Zwanglose Blätter aus Oberösterreich. Nro. Steyr am 9. Dezember 1848. 77. Denn alles Glück verschwindet dann, Wenn einer nicht beherrschen kann Den Zorn und übereilet sich. Hartmann von der Aue. Aus Kremsier. Die Juvavia bringt aus der Feder eines Reichstags¬ mitgliedes nachstehendes Schreiben, an dessen Schlusse das Programm der Linken angedeutet ist. Kremsier, den 25. November 1848. Der Reichstag wurde wegen noch nicht gänzlich er¬ folgter Herstellung der Lokalitäten bis auf den 27. No¬ vember vertagt; daher ich bis dorthin von den Reichstags¬ verhandlungen nichts zu berichten, hingegen hinsichtlich der gegenwärtigen Lage Wiens und des gefährdeten Deutsch¬ thums in Oesterreich folgende Mittheilungen zu machen in der Lage bin. In Wien erstreckt sich die Strenge der Militärdiktatur dermalen vorzüglich auf die politischen Gespräche in den Gasthäusern, erst in der jüngsten Zeit wurde ein junger Mann wegen aufreizender Wirthshausgespräche, wobei er freilich auch mit Mord drohte, sogleich eingezogen, stand¬ rechtlich behandelt und erschossen. — Die Hinrichtung des Oberkommandanten der Nationalgarde, Messenhaluser, ist im Interesse der Krone selbst sehr zu bedauern. Denn wenn auch mehrere erschwerende Umstände gegen ihn sprachen, so hätte man doch berücksichtigen sollen, daß nebst dem Reichstage gerade Messenhauser durch seine strenge Disziplin über das bewaffnete Proletariat, zur Hintanhaltung der Anarchie, des Raubes und Mordes das Meiste beigetragen hat. Mit dem 22. d. M. hat aber nun, Gott sei Dank, das Standrecht aufgehört. Um das Deutschthum in Oesterreich steht es dermalen etwas problematisch, indem die gegenwärtigen Gewalthaber gegen den engen Anschluß an Deutschland sind. Die deutschen Farben, welche in den März= und Maitagen der Kaiser selbst aufpflanzen ließ, sind auf Be¬ fehl des Fürsten Windischgrätz in Wien sämmtlich ver¬ schwunden; selbst der Reiterstatue Kaiser Joseph II. auf dem Josephplatze wurde die verwitterte deutsche Fahne herabgerissen, und hierfür die schwarzgelbe in die eherne Hand gegeben. Zur Konferenz der von den Landständen der deut¬ schen Provinzen nach Linz oder Salzburg abzuord¬ nenden Ausschußmänner, behufs der Besprechung über den Anschluß der deutsch=österreichischen Provinzen an Deutsch¬ land, wird wohl auch das Herzogthum Salzburg, ob¬ schon dessen Stände noch nicht definitiv organisirt sind, wenigstens ein paar Vertrauensmänner absenden; zu wün¬ schen im Interesse der guten deutschen Sache wäre es, wenn hiezu nur Männer von erprobter deutscher Gesin¬ nung gewählt würden, damit die deutsche Partei bei der Konferenz die Oberhand vor der separatistischen behalte. Die Ansicht, daß Oesterreich nur durch eine Kon¬ föderation seiner Länder als Großmacht und Gesammt¬ monarchie zu erhalten sei, hat seit der Oktoberrevolution viele Anhänger gefunden; auch Vertheidiger der gegen¬ theiligen Meinung sind dieser Ansicht beigetreten; nachdem sie die volle Ueberzeugung gewonnen hatten, daß die ita¬ lienische, die ungarische und die Wiener Re¬ volution, vorzugsweise in einem Nationalitätsstreite ihren Grund hatten, und daß derlei Revolutionen und dem sofortigen gänzlichen Zerfalle der Monarchie, nur durch eine Föderation vor¬ gebeugt werden könne. Der österreichische Bundesstaat würde aus sol¬ genden Ländern bestehen: 1) Aus den deutschen Provinzen. 2) Aus österreich. Polen mit der Bukowina. 3) Aus Ungarn und Siebenbürgen. 4) Aus Kroatien und Slavonien, und wenn thunlich, aus Dalmatien. 5) Aus den italienischen Provinzen, sofern selbe für Oesterreich noch erhalten werden sollen. Beim konstituirenden Reichstage wurden sämmtliche österr. Länder, mit Inbegriff von Ungarn vertreten, und hierbei bezüglich der gemeinschaftlichen Grundrechte, der Vertheilung der Staatsschuld, der Steuern, des Militär¬
320 kontingentes zu Kriegs= und Friedenszeiten, und anderen gemeinschaftlichen Bundesangelegenheiten die näheren Be¬ stimmungen festgesetzt werden. Künftig würde jedoch jeder einzelne Staat sein ei¬ genes Parlament besitzen, und hinsichtlich der Selbst¬ regierung von der Centralgewalt zu Wien nur insofern beschränkt sein, daß das Finanz= und Kriegsministerium des Auswärtigen (mit Ausnahme der deutschen Provinzen, welche im Auslande durch den deutschen Gesandten ver¬ treten werden) ein Gemeinschaftliches sein würde. Durch die Bildung dieses österr. Bundesstaates würde der Anschluß der deutschen Provinzen an Deutschland un gemein erleichtert, und das Verhältniß der Personalunion auch leichter geordnet werden können. In einem künftigen Aufsatze werde ich diesen Gegen¬ stand ausführlicher erörtern. Der Wiene Dieses Blatt bringt in einem Artikel, überschrieben: „die freie Presse,“ folgende Zeilen über unsere Zeitschrift: „Was nun die armselige Zeitung in dem loyalen Steyr betrifft, so hat sie trotz ihrer Winzigkeit zwei Re¬ dakteure: Julius Alexander Schindler und Arming (schon der letztere Name ist ein Schrecken in der Literatur!) Die Herausgeber der zwanglosen Blätter sind ein paar Wichte, welche sich die Herren Becher und Häfner zur Nachahmung gewählt und des Looses dieser radikalen Hel¬ den vollkommen würdig sind — um so würdiger, da sie wohl die ganze Wühlerfrechheit, aber keineswegs das be¬ schränkte Maß von literarischer und politischer Bildung ihrer Vorbilder besitzen. Man muß sich nur wundern, daß die gerade und biedere Gesinnung, welche in Steyr herrscht, den beiden Abenteurern das Handwerk nicht legt.“ Wir bringen diese Zeilen zum Beweise, mit welchen Waffen die sogenannte „gemäßigte Presse“ die An¬ sichten ihrer politischen Gegner zu bekämpfen pflegt. Jede Erläuterung halten wir bei der erfreulichen Klarheit Die Reichs=Zeitung bringt aus der Feder ihres Re¬ dakteurs Andree folgenden Artikel*) über Blum, der uns die wir Blum ebenfalls bereits aus früherer Zeit kann¬ ten als der unpartheiischste aus den vielen der letzten Zeit erscheint. „Während Julius Fröbel begnadigt wurde, ist Robert Blum erschossen worden. Dieser Tod söhnt Blums politische Gegner aus, zu welchen auch ich gehörte. Ich kannte ihn seit elf Jahren. Er saß damals im blauen Frack mit gelben Knöpfen an der Kasse des Leipziger Theaters und theilte Billete aus, von den Wenigsten beachtet und nur von sehr Wenigen näher gekannt. Einst, als ich an einem Morgen im wil¬ den Rosenthale bei Leipzig spazieren gieng, begegnete mir der Theaterkassier mit einem Buche in der Hand. Es war ein neuerschienener Band von Raumers historischem Taschen¬ buche, für dessen Studium er die frühen Morgenstunden benutzen mußte, weil der übrige Tag ihm keine freie Zeit *) Der auch in die „österreichische Korrespondenz,“ einer Zeitung übergieng, die man hie und da, ich weiß nicht mit welchem Rechte, die Hofzeitung nannte. S. Zuschauer. der Ausdrücke Herrn Ebersbergs für gänzlich überflüssig, und machen nur bekannt: „daß wir Herrn Ebersberg dafür daß er unsere Blätter in seinem Zuschauer Nr. 179 eine ehrlose Ausnahme von der Mäßigung der Presse nannte, unverweilt bei dem Preßgerichte in Wien belangen werden.“ Alle rohen Schimpfworte und hämischen Denunzia¬ tionen Herrn Ebersbergs, deren Folgen wir leider ungeachtet der garantirten Preßfreiheit schon empfinden mußten, würdigen wir keiner Antwort, aber unsere Ehre darf selbst von einem Ebersberg nicht ungestraft verletzt werden. Gründe gegen Gründe — zu einem so ehrenhaften Kampfe finden uns unsere politischen Gegner immer bereit. Aber die Gemeinheit trete uns auf unseren Wegen eben¬ sowenig entgegen, als wir ihr auf den ihrigen je begeg¬ neten, noch je begegnen werden. A. J. Schindler. F. W. Arming. Blum. bot. Mich überraschte der Ernst, mit welchem Blum über geschichtliche Dinge sprach, und das scharfe Urtheil, welches er schon damals fällte. Er las viel, meist historische Werke, wenigstens in jener Zeit. Sein Lieblingsdichter war Schiller der Poct der Freiheit, mit dessen Sentenzen er gerne seine Reden schmückte. Um die Schillerfeste in Gohlis hat er sich unleugbare Verdienste erworben. Von jenem Sommermorgen im Rosenthale schreibt sich meine Bekanntschaft mit ihm her, die nach und nach immer genauer wurde. Wir sahen uns fast täglich. Schon zu jener Zeit hatte Blums ganzes Streben eine entschieden politische Richtung genommen. Oeffentlich als politischer Redner trat er im Winter von 1837 bis 1838 zum Ersten¬ male auf bei einem Gastmahle, welches die Leipziger Libe¬ ralen den Landtagsabgeordneten Todt und Dieskau (im Kranich auf dem Brühl) veranstalteten. In jener Zeit der Reaktion waren es diese beiden voigtländischen Depu¬ tirten, welche die Sache des Liberalismus in der Kammer zu Dresden standhaft vertraten; die übrigen Abgeordneten waren mehr oder weniger servil; wenigstens hatten sie
321 weder Muth noch Energie. Jene Demonstration bildet den Anfang der eigentlichen politischen Bewegung im König¬ reiche Sachsen; Blums Rede überraschte Alle durch den markigen Vortrag, durch kurze, schlagende Sätze, und ich höre noch heute den Jubel, mit welchem sie aufgenommen wurde. Mir gegenüber saß Karl Herloßsohn, der beim Anstoßen des Glases mir ganz verwundert über den Tisch rief: „Wer hätte das von dem gedacht!“ Blums Rede hatte damals noch nicht den salbungsvollen Pastorenton, in welchem er sich gefiel, seit er Deutschkatholik geworden war und Predigten hielt. Er sprach damals weniger re¬ flektirt; man sah und hörte es ihm an, daß Alles unmit¬ telbar aus dem Herzen kam. Von jenem Tage im Kranich zu Leipzig datirt sich Blums enge Freundschaft mit Todt, der vom Mitgliede des Fünfzigerausschusses zum königl. sächsischen Bundestagsgesandten aufrückte, und jetzt als geheimer Legationsrath in Dresden dieselbe Freisinnigkeit sich bewahrt hat, wie einst als Burschenschafter und nach¬ her als Bürgermeister und Advokat zu Adorf. Blum machte nach und nach literarische Bekannt¬ schaften und gehörte bald zu den Leipziger Literaten. Er war ein fleißiger Mitarbeiter an der Zeitung für die ele¬ gante Welt und studirte eifrig fort. Den von mir aus¬ gegangenen Gedanken und Plan, ein Theaterlerikon herauszugeben, griff er lebhaft auf, und er hat mit Her¬ loßsohn und Hermann Marggraff das für Schauspieler sehr nützliche Werk bis zu Ende redigirt. Sein politischer Eifer war damals sehr lebhaft, aber fern von allen Ertravaganzen. Blum war ein heiterer Gesellschafter, und hatte Stunden, in denen man ihn für liebenswürdig halten konnte. Wenn ich ihn mir als freude¬ strahlenden Bräutigam am Hochzeitabende vergegenwärtige, und jetzt denke, wie er vor slavischen Soldaten nieder¬ knieen mußte, und aus dem mörderischen eisernen Laufe den Tod erwartete, — welch' ein furchtbarer Abstand! Er war ein häuslicher Mann, wie er denn überhaupt viele bürgerliche Tugenden hatte. Seine Frau ist die Schwester des jetzigen Parlamentsabgeordneten I. G. Gün¬ ther, der politisch mit ihm Hand in Hand gieng, wäh¬ rend beide über nationalökonomische Fragen ganz verschie¬ dener Ansicht waren. Blum nämlich, dem es an geregel¬ tem Wissen fehlte, schwärmte für die Utopie des Freihan¬ dels, wahrscheinlich weil das Wort „Frei“ in dem Worte steckt. Von der Sache selbst verstand er nichts, während Günther gerade darin umfassend unterrichtet ist. Im Jahre 1840 wuchs Blums Einfluß. Er wurde politischer Schriftsteller und schon damals von den jungen Leuten, namentlich von einem Theile der Studenten, als eine gewichtige Autorität betrachtet. Sein ganzes Wesen war geeignet, der Jugend zu imponiren. Ueber sein un¬ schönes Aeußere sah man bald weg; er blieb sich immer gleich, nichts brachte ihn aus seiner Ruhe und Gewichtig¬ keit; er argumentirte oft in sehr gewöhnlicher Weise, aber immer verständlich; seine Worte, die er mit tönender Stimme vortrug, flossen gleich mächtig und wohlklingend dahin; er würzte sie an passenden Stellen mit Schlag¬ worten und poetischen Floskeln, und da er stets nur ein lernbegieriges Publikum hatte, so regte er allemal an und erntete Dank und Beifall. Es ist nicht Zufall, sondern beruhet theilweise wenig¬ stens mit auf Blums wirklichem Verdienste, daß der ein¬ stige Gürtlerlehrbursche, der von den Geldleuten über die Achsel angesehene Theaterkassier bald in Leipzig eine öffent¬ liche Macht und eine politische Autorität wurde. Als die meisten Menschen noch politisch träge und feige waren, zeigte Blum große Thätigkeit und entschiedenen Muth. Beide ketteten die Jugend noch mehr an ihn. Er wurde endlich Mitglied der städtischen Behörde und Parlaments¬ mitglied. Er ist todt, und was an ihm zu tadeln ist, wird von der kalten, schneebedeckten Erde verhüllt, in die man seinen von Kugeln zerrissenen Leichnam eingescharrt hat. Aber man wird seine Leiche von der Donau an die Pleiße holen, und ihm, der zum Märtyrer für die Idee der Freiheit ge¬ worden, ein Ehrendenkmal setzen. Er hat eine Stelle in der deutschen Geschichte.“ Rede des Abgeordneten Wagner von Steyr über Oesterreichs Auschluß an Deutschland. Gehalten in der Sitzung der deutschen Nationalversammlung zu Frankfurt am 24. Oktober 1848. Die Gegner, die wir bis jetzt gegen den Majoritäts¬ antrag, und zwar sämmtlich speziell mit Beziehung auf Oesterreich, gehört, haben vorzüglich die politischen Ge¬ fahren hervorgehoben, die aus der bloßen Personalunion der deutsch= und nichtdeutsch=österreichischen Länder hervor¬ gehen werden. Sie haben ferner auf die Wirren der Zeit und darauf hingewiesen, daß es jetzt nicht angemessen sei, mit einem Definitivum in dieser Beziehung vorzugehen, sondern daß man einstweilen nur provisorisch etwas be¬ stimmen und einen Vorbehalt lassen müsse. Sie haben endlich darauf hingedeutet, daß sie wohl dafür wären, wenn die ganze Monarchie in das deutsche Reich einge¬ zogen würde; keineswegs könnten sie aber für eine Ab¬ trennung und eine theilweise Einziehung stimmen. Endlich wurde auch und besonders von dem vorhergehenden Redner herausgehoben, daß eine solche Abtrennung auf die allge¬ meine Antipathie in den österreichischen Ländern stoßen würde, wobei namentlich einiger Länder vorzugsweise er¬ wähnt wurde. Was nun die politischen Gefahren betrifft, so wurden allerdings viele Behauptungen mit schönen Worten aufgestellt, doch vermißte ich hiefür den Beweis. Beredtere Zungen als die meinige haben dieses Ihnen genügend besprochen. Man stellte einerseits die große Ge¬ fahr heraus, daß das nichtdeutsche Oesterreich von dem deutschen Oesterreich sich ganz abtrennte, andererseits der deutsche Einfluß in dem nichtdeutschen Oesterreich ganz auf¬
322 hören oder gelähmt werden würde. Was die Gefahr der Trennung betrifft, so glaube ich, daß, wenn je die Tren¬ nung eintritt, sie jetzt eintreten wird. Nicht erst die Per¬ sonalunion wird diese Trennung bewirken, sondern jetzt ist der Zeitpunkt, wo sie vielleicht eintritt. Das Schlimmste also, was in dieser Hinsicht geschehen kann, ist die Ab¬ trennung des nichtdeutschen Oesterreich von dem deutschen Oesterreich, sei es nun, daß das nichtdeutsche Oesterreich sich als Bundesstaat, oder als eine kompakte Masse, als ein einiger ungetheilter Staat konstituire. Ich gestehe auf¬ richtig, nicht den panischen Schrecken zu theilen, den Viele gegen eine solche Abtrennung kundgegeben haben, nament¬ lich wenn ich andererseits die Gefahren berücksichtige, die aus einem einigen ungetheilten Oesterreich für das Deutsch¬ thum entspringen, für das wir hier in der Paulskirche stehen. Deutsche Bildung in Oesterreich mußte wie ein Schiff die anderen Länder in's Schlepptau nehmen. Das haben wir oft und lange gefühlt. Ich habe in dieser Hin¬ sicht lange vor der Revolution von Patrioten, von Män¬ nern mit Namen und Klang, die auf beiden Seiten dieses Hauses gewiß Achtung finden würden, und auch verdienen, ich habe mit einem Worte von ehrenhaften Männern ge¬ hört, daß sie eine solche Abtrennung der deutschen und nichtdeutsch= österreichischen Lande durchaus für kein Un¬ glück, sondern für ein Glück betrachten würden. Nicht Absolutismus war es, der manchen Fortschritt in Oester¬ reich hemmte. Von dieser Seite müßte ich ihn sogar in Schutz nehmen. Es war das Konglomerat, es war jene unnatürliche Verbindung von Ländern, die in ihrem Bil¬ dungsgange und in ihren Verhältnissen so verschieden waren, und die nur der Kitt des Despotismus so lange zusammen¬ halten konnte. Die Gegner sprachen auch von deutschem Einflusse und davon, daß dieser deutsche Einfluß in den nichtdeutschen Ländern bei einer solchen Abtrennung, oder, sagen wir, bei der bloßen Personalunion untergehen würde. Man wies in dieser Hinsicht besonders auf die Donau¬ länder und darauf hin, wie sehr es zu wünschen wäre, daß der deutsche Einfluß dort vermehrt werde. Diesen Wunsch theile ich gewiß von ganzem Herzen; aber war denn jetzt der deutsche Einfluß so mächtig und groß, und ist nicht vielmehr zu fürchten, daß in einem ungetheilten konstitutionellen Oesterreich und unter Vermittelung seines Reichstages, worin die slavische Mehrheit überwiegt, der deutsche Einfluß noch kleiner sein werde, als jetzt, wo eine deutsche Dynastie mit absoluter Herrschaft viel mehr deutschen Einflut üben könnte. Bedenken Sie dieß recht wohl. Die deutsche Dynastie konnte bis jetzt unbeschränkt deutschen Einfluß geltend machen, und doch ist es nicht geschehen. Ich wiederhole es, der deutsche Einfluß würde in einer konstitutionellen Monarchie, wo so viele slavische Elemente auf dem Reichstage überwiegen, noch kleiner werden, mit andern Worten, der slavische Einfluß würde sich alsdann mehren, nicht aber der deutsche. Das Wort natürlicher Verband wurde sehr oft wiederholt auf dieser Bühne für viele Länder. Was die Donauländer und Ungarn betrifft, so ist es hier an seinem Platze, aber wenn Deutschland groß und stark ist, haben wir nicht den Einfluß einer Verbindung zu suchen, sondern man wird uns suchen. Es ist kein Zweifel, daß wenn sich das nichtdeutsche Oesterreich als eigener Staat konstituirt, es sein höchstes Interesse haben muß, mit Deutschland innig verbunden zu sein. Das wollen wir auch. Man spricht so viel von Panslavismus; ich glaube aber, der Panslavismus ist nur dann gefährlich, wo das slavische Element in eine positive Gefahr kommt. Dann wird sich das slavische Element nach Rußland wenden. Wir haben das praktisch gesehen. Wir haben gesehen, daß selbst in Polen sich einmal einige Zeit für Rußland viele Theil¬ nahme zeigte, aber diese Sympathieen sind nur momen¬ tan, auf ein momentanes Ziel gerichtet. Wenn Deutsch¬ land einen weisen Einfluß ausübte auf das slavische, wa¬ lachische und ungarische Reich, wenn Oesterreich, welches sich bilden wird, mit weiser Politik nicht eine Nationa¬ lität allein begünstigt, sondern den Staatsverband begün¬ stigt, dann ist vom Panslavismus nichts zu fürchten. In dieser Beziehung muß ich sagen, so sehr ich ein Freund Ungarns bin, und so sehr ich wünsche, daß man mit Ungarn eine Verbindung anknüpfe, daß ich doch nicht ein Magyaromane bin, der die Verbindung mit Ungarn auf Kosten einer anderen Nationalität wünscht. Ich wünschte eine Verbindung Deutschlands mit dem nichtdeutschen Oester¬ reich, mag dieses als kompakte Macht sich konstituiren, oder mag es in Zukunft als Bundesstaat bestehen. Das ungarische, slavische und walachische Element müssen aber mit weiser Politik nie vereinzelt unterstützt werden. — Man hat endlich der pragmatischen Sanktion mehrere Male von dieser Tribüne aus erwähnt. Das Thema ist oft besprochen worden. Man sprach von ver¬ gilbten Dokumenten. Ich muß sagen, ich verwerfe nicht unbedingt die vergilbten Dokumente. Die magna charta und andere vergilbte Urkunden sind es, welche den Völ¬ kern die Freiheit gebracht haben. Aber ich unterscheide zwischen vergilbten Dokumenten und solchen, welche die Hand der Zeit, die Hand der Revolution zerrissen hat. Wahren Sie den deutschen Einfluß auf eine andere Weise durch Begünstigung der Auswanderung, durch Anbahnung diplomatischer Verhältnisse, durch Erhaltung der Sympa¬ thieen, die ganz besonders in den Donauländern für Deutsch¬ land vorherrschend sind. Es ist bekannt, daß dermalen ein walachischer Gesandter in Frankfurt sich befindet, der den Schutz Deutschlands nachsucht. Benutzen Sie schon die Gelegenheit, denken Sie frühzeitig an die Anbahnung dieser Verbindung. Der Herr Reichsminister hat gestern angedeutet, daß diplomatische Verhältnisse eingeleitet wer¬ den sollen, daß man einen Reichskonsul dorthin bestimmen werde. Ich kann nur wünschen, daß die Sache mit allem Ernste und mit aller Wahrheit ergriffen und ver¬ folgt werde. (Bassermann vom Platze: Es geschieht!) (Fortsetzung folgt.) Saranerliche Rchitenr Aler. Jal. Schindier; Munsdatenr Z. 15. Arming. Druck und Verlag von Haas in Steyr.
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2