Zwanglose Blätter aus Oberösterreich. Nro. Steyr am 22. November 1848. 72. Der Freiheit Schlacht, wenn einmal sie begonnen, Vom Ahn zum Enkel blutig fortgesponnen, Wie oft sie auch mißlingt, wird stets gewonnen. Byron. Ein Blick in die Zukunft der deutsch=österreichi¬ schen Provinzen in Folge der 88. 2 und 3 Art. II. der deutschen Reichsverfassung.*) Die Nationalversammlung zu Frankfurt hat in der Sitzung vom 26. v. M. mit 316 gegen 90 Stimmen den Beschluß gefaßt, daß, wenn ein deutsches Land mit einem nicht¬ deutschen Lande dasselbe Staatsoberhaupt hat, das Ver¬ hältniß zwischen beiden Ländern nach den Grundsätzen der reinen Personalunion zu ordnen sei, d. h. daß deutsche Länder zwar mit nichtdeutschen den nämlichen Regenten haben können, mit denselben aber nicht in Einen Staat zusammengeschmolzen werden dürfen. Dieser Beschluß ist für uns Deutsch¬ österreicher, die bisher mit Slaven, Italienern und Ungarn in einem ziemlich widernatürlichen staatlichen Verbande standen, von großer Wichtigkeit. Bisher mußte nämlich in der Gesetzgebung und in allen öffentlichen Einrichtungen auf die Bedürfnisse und Eigenthümlichkeiten dieser vier Nationalitäten Rücksicht genommen werden. Manche An¬ ordnung, welche für uns Deutsche von großem Vortheile gewesen wäre, konnte nicht getroffen werden, weil sie für Slaven oder Italiener nicht gepaßt hätte, manches für uns drückende Gesetz mußten wir uns gefallen lassen, weil es der andern Nationalitäten wegen für nothwendig be¬ funden wurde. Für jede Nationalität aber eine eigene Gesetzgebung und Verwaltung einzuführen, dieß ließ das dem Absolutismus bequeme Centralisirungssystem nicht zu. Und doch waren unsere deutschen Interessen während der Herrschaft des Absolutismus weniger gefährdet, als sie es durch eine konstitutionelle Verfassung der Gesammt¬ monarchie werden müssen. Denn unter dem Absolutismus legten das deutsche Kaiserhaus und die deutsche Haupt¬ stadt zu unsern Gunsten einiges Gewicht in die Wagschale, welche beiden Momente aber mit Einführung der Konsti¬ tution ihre Bedeutung verloren haben. Von da an müssen sich nämlich unsere Gesetze und Einrichtungen nach den *) Wir bitten unsere Leser dringend um Würdigung oder Widerlegung dieses Artikels. Die Red. Beschlüssen des Wiener=Reichstages gestalten, der aus den Abgeordneten von Gallizien, Mähren, Böhmen, Oester¬ reich, Steiermark, Salzburg, Tirol, Dalmatien und Illy¬ rien zusammengesetzt ist. In dieser Reichsversammlung sind aber die Deutschen den Slaven gegenüber bei weitem in der Minderzahl (wie 1 zu 2), weil in obigen Provinzen die Zahl der Slaven die Zahl der Deutschen um das Dop¬ pelte übersteigt.*) Daher geschah es auch, daß bisher in Wien alle wichtigen Reichstagsbeschlüsse nach dem Sinne der slavischen Abgeordneten, unter denen sich die aus Böh¬ men durch politische Bildung und Rührigkeit hervorthun, ausgefallen sind; und wir dürfen mit Gewißheit darauf rechnen, daß auch in Zukunft daselbst alle Fragen, welche nationale Interessen betreffen, zu unserem Nachtheile und zu Gunsten der Slaven entschieden werden. Ja es dürfte, wenn der österreichische Reichstag in seiner gegenwärtigen Zusammensetzung bleibt, schon in wenigen Jahren die sla¬ vische Sprache, weil sie die Muttersprache der überwie¬ genden Mehrzahl ist, zur allgemeinen Geschäftssprache er¬ hoben und ihr selbst auf dem Reichstage die Alleinherrschaft eingeräumt werden. Man werfe mir da nicht vor, daß ich zu schwarz sehe, und daß es so weit nie kommen werde. Denn es ist diese Folge so gewiß und natürlich, daß sie sich füglich gar nicht vermeiden läßt. In einem konstitu¬ tionell regierten Staate läßt sich der Mehrzahl nirgends die Sprache der Minderzahl als Geschäftssprache aufdrän¬ gen, und so wie unsere deutschen Landsleute in Nordame¬ rika sich die englische, in Frankreich die französische, in Ungarn die magyarische Sprache als Geschäftssprache ge¬ fallen lassen müssen, so werden auch wir uns nicht er¬ wehren können, daß die slavische Sprache — vielleicht in ein paar Jahren schon — zuerst auf unserem Reichstage dann in unseren Kanzleien eingeführt und zugleich deren Kennt¬ niß als unerläßliches Erforderniß zur Erlangung jeder öffentlichen Anstellung vorgeschrieben wird. Da ferner die konstitutionelle Verfassung es mit sich bringt, daß die Ministerstellen und die ersten Staatsämter *) Das Mißverhältniß würde um so schreiender werden, wenn, wie es wahr¬ scheinlich beantragt ist, auch Kroatien diesen Provinzen zugetheilt werden sollte.
300 aus Anhängern jener Parthei besetzt werden müssen, welche am Reichstage die Mehrzahl bildet, so werden die Slaven nicht nur bei Hofe und in den höchsten Staatsämtern den Vorzug haben, sondern unter Begünstigung derselben wer¬ den auch die deutschen Provinzen immer mehr mit slavischen Beamten überschwemmt, die deutschen aber auf die Seite geschoben werden, so daß am Ende sie unsere Herren, wir aber in unserem eigenen Vaterlande ihre Knechte sein werden. Beachtenswerth ist in dieser Hinsicht die öffentliche Aeußerung eines hervorragenden czechischen Deputirten am Wiener Reichstage: „Es hänge jedenfalls von den Slaven ab,“ sprach er, „ob Oesterreich ein deutsches oder ein sla¬ visches Kaiserthum werde.“ Nach meinen obigen Andeu¬ tungen ist dieser Ausspruch keineswegs übertrieben; ja er spricht sogar noch zu wenig aus, insoferne es in der Na¬ tur der Sache liegt, daß die herrschende Parthei, wenn sie zugleich die überwiegende Mehrzahl ausmacht, nach und nach die Minderzahl nothwendig ganz in den Hinter¬ grund drängen und absorbiren muß. Ein in die Augen fallendes Beispiel davon gibt uns Großbritannien, wo die Irländer, ungeachtet ihre Zahl 7 Millionen beträgt, so wenig Geltung haben, daß man sie fast ganz übersieht, und das Reich nur schlechtweg das Königreich „England,“ seine Angehörigen aber, ohne Rück¬ sicht ihrer Nationalität „Engländer“ nennt. — Wie klassisch würde es klingen, wenn man unsere Monarchie einst das Kaiserthum „Czechien“ oder „Slavien“ nennen würde?!? Freilich sind nicht alle Slaven so aufrichtig wie der oben angeführte Deputirte; sie wollen uns nicht einschüch¬ tern, so lange die Frage wegen dem Anschlusse an Deutsch¬ land noch in der Schwebe ist; sie wollen vielmehr häufig unsere Besorgnisse für ganz grundlos, ja sogar lächerlick erklären, indem sie uns hoch und theuer versichern, daß nicht sie uns, sondern vielmehr wir ihnen gefährlich seien. Sie machen uns die schmeichelhaftesten Komplimente über unsere hervorragende Bildung, über unsere geistig Ueberlegenheit; sie wollen uns sogar glauben machen, daß deutsche Wissenschaft und deutscher Geist die Kraft habe, nicht bloß ihrer Zahl= und Machtüberlegenheit erfolgreichen Widerstand zu leisten, sondern sie nach und nach so zu durchdringen, daß sie am Ende aus Slaven zu Deutschen werden. Aber wenn wir solche Reden hören, so mögen wir an das Sprichwort denken: Fistula dulce canit, volucrem cum decipit auceps, Zu deutsch: Mit Speck fängt man Mäuse. Bei solchen Reden ist der Verdacht wohl nicht unge¬ gründet, daß sie damit nur unsere Vorsicht einschläfern wollen, für sich aber eine ganz andere Ueberzeugung haben. Und wenn die Herren Slaven auch so gerecht sein sollten deutscher Bildung und Wissenschaft den Vorzug einzuräu¬ men, so ist demselben doch so gut wie uns aus der Ge¬ schichte bekannt, daß im Kampfe der Nationalitäten, Gei¬ stesbildung und Wissenschaft von jeher unzureichende Waffen waren gegen die Ueberlegenheit an äußerer Macht und an Zahl. So wurde Griechenland trotz seiner h. Bildung von den halbwilden Macedoniern unterjocht und später auf seinen Trümmern das oströmische Reich errichtet, welches wiederum zwar einige Jahrhunderte in Kunst und Wissen¬ schaft blühte, aber dadurch die endliche Eroberung durch die Türken nicht abwenden konnte. So erwies sich auch im weströmischen Reiche Wissenschaft und Bildung als ein unzureichender Schutz gegen das Eindringen der nördlichen Barbaren, die zwar nach und nach römische Bildung in sich aufnahmen, aber dessenungeachtet die römische Natio¬ nalität vernichteten. Vor einem ähnlichen Schicksale kann uns nur die Ausführung des Eingangs erwähnten Frankfurter=Parla¬ ments=Beschlusses retten, vermög welchem nun die deutsch¬ österreichischen Provinzen mit den nichtdeutschen nur durch den gemeinschaftlichen Regenten in Verbindung bleiben, sonst aber ihre Angelegenheiten unbeirrt von denselben ein¬ richten sollen. Demgemäß werden auch die deutsch=öster¬ reichischen Deputirten am Wiener=Reichstage unsere Ver¬ fassung mit Ausschluß der Deputirten aus den rein¬ lavischen Provinzen, Galizien und Dalmatien zu berathen und zu beschließen haben. Durch den Austritt dieser nicht¬ deutschen Abgeordneten wird der Einfluß des Slavismus, der bisher wie ein Alp auf unsere Abgeordneten drückte, gebrochen und sie werden in die Lage gesetzt, unsere Ver¬ fassung mehr in deutschem Sinne einzurichten, dabei auf unsere deutschen Sympathieen, Interessen und Sitten ge¬ bührende Rücksicht zu nehmen, sowie überhaupt uns von den Uebergriffen fremder Nationalitäten zu schützen. Da¬ durch allein kann der Anschluß an Deutschland in commer¬ zieller und politischer Beziehung eine Wahrheit werden. Zoll= und Mautschranken können wegfallen, eine gleich¬ förmige Wehrverfassung hergestellt, und in der Gesetzge¬ bung und Verwaltung mehr Einheit angebahnt werden. Wenn ferner der Beschluß über das Personal=Unionsver¬ hältniß folgerichtig durchgeführt wird, dürfen in den deutsch¬ österreichischen Provinzen nur solche Beamte angestellt wer¬ den, welche in diesen geboren oder eingebürgert sind; so wie auch unsere Landeskinder beim Militär nicht mehr in nichtdeutsche Provinzen verlegt werden sollen; eine Konse¬ quenz, gegen welche unsere Rekrutirungspflichtigen und ihre Angehörigen gewiß nichts einzuwenden haben werden. Es fehlt freilich nicht an Einwendungen, welche gegen die Ausführung des ofterwähnten Beschlusses vorgebracht und wodurch die Ansichten der minder scharfsichtigen irre geführt werden. Wir wollen diese Einwendungen näher untersuchen, und ihren Werth genauer abwägen. Man wendet sich zuerst an unsern österreichischen Pa¬ triotismus, der darüber empört sein müsse, „wenn der österreichische Gesammtstaat getheilt werde“ „wenn das Band zwischen dessen Völkern gelöst und jede Gemeinschaft einzig auf die Person des Regenten eingeschränkt werde,“ „der österreichische Gesammtstaat würde aus der Geschichte verschwinden, „Deutschlands Zukunft beruhe auf Oester¬ reich,“ „Oesterreich, das alte Bollwerk Deutschlands gegen Osten, das deutschen Geist an die fernen Ufer der Donau trug, werde auch deutsche Freiheit nach jenen Gegenden (Schluß folgt.) bringen,"*) u. s. w. *) Sieh die Erklärung der 35 österreichischen Abgeordneten in Frankfurt, welche gegen §. 2 und 3 der Reichsverfassung gestimmt haben.
301 Eine Weissagung Napoleons. Napoleon sprach einst zu Las=Casas: „Frankreich wird abermals Republik, denn keine Hand wird es wagen, sich eines Szepters zu bemächtigen, der ihr zu schwer ist. Das Haus Orleans, obgleich beliebt, ist zu schwach. Es hat zu viel von den andern Bourbonen, und wird deren Schicksal theilen, wenn es nicht etwa, welche Ver¬ änderungen sich auch zutragen mögen, hinfort dem Bür¬ gerstande anzugehören vorzieht. Noch einmal wird Frankreich Republik sein, Deutsche, Preußen, Polen, Italiener, Dänen, Schweden und Rus¬ sen werden sich mit ihm in einem Kreuzzuge zu Gunsten der Freiheit vereinen. Die Fürsten werden sich beeilen, den Völkern Zuge¬ ständnisse zu machen, sie werden im Besitze einer be¬ schränkten Gewalt sich selbst konstitutionelle Könige nennen. Auf diese Weise wird das Feudalsystem seinen Todesstoß empfangen; gleich dem Nebel auf den Gewässern des Ozeans wird es beim ersten Strahle der Sonne der Frei¬ heit zerstoben sein. Aber hiebei wird es nicht bleiben; das Rad der Re¬ volution wird nicht aufzuhalten sein, sein Ungestüm wird sich verfünffachen, und seine Schnelligkeit in gleichem Ver¬ hältnisse zunehmen. Die Staaten Europa's werden vielleicht während ei¬ niger Jahre in einem beständigen Zustande der Bewegung sich befinden, und dem Boden in dem einem Erdbeben vorhergehenden Momente gleichen; endlich aber macht sich die Lava frei, und mit der Erplosion ist Alles zu Ende. Der Bankerott Englands wird die Lava sein, welche die Welt erschüttern wird. Glauben Sie mir, Las=Casas, ebenso wie die Reben, welche man in die Asche des Vesuvs und des Aetna pflanzt, die köstlichsten Weine erzeugen, ebenso wird der Baum der Freiheit unerschütterlich werden wenn er in jener Lava Wurzel geschlagen hat, die alle Länder überschwemmen wird. Möge er Jahrhunderte hindurch grünen und blühen. Diese Ansichten kommen ihnen in meinem Munde son¬ derbar vor, nichtsdestoweniger sind es die meinigen. Ich war zum Republikaner geboren, aber das Schick¬ sal und die Opposition Europa's haben mich Kaiser werden lassen. Jetzt erwarte ich die Zukunft.*) *) Wir geben diesen Aufsatz als historisches Kuriosum. Die ersten Worte des Kaisers sind bereits eine Wahrheit geworden. Wir theilen den Wunsch des großen Todten, daß der Baum der Freiheit unerschüttert grüne und blühe, aber das ge¬ bietet uns beizufügen, daß er in der milden Lenzluft des Friedens und der humanen Bestrebung gedeihen, und daß kein Blutregen seine Wurzeln tränken möge. Zur Geschichte des Tages. Man schreibt aus Wien: „Die Befestigungsarbeiten unserer Bastionen haben begonnen, sobald sie vollendet sind, wird das in der Stadt lagernde Militär dahin ver¬ legt werden. Es heißt, es werden ungefähr 30,000 Mann hier bleiben.“ Die stattfindenden außerordentlichen Ver¬ stärkungen der Befestigungen Wiens deuten darauf hin, daß die herrschende Militärgewalt, das unverantwortliche Ministerium des konstitutionellen Thrones einen Angriff von Außen erwartet. Woher soll dieser kommen? Sichert sich die gegen Ungarn bestimmte Armee, im Falle daß sie zurückgeworfen würde, ein festes Winterquartier? Oder beabsichtigt das österreichische Kabinet ein so feindseliges Auftreten hinsichtlich der §§. 2 und 3, daß es ihm nöthig erscheint, das deutsche Wien in den Stand zu setzen eine deutsche Belagerung auszuhalten? Nach Berichten des österreichischen Korrespondenten (der Hofzeitung) kommen von Olmütz wiederholte Auffor¬ derungen nach Schönbrunn, der Residenz des Fürsten Win¬ dischgrätz, Gnade — Milde angedeihen zu lassen für Recht. Nichtsdestoweniger lesen wir täglich standrechtliche Urtheile in der Wienerzeitung kundgemacht — der Fürst scheint in der That nach jeder Seite hin unbeschränkte Ge¬ walt zu haben. Die am 12. November vom Finanzministerium kund¬ gemachte Uebersicht weist ein Defizit von 60 Millionen in einer eilfmonatlichen Periode aus. Es entstand außer Einnahmausfällen aus Ungarn und Italien, vorzüglich aus dem vermehrten Aufwande für das Militär. Fürwahr, Oesterreich muß seine kurze Freiheit theuer bezahlen. Es ist uns um eine Menge der zuletzt in Wien er¬ schienenen großen und kleinen, taktlosen Blätter durchaus nicht leid, auf's Lebhafteste beklagen wir hingegen das fort¬ dauernde Verbot der ostdeutschen Post der allgemeinen österreichischen Zeitung und mehrerer anderer Organe, die mit Kenntniß Würde und Gesinnung geschrieben waren. Dagegen erscheinen die Geißel, der Zuschauer u. dgl. mit hoher Genehmigung und schimpfen — es braucht nicht erst gesagt zu werden auf was und auf wen. Kuranda will die ostdeutsche Post nicht wieder erscheinen lassen und sich aus Oesterreich wieder wegbegeben. Nicht Oesterreichs Unglück treibt ihn aus dem Vaterlande, dessen er erst vor Kurzem wieder froh geworden war, sondern der Anblick des schamlosen Kriechens und des Bedientenhochmuthes jener Parthei, die man durch die Märztage für immer überwunden glaubte. Es dürfte sich unter d'esen Umständen bald wiederholen, daß Oesterreichs geistige Kraft sich noch Einmal im Norden Deutschlands konzentrirte, den deutschen
302 Buchhandel wieder zur Blüthe brächte, und dieselbe Macht auf¬ stellte, die das alte System in seiner Urkraft überwand, und daher auch dessen Epigonen zu bewältigen oder ihnen die deutsche Fahne in die Hand zu drücken im Stande sein wird. Die Hinrichtung des provisorischen Kommandanten der Wiener Nationalgarde, Wenzel Messenhauser, macht bei der Nationalgarde der Provinzen einen höchst ungün¬ stigen Eindruck und würde gewiß energische Erklärungen in's Leben gerufen haben, wenn die Preß= und Redefrei¬ heit gegenwärtig nur vom Gesetze beschränkt wäre, das heißt: wenn beide verläßlichere Garantieen besäßen. So ist es klüger die Untersuchung der hie und da laut ge¬ wordenen Meinung: es seie mit jenem Akte auf eine De¬ monstration gegen das hohe Institut der Nationalgarde abgesehen gewesen, vor der Hand auf sich beruhen zu lassen. Uns erscheint Messenhausers Wirken und Ver¬ halten bis zur Kapitulation Wiens darum legal, weil er vom Reichstage ernannt, seine Schuldigkeit that und auf die Proklamationen Windischgrätzs schon darum keine Rück¬ sicht nehmen durfte, weil der Reichstag (durch die letzte Sanktion seiner Steuerbewilligung vom Kai¬ ser als gesetzgebend anerkannt) doch gewiß über dem Fürsten steht. Was es übrigens mit dem Bruche der Kapitulation und der Herbeiführung derselben durch Messenhauser für eine Bewandtniß habe, darüber müssen wir die Aufschlüsse der befreiten Wiener Presse ab¬ warten. Eine der wichtigsten Fragen ist jetzt die Pazifikation Ungarns. Ungarn bestand stets als ein besonderer, mit dem übrigen Oesterreich blos konföderirter Staat. Es hatte seinen eigenen König, seinen eigenen Reichstag, eine eigen¬ thümliche Verwaltung und keine Staatsschulden. Im März versprach man den Ungarn ein besonderes Ministerium, ebenso freiwillig oder unfreiwillig wie den Oesterreichern Preßfreiheit, Nationalgarde und Konstitution. Diese Zu¬ sicherung wurde durch das vom ungarischen Reichstage entworfene und vom Könige in eigener Person sanktionirte Gesetz vom 11. April Grundlage des ungarischen Staats¬ rechtes. Dieses Zugeständniß war zweifellos unklug, allein es kann jetzt nicht einseitig gebrochen werden, wenn das Königswort nicht zur Perfidie oder zum Spotte herab¬ sinken, und die Regierung nicht den Weg der Revolution betreten will, gegen welche sie immer zu kämpfen vorgibt. Das formelle Recht Ungarns auf seine besondere staatliche Eristenz wird durch den nicht einmal völlig aufgeklärten Widerspruch Kroatiens und der fanatisirten Grenzer kei¬ neswegs aufgehoben. Daraus würde höchstens die Los¬ trennung Kroatiens und der Militärgrenze von Ungarn, aber keineswegs die Nullität des Gesetzes vom 11. April folgen, wenn man anders bei dem Neubaue des Staaten¬ gebäudes nicht alte Pergamente, sondern die Bedürfnisse der Gegenwart für maßgebend hält. Mag man die Ueber¬ griffe, die Tyrannei Kossuths und seiner Faktion noch so sehr verdammen, so fordert doch ein anerkanntes Recht Achtung, und ganz Ungarn wird hinter Kossuth stehen, wenn man das Gesetz vom 11. April revolutionär auf¬ heben will. — Wir wünschen daher, daß das Verhältniß Ungarns zu Oesterreich nicht durch eine bloße Kanonen¬ politik, sondern auch auf dem konstitutionellen Wege durch schleunige Ernennung eines tüchtigen Ministeriums und Berufung des Reichstages geordnet werde. Man suche die Ungarn durch klare und ehrliche Manifeste zu über¬ zeugen, daß Ungarn für sich allein auf thönernen Füßen steht, daß es der weltgeschichtliche Beruf Oesterreichs ist, als Großmacht den Vermittler der Kultur des Westens mit dem Osten zu machen, daß Ungarn daher nur als ein einzelnes Glied der Gesammtmonarchie seine entspre¬ chende Stelle findet, und daß es zu diesem Zwecke auf ein selbständiges Ministerium des Krieges und der Diplomatie verzichten, sich zur Ordnung der wahrhaft gemeinsamen Angelegenheiten dem allgemeinen Reichstage in Wien ein¬ verleiben und dem dortigen Konföderations=Ministerium Grätzer Zeitung. unterordnen müsse. Pfefferkörner. Nach der stenographischen Korrespondenz soll uns ein ganisirung der Nationalgarde abgesehen zu haben. Aber, Gesetzesentwurf zur Reorganisirung der Nationalgarde be¬ Gott sei Dank, ein Entwurf ist noch kein Gesetz und bei vorstehen, der folgende Bestimmungen enthält: 1) Nur, weitem nicht Alles, was die Gewalt jetzt entwirft, wird wer 10 fl. direkte Steuern zahlt, darf eintreten (sehr klug, ausgeführt werden können. um die Nationalgarde recht schwach zu machen.) 2) Die Nach derselben Korrespondenz will man, da die vor¬ Offiziersschärpen werden abgeschafft. 3) Alle Offiziers¬ stellen über dem Hauptmanne werden mit Militär=, gerückte Jahreszeit und die von den Magyaren verdorbenen Offizieren besetzt!!! Und das soll dann eine National= Wege sonst nichts gestatten, Ungarn cerniren — wohl in garde vorstellen, das eine Erfüllung des Versprechens der der Absicht ihm — der Korn= und Fleischkammer der Volksbewaffnung sein?! Der ganze Entwurf scheint es deutsch=österreichischen Provinzen — die Zufuhr der Lebens¬ vielmehr auf eine Reorganisirung des Verspre=, mittel abzuschneiden! Ungarn aushungern zu wollen ist chens der Volksbewaffnung als auf eine Reor=, wahrhaft ein pyramidaler Gedanke. 6 Drunteriühr ahaker Ater. Zul. Schinditer, Mirgatenr F. 1. Arming. Druck und Verlag von Haas in Steyr.
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2