Zwanglose Blätter, Nr. 74, vom 29. November 1848

309 Jellachich vor der ganzen Versammlung umarmt und ge¬ küßt. Der Ban hielt dann eine Rede, in welcher er alle Ungerechtigkeiten herzählte, welche eine Handvoll öster¬ reichische Deutsche und Magyaren den slavischen Völkern angethan, wobei er in seiner Begeisterung ausrief: daß die Zeit der Vergeltung gekommen ist und daß Oesterreich ein Slavenreich werden muß; dieses versprach ihm auch Windischgrätz daß es so werden wird. (Man muß wissen, daß die ganze Armee um Wien, außer drei Regimentern, aus Slaven besteht.) — Die Wiener vergöttern den Ban und nennen ihn ihren Erretter. — Die Sereschaner haben an 4000 Studenten und Proletarier niedergemacht; der Ban hat ihnen das Plündern der Häuser erlaubt, aus welchen auf sie gefeuert worden war er sendet uns 50,000 Gewehre, welche unsere Grenzer von den Wienern erobert haben; der Ban hat dieselben von ihnen gekauft; für jedes Gewehr erhielten unsere Grenzer einen neuen Thaler, deren der Ban nun eine unzählige Menge besitzt. Der Ban spricht jetzt immer nur vom Slaventhum, und es hat das ganze Ansehen, daß Oesterreich als sla¬ vischer Staat proklamirt werden wird.“ Aus Laibach aber, einem der Hauptwaffenplätze des Slaventhums im Süden der Monarchie bringt die Cillier¬ Zeitung nachstehende Korrespondenz, deren Wahrheit auch schon von andern Seiten bestätigt ist, und uns wohl länger keinen Zweifel mehr übrig läßt, was wir von einem centralisirten Oesterreich zu erwarten haben. „Der krainerische ständische Ausschuß hat beschlossen auf die Zuschrift der oberösterreichischen Stände, rücksichtlich des Zusammentretens der sogenannten alrösterreichischen Provinzen, nicht einzugehen, sondern in einer Adresse an Se. Majestät die Bitte gestellt, die Abberufung sämmt¬ licher österreichischer Deputirten von dem Frankfurter Parlamente zu verfügen, da dieselben unvermögend seien, Beschlüsse zu hindern, welche den Fortbestand eines starken, einigen und freien Oesterreichs im deutschen Staatenbunde gefährden. Krain habe gegen seine Ueberzeugung und ohne Sympathie Abgeordnete für das deutsche Parlament gewählt, und könne nicht zugeben, daß es einen integri¬ renden Theil Deutschlands bilden soll. Meiner Politik ist jeder Plan ferne, der den Glanz des alten Erzhauses Oesterreich trüben könnte. Aber ich lebe der Ueberzeugung, daß es für den Fortbestand deutschen Rechtes, deutscher Sitte, deutscher Sprache und aller an¬ deren Faktoren der Nationalität der Deutschen unter der Krone Oesterreich doch noch nützlicher wäre, der alte Ab¬ solutismus bestünde, als es entstünde eine Konstitution mit einer gemeinschaftlichen Vertretung der Völker Oester¬ reichs nach dem Verhältnisse der Seelenzahl. Denn dann wird die Majorität unvermeidlich slavisch sein, dann bekommen wir unvermeidlich slavische Gesetze, sla¬ vische Minister, slavische Richter, eine slavische Po¬ litik, zuletzt die slavische Sprache in den Schulen, und unsere Urenkel würden als Touristen, die an Naturschön¬ heiten ewig reichen Thäler des Salzburgerlandes durch¬ ziehend mit gelehrtem Interesse den ungewohnten Tönen einer kräftigen Sprache lauschen, die sich in den Hütten eines armen genügsamen Volkes am Rande der Gletscher, zwischen dem Brausen der Wasserfälle und dem einsamen Geläute der Kuhglocken trotz aller blutigen Stürme, die Ebenen und Thäler durchwühlten in alter Kraft erhalten hat. Es wird für sie von historischem Interesse sein, daß in diesen Klängen ihre Ahnen sprachen für die Freiheit und Selbständigkeit der Enkel, die eine blinde und ver¬ weichlichte Mitwelt nicht zu erhalten vermochte, daß in diesen Tönen an den Ufern der Donau einst Dichter san¬ gen, Richter Recht sprachen — in diesen Tönen der deutschen Sprache — die aber auch dann noch durch die ortgeschrittene Bildung von Jahrhunderten geläutert und vervollkommt bei frohen, glücklichen Völkern am Rhein, der Weser und der Elbe in alter Kraft und neuer Schön¬ heit blühen wird. Aler. Jul. Schindler. Berliner Straßenliteratur. Folgenden Blumenstrauß von Titeln der in Berlin feilgebotenen Flugblätter stockpreußischer Gesinnung theilt die „Köln. Ztg.“ mit: „Michelken in de Provinzen, wirste denn jar nich klug? Ein sehre offenes Wort von Aujust Buddelmeyer, Dajesschriftsteller mitn jroßen Bart.“ „Die Freiheit is in't Wasser jefallen, ik hab ihr hören plumpen, und wär ik nich hinzujesprungen, so wäre sie verdrunken.“ — „Is Preußen det Volk? Is Charlotten¬ burch det Volk? Sind Konstabler det Volk? Is Berlin det Volk? Sind die Studenten det Volk? Oder aber is Deutschland det Volk?“ — „Der Jeist des 3. Aujust.“ (Enthält einen Holzschnitt, welcher Friedrich Wilhelm III. im bürgerlichen Nocke, aber mit der Militärmütze darstellte. Darunter stehen, dießmal aus Respekt für den verstorbenen König, ausnahmsweise im richtigen Hochdeutsch die Worte: Ich grüße dich, mein braves Volk, aus meinem stillen Grabe; bau rüstig fort, was ich mit dir bereits begonnen habe.) „Nu jrade een Hurrah für den Prinzen von Preußen!“ — „Wer will huldijen? ik nich, wer noch?“ (Hierauf drei Soldaten mit großen Flinten und wüthenden Gesichtern.) „Ik will wissen, wovor der olle Fritze jelebt hat! Antwort! Warum hat der olle Fritze Schlesien er¬ obert?“ (Gegen den Reichsverweser.) „Der alte Fritz an seine lieben Berliner.“ (Von deutscher Gesinnung.) „Die Theekessels in Frankfurt sind an dem janzen Scan¬ dal schuld!“ (Hierauf eine Menge von Theekesseln mit menschlichen Gesichtern.) „Konstablers Freuden und Lei¬ den. Jeschildert in einem Briefe an seine Jelübte.“ „Gespräche zwischen dem deutschen Reichsadler und dem preußischen Adler. Belauscht und zu Protokoll gegeben

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