322 hören oder gelähmt werden würde. Was die Gefahr der Trennung betrifft, so glaube ich, daß, wenn je die Tren¬ nung eintritt, sie jetzt eintreten wird. Nicht erst die Per¬ sonalunion wird diese Trennung bewirken, sondern jetzt ist der Zeitpunkt, wo sie vielleicht eintritt. Das Schlimmste also, was in dieser Hinsicht geschehen kann, ist die Ab¬ trennung des nichtdeutschen Oesterreich von dem deutschen Oesterreich, sei es nun, daß das nichtdeutsche Oesterreich sich als Bundesstaat, oder als eine kompakte Masse, als ein einiger ungetheilter Staat konstituire. Ich gestehe auf¬ richtig, nicht den panischen Schrecken zu theilen, den Viele gegen eine solche Abtrennung kundgegeben haben, nament¬ lich wenn ich andererseits die Gefahren berücksichtige, die aus einem einigen ungetheilten Oesterreich für das Deutsch¬ thum entspringen, für das wir hier in der Paulskirche stehen. Deutsche Bildung in Oesterreich mußte wie ein Schiff die anderen Länder in's Schlepptau nehmen. Das haben wir oft und lange gefühlt. Ich habe in dieser Hin¬ sicht lange vor der Revolution von Patrioten, von Män¬ nern mit Namen und Klang, die auf beiden Seiten dieses Hauses gewiß Achtung finden würden, und auch verdienen, ich habe mit einem Worte von ehrenhaften Männern ge¬ hört, daß sie eine solche Abtrennung der deutschen und nichtdeutsch= österreichischen Lande durchaus für kein Un¬ glück, sondern für ein Glück betrachten würden. Nicht Absolutismus war es, der manchen Fortschritt in Oester¬ reich hemmte. Von dieser Seite müßte ich ihn sogar in Schutz nehmen. Es war das Konglomerat, es war jene unnatürliche Verbindung von Ländern, die in ihrem Bil¬ dungsgange und in ihren Verhältnissen so verschieden waren, und die nur der Kitt des Despotismus so lange zusammen¬ halten konnte. Die Gegner sprachen auch von deutschem Einflusse und davon, daß dieser deutsche Einfluß in den nichtdeutschen Ländern bei einer solchen Abtrennung, oder, sagen wir, bei der bloßen Personalunion untergehen würde. Man wies in dieser Hinsicht besonders auf die Donau¬ länder und darauf hin, wie sehr es zu wünschen wäre, daß der deutsche Einfluß dort vermehrt werde. Diesen Wunsch theile ich gewiß von ganzem Herzen; aber war denn jetzt der deutsche Einfluß so mächtig und groß, und ist nicht vielmehr zu fürchten, daß in einem ungetheilten konstitutionellen Oesterreich und unter Vermittelung seines Reichstages, worin die slavische Mehrheit überwiegt, der deutsche Einfluß noch kleiner sein werde, als jetzt, wo eine deutsche Dynastie mit absoluter Herrschaft viel mehr deutschen Einflut üben könnte. Bedenken Sie dieß recht wohl. Die deutsche Dynastie konnte bis jetzt unbeschränkt deutschen Einfluß geltend machen, und doch ist es nicht geschehen. Ich wiederhole es, der deutsche Einfluß würde in einer konstitutionellen Monarchie, wo so viele slavische Elemente auf dem Reichstage überwiegen, noch kleiner werden, mit andern Worten, der slavische Einfluß würde sich alsdann mehren, nicht aber der deutsche. Das Wort natürlicher Verband wurde sehr oft wiederholt auf dieser Bühne für viele Länder. Was die Donauländer und Ungarn betrifft, so ist es hier an seinem Platze, aber wenn Deutschland groß und stark ist, haben wir nicht den Einfluß einer Verbindung zu suchen, sondern man wird uns suchen. Es ist kein Zweifel, daß wenn sich das nichtdeutsche Oesterreich als eigener Staat konstituirt, es sein höchstes Interesse haben muß, mit Deutschland innig verbunden zu sein. Das wollen wir auch. Man spricht so viel von Panslavismus; ich glaube aber, der Panslavismus ist nur dann gefährlich, wo das slavische Element in eine positive Gefahr kommt. Dann wird sich das slavische Element nach Rußland wenden. Wir haben das praktisch gesehen. Wir haben gesehen, daß selbst in Polen sich einmal einige Zeit für Rußland viele Theil¬ nahme zeigte, aber diese Sympathieen sind nur momen¬ tan, auf ein momentanes Ziel gerichtet. Wenn Deutsch¬ land einen weisen Einfluß ausübte auf das slavische, wa¬ lachische und ungarische Reich, wenn Oesterreich, welches sich bilden wird, mit weiser Politik nicht eine Nationa¬ lität allein begünstigt, sondern den Staatsverband begün¬ stigt, dann ist vom Panslavismus nichts zu fürchten. In dieser Beziehung muß ich sagen, so sehr ich ein Freund Ungarns bin, und so sehr ich wünsche, daß man mit Ungarn eine Verbindung anknüpfe, daß ich doch nicht ein Magyaromane bin, der die Verbindung mit Ungarn auf Kosten einer anderen Nationalität wünscht. Ich wünschte eine Verbindung Deutschlands mit dem nichtdeutschen Oester¬ reich, mag dieses als kompakte Macht sich konstituiren, oder mag es in Zukunft als Bundesstaat bestehen. Das ungarische, slavische und walachische Element müssen aber mit weiser Politik nie vereinzelt unterstützt werden. — Man hat endlich der pragmatischen Sanktion mehrere Male von dieser Tribüne aus erwähnt. Das Thema ist oft besprochen worden. Man sprach von ver¬ gilbten Dokumenten. Ich muß sagen, ich verwerfe nicht unbedingt die vergilbten Dokumente. Die magna charta und andere vergilbte Urkunden sind es, welche den Völ¬ kern die Freiheit gebracht haben. Aber ich unterscheide zwischen vergilbten Dokumenten und solchen, welche die Hand der Zeit, die Hand der Revolution zerrissen hat. Wahren Sie den deutschen Einfluß auf eine andere Weise durch Begünstigung der Auswanderung, durch Anbahnung diplomatischer Verhältnisse, durch Erhaltung der Sympa¬ thieen, die ganz besonders in den Donauländern für Deutsch¬ land vorherrschend sind. Es ist bekannt, daß dermalen ein walachischer Gesandter in Frankfurt sich befindet, der den Schutz Deutschlands nachsucht. Benutzen Sie schon die Gelegenheit, denken Sie frühzeitig an die Anbahnung dieser Verbindung. Der Herr Reichsminister hat gestern angedeutet, daß diplomatische Verhältnisse eingeleitet wer¬ den sollen, daß man einen Reichskonsul dorthin bestimmen werde. Ich kann nur wünschen, daß die Sache mit allem Ernste und mit aller Wahrheit ergriffen und ver¬ folgt werde. (Bassermann vom Platze: Es geschieht!) (Fortsetzung folgt.) Saranerliche Rchitenr Aler. Jal. Schindier; Munsdatenr Z. 15. Arming. Druck und Verlag von Haas in Steyr.
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