländern nachahmen? Es ist nicht zu leugnen, daß das National¬ gefühl ein mächtiger Hebel für den Fortschritt sei. Man sprach von Vorbehalten, Provisorien, von Verschiebung einer definitiven Bestimmung in der Anschlußfrage; aber, meine Herren, wenn es je Zeit war, mit Bestimmtheit auszusprechen, ob Oesterreich zu Deutschland gehöre, so ist jetzt die Zeit dazu. (Von verschiedenen Seiten Zustim¬ mung.) Nach kurzer Zeit könnte es zu spät sein, spre¬ chen Sie es bestimmt aus, und zögern Sie nicht; Deutsch¬ Oesterreich gehört zu Deutschland, es will zu Deutschland gehören, es gehört dahin mit allen Momenten, mit allen Beziehungen, und mit Allem, was die Politik, ja die ge¬ wöhnlichste hausbackene Klugheit, möchte ich sagen, er¬ rathen kann. Alles, was nur in die Wagschale kommen kann, spricht dafür, daß Deutsch=Oesterreich bei Deutsch¬ land zu bleiben habe, und zwar unbedingt, wie jeder an¬ dere Bestandtheil des deutschen Landes. Dafür sprechen die staatsrechtlichen Verhältnisse, Sprache, Abstammung, Geschichte, die geistigen und materiellen Interessen, der Volkscharakter, und insbesondere auch der Eharakter der neuesten Bewegungen. Niemand wird leugnen, daß in derselben Weise, wie andere Länder, auch Deutsch=Oester¬ reich nach der Wiener Akte dem deutschen Bunde einver¬ leibt war. Aber die Rechte Deutschlands gehen weiter zurück, noch viel weiter zurück, als die pragmatische Sanktion. Sie gehen zurück auf den Anfang der deutschen Geschichte. Die Geschichte Oesterreichs und Deutschlands gieng immer zusammen, und selbst wo Oesterreich mit anderen deutschen Ländern im Kriege war ist dieser Hader ein gemeinschaft¬ liches Kennzeichen, denn dieser Familienhader hat sich leider oft bei den deutschen Stämmen wiederholt. Auch mit Sprache und Bildung gehört Deutsch=Oesterreich Deutsch¬ land an. Wer Oesterreich kennt, muß sagen, es ist deutsches Land. Gehen Sie in seine Gebirge, steigen Sie in seine Thäler herunter, betrachten Sie das Physische des Volkes, beobachten Sie seine Gebräuche, seine Sitten, Alles ist deutsch. Hier kommt nicht in Betracht, daß von 12 Mil¬ lionen die Hälfte auf die slavische Bevölkerung kommt. Wo ist die slavische Bevölkerung? Sie ist auf einzelnen Kern¬ punkten in Mähren und Böhmen, und hinab gegen die adriatische Küste, sonst ist sie nur an kurzen Säumen, Grenzstrichen, zerstreuten Punkten. Im Allgemeinen ist Deutsch=Oesterreich durch und durch deutsches Land, das mit seinem Bürgerthume, mit seiner Bildung und allen Sym¬ pathieen Deutschland angehört. Meine Herren! Unsere Zeit ist die Zeit des Erwachens der politischen Wahlver¬ wandtschaft. Seit der Völkerwanderung war der Staaten¬ bildungsprozeß ein rein mechanischer, man flickte zu, man riß ab, man vergrößerte sich durch Aggregation, das Licht des Geistes leuchtete auch hier, aus der freien Wissenschaft gieng die Erkenntniß des Organismus der Völker, das Selbstbewußtsein des eigenen organischen Lebens, das Ver¬ ständniß der eigenen Eigenthümlichkeiten hervor. Der große Gewalthaber Napoleon brachte das erst in der Wis¬ senschaft gestürzte Prinzip wieder zur Geltung; aber es war das letzte Aufflackern, der Organismus der Völker machte sich jetzt gewaltsam geltend. Ich leugne nicht die Geschichte nicht die Thatsachen, nicht gegebene Verhält¬ nisse, noch weniger, daß ich sie leugne, sehe ich ein, daß man sie beseitigen könne. Aber die natürlichen Bedürfnisse und Anforderungen der Thatsachen greifen so ineinander, daß man nicht weiß, wo das Eine aufhört und das An¬ dere beginnt, das gebe ich zu. Wie die erratischen Blöcke in der Geologie, machen den Politikern die vorgeschobenen Sprach= und Völkerposten sehr viel zu schaffen. Ebenso¬ wenig läßt sich leugnen, daß ein organischer Bildungs¬ gang in die Völker gekommen sei, und daß man Völker¬ verbindungen nicht mehr mit Kanonen diktiren kann, son¬ dern daß die Völker aus sich selbst in ihren Eigenthüm¬ lichkeiten sich entwickeln. Ob übrigens Nationalität, ob Volkswille, ob Verträge, ob abgerundete Territorien, ob die Interessen vorwiegend zu entscheiden haben, das läßt sich nicht lösen wie ein Schulerempel, und trotz aller Logik, und mit dem besten Willen winden wir uns ohne Wider¬ sprüche nicht hinaus, das sehe ich wohl ein; aber allen diesen Momenten muß Rechnung getragen werden, und alle finden ihre Grenze zuletzt an der Nothwendigkeit. (Schluß folgt.) Zur Geschichte des Tages. Nachdem bereits der Ban Jellachich zum Civil= und Militärgouverneur von Dalmatien ernannt worden war, ist nun auch der General Giulay an die Stelle des abge¬ setzten Grafen Salm, bis jetzt Gouverneur des Küsten¬ landes, zum Civil= und Militärgouverneur dieses Land¬ striches ernannt worden. Die Regierung erfüllt nur einen längstgefühlten Wunsch und hilft einem dringenden Be¬ dürfnisse ab wenn sie mehrere der gegenwär¬ tigen Provinzialgouverneure ihres Amtes enthebt, aber die Provinzen sähen bei alledem doch lieber wieder Civilgouverneure! Man bittet in Wien um Verlängerung des Belage¬ rungszustandes, da man glaubt, wenn er jetzt beendet würde, lebte die Schand= und Straßenliteratur, dann der Uebergriff des Associationsrechtes wieder auf. Diese Be¬ sorgniß ist ganz ungegründet, denn das bestehende pro¬
326 visorische Preßgesetz hätte allem Unfug in und mit Straßenblättern und Plakaten hinlänglich gesteuert, wenn man es nur hätte handhaben wollen! Zur Be¬ schränkung des Associationsrechtes kann der Monarch unter Mitfertigung eines verantwortlichen Ministers ein proviso¬ risches Gesetz erlassen, und wenn es die politischen und Gerichtsbehörden energisch handhaben, so kann Wien des Belagerungszustandes vollkommen entbehren. Wir bitten das Ministerium inständigst, sich durch gewisse maßlose Beräucherungen des gegenwärtigen Zustandes in Wien nicht irre führen zu lassen. Die Provinzen denken darüber anders, als die heutigen Wortführer in Wien — und man wies ja seit dem Mai so oft und so gerne auf die Stimme der Provinzen hin. Brünn. Man schreibt der Brünner Zeitung aus Kremsier, daß in dortigen Kreisen die Wiederaufnahme der Worte „von Gottes Gnaden“ in dem Kaisertitel, welche bereits dem Ausdrucke „konstitutioneller Kai¬ ser“ gewichen waren, vieles Bedenken erregte, und daß man die Wiederaufnahme dieser Worte einem gewissen Einflusse zuschreibe. Wir können nicht umhin, ehrlich einzugestehen, daß auch hier über die Wiedergeburt dieser der ausgelebten abso¬ luten Staatsform angehörenden Sprechweise viele Stimmen der Befremdung laut wurden, wenn man auch anderer¬ seits bei dem Vertrauen, das man zu der Gesinnung des Kaisers, des Reichstages und des Mini¬ steriums in der Mehrheit hegt, nicht geneigt ist, einer Const. Bote. Befürchtung Raum zu geben. Die Ernennung des Barons Kulmer zum Minister ohne Portefeulle scheint darauf hinzudeuten, daß die Re¬ gierung beabsichtigt, die Neugestaltung der Monarchie un¬ verweilt vorzunehmen, die Gliederung in Nationalstaaten anzubahnen, und für jeden derselben dem Gesammtmini¬ sterium einen derartigen Minister ohne Portefeuille beizu¬ geben, welcher in seiner Person die Einheit des im In¬ nern selbstständigen Nationalstaates mit der Central= oder Reichsgewalt zu vermitteln hätte. Wir verkennen nicht, daß ein föderatives System, gleichviel, ob es strenge nach Nationalitäten gesondert oder aus Länderkompleren mit nationeller Abgrenzung der Bezirke und Kreise gebildet er¬ scheint, immerhin eines festen Verbandes der Theile zum Ganzen bedarf, damit das Staatsschiff nicht nach verschie¬ denen Seiten gelenkt werde. Ob jedoch durch die Schaf¬ fung der bezeichneten Ministerstellen nicht der alte, hem¬ mende Staatsrath in neuer Form auftauchen und die Staatsmaschine zu komplizirt angelegt würde, dieß scheint uns eine zu wichtige Frage, als daß wir sie unberührt lassen oder deren Beantwortung für gleichgültig erklären könnten. C. 3. Anzeige. Mit Ende dieses Jahres hören die „zwanglosen Blätter aus Oberösterreich“ auf zu erscheinen. Nicht Mangel an Theilnahme ist daran schuld, die Ursache werden wir seiner Zeit am geeigneten Orte mit Offenheit besprechen. Unmittelbar nach Publikation eines neuen und definitiven Preßgesetzes erscheint im Verlage von Sandbök und Haas in Steyr: Oberösterreichische Zeitung, unter der verantwortlichen Redaktion von Aler. Jul. Schindler, was zur Vermeidung etwaiger gleichbenannter Konkurrenz hiemit bekannt gemacht wird. Das Programm, das später öffentlich erscheinen wird, wird auf Verlangen jenen Herren, die sich als Mitarbeiter bei diesem Unternehmen betheiligen wollen, durch die Post eingesendet. Die Redaktion der zwanglosen Blätter. Gerammerlicher Aodatenr Aler. Jul Schindier; Murchaten F. 25. Arming. Druck und Verlag von Haas in Steyr.
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