310 von einem Konstabler.“ — „Reaktion verzieh dir! du bist schief jewickelt!“ (Mit einem Holzschnitte, der drei schief gewickelte Wickelkinder darstellt, in welchen man einen Geistlichen, einen Offizier und einen Bureaubeamten er¬ kennt.) „O Schulze aus Wanzleben, warum hast du uns des jethan?“ (Hierauf drei Offiziere mit verzweifelten Gesichtern.) „Still gestanden, reaktionäre Offiziere! zum Abmarschiren richt Euch! kehrt! marsch!“ (Mit einem ähnlichen Bilde.) „Gespräch zwischen Herrn Held, dem wackern Kämpen für Freiheit und Recht, und Herrn von Katte, dem Präsidenten des Preußenvereins, wie solches stattgefunden hat, auf Veranlassung der Demokratenintrigue des berühmten Fräuleins Oho von Haha.“ — „Allerliebster Herr General Druf! Man wirf widder Kardätschen! Pe¬ tition von die bekannten lieben Berliner.“ (Mit dem Bilde von drei Berlinern, die zwischen zwei Kanonenläufen stehen.) Deutschlands ernsteste Stunde.?) Von Fürst Ludwig zu Oettingen=Wallerstein, gewes. königl. bayr. Staatsminister. Seit den Barrikadentagen vertreibt sich der gute Michel die Zeit in ganz eigenthümlicher Weise. Er sammelt Pro¬ ben gegenseitiger Unhöflichkeiten seiner Vertreter, untersucht diese höchst umständlich, mittelst Mikroskops und Gold¬ wage, bildet sich bei jeder Untersuchung einen ungeheuern Zorn ein, und schiebt dann immer wieder Sorte für Sorte in die Tasche unter dem gutmüthigen Ausrufe „Wettauf.“ Wer möchte dem jungen Manne unschuldige Spässe mi߬ gönnen? Doch irren wir nicht, so nehmen inzwischen seine Pflegerinnen auf seine Rechnung gar gewaltige Dinge vor. Darum möchten wir ausrufen, „bester Michel, Augen auf.“ Base Diplomatie verwendet neuerlich kein Auge von der Karte. Ihre Gespräche schwärmen für Oesterreichs „thatsächliche Integrität,“ verpönen den bloßen Gedanken volles Deutschwerden jenseits des Inns und hören nicht auf zu demonstriren, wie unter den deutschen Großmächten Preußen allein verurtheilt sei zum Aufgehen in Deutsch¬ land. Auch entwischt schwatzhaften Zofen das in den Gar¬ dinen erlauschte Wörtchen Mediatisirung.“ Und während die stattliche Matrone also spricht halten bereits preußische Truppen den größten Theil Südwestdeutschlands besetzt, und tragen Rothmäntel und kongrevische Batterien eben keine geringe Lust, den theoretischen Satz vor Wien in feurige Wirklichkeit zu verwandeln. Glauben kann eine so erfahrene Frau unmöglich an derartige Reden; denn sie weiß gar wohl, daß die Frage der Vereinbarkeit des Schwarzrothgold in den österreichischen Erbstaaten mit dem Schwarzgelb der österreichischen Ge¬ sammtmonarchie das einfachste Ding von der Welt ist; sie weiß, daß Oesterreich über kurz oder lang doch nichts übrig bleibt, als die Erblande nebst Tirol und Salzburg in ein deutsches, Italien in ein italienisches, Gallizien in ein polnisches Königreich oder Großherzogthum zu verbinden, jedem derselben, sowie Ungarn und Bohmen ein eigenes Parlament mit einem nationalen Ministerio und einem reellen Vicekönig zu geben, und Wien zu dem Sitze des Gesammtkaisers, des Gesammtministeriums und des Ge¬ sammtkongresses der einzelnen Territorialparlamente zu ge¬ statten. Sie weiß, daß eine solche Maßregel nicht weniger als den Zerfall Oesterreichs nach sich zieht daß, was Na¬ poleon, diese Inkarnation aller Machlgelüste und Centrali¬ sationstendenzen, Italien in der Zeit des höchsten Despo¬ tismus bewilligte, doch auch noch anwendbar bleiben muß auf Tage gesetzlicher Freiheit, ja daß, wenn etwas Oester¬ reich retten kann, das Heil gerade in einer Decentrali¬ sation ruht. Sie weiß endlich, daß das so gestaltete Oester¬ reich seine deutschen Bestandtheile dem deutschen staaten¬ bündlichen Bundesstaate, seine italienische der italischen Konföderation einverleiben und dabei so gut eine Gro߬ macht bleiben kann, als die Niederlande, als Dänemark europäische Mächte bleiben, trotz der angesprochenen deutschen Natur Holsteins, Schleswigs und Limburgs. Woher denn plötzlich die zarte Rücksicht auf Oester¬ reich, die scheinbare Strenge gegen Preußen? Allem An¬ scheine nach daher weil Deutschland in Preußen aufgehen soll und dieses Aufgehen nur unter der Voraussetzung eines halb und halb außerdeutschen Oesterreichs durchführ¬ bar erachtet wird. Woher ferner das geheimnißvolle Hin¬ deuten auf Mediatisirung einzelner kleinerer Gebiete? Da¬ her, weil vielleicht — gewisse Territorialvergrößerungen nöthig erscheinen, um die größeren Fürsten der obener¬ wähnten Idee zu befreunden, und weil bei den künftigen inneren Abgrenzungen Deutschlands dynastische über na¬ tionale Rücksichten das Uebergewicht behaupten sollen. Aber wie natürlich auch der Hinblick sein möge, auf Preußen, diesen größten unter den deutschen Staaten: preußische Hegemonie in welch' immer eine Form geklei¬ det, darf nicht stattfinden auf Kosten deutscher Einheit. Ohne deutsches Oesterreich und Deutschland engbefreun¬ detes Ungarn keine nationale Größe, keine feste Grenz¬ mauer gegen den slavischen Osten, ja die Donau ein sla¬ visirter Strom! Wie nothwendig ferner die Konzentration unseres zersplitterten Landes in größere Staaten oder Staa¬ tengruppen erscheine:**) ohne eine Kreiseintheilung nach Stammesverwandtschaften und Kontinquität, ohne Mediatisirung gemäß eines klar erkann¬ ten Prinzips und gemäß der wahren Wünsche des deutschen Volkes, kein frisches Leben, keine halt¬ baren Verhältnisse, kein Aufschwung im Innern. Trügen uns nicht alle Zeichen, so hat Deutsch¬ lands ernsteste Stunde geschlagen. Sie Diplo¬ matie arbeitet. Während die Männer in Fraukfurt sich in Persönlichkeiten ergehen, einander erzürnen, vergeben, wie¬ der zürnen, wieder vergeben, kämpft vielleicht der Slavis¬ mus die Entscheidungsschlacht gegen das vereinte (von seinen anarchischen Auswüchsen wohl zu unterscheidende) deutsch=magyarische Interesse und bereiten sich allem An¬ scheine nach faits accomplis von weit größerem Gewichte, als der vielbesprochene Malmöer Vertrag. Darum, ihr Herren in Frankfurt, weg mit den Zwi¬ sten, die Blicke geheftet auf Deutschlands ernsteste Stunde! *) Dieser Aufsatz, aus der deutschen konst. Zeitung, gibt einen neuen Beweis daß weise und erfahrene Staatsmänner mit den Ansichten dieser Blätter zusammen¬ treffen. Um Gotteswillen, ihr Deutschen in Oesterrech, seid doch alle deutsch Die Red. michehtee Verantwortlicher Redakteur Alex. Jul. Schindler; Mitredakteur F. W. Arming. Druck und Verlag von Haas in Steyr.
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