Zwanglose Blätter, Nr. 71, vom 18. November 1848

Zwanglose Blätter aus Oberösterreich. Nro. Steyr am 18. November 1848. 71. Düsseldorf ist eine Stadt am Rhein, es leben da 16,000 Menschen und viele tausend Menschen liegen noch außerdem da begraben. Und darunter sind manche, von denen meine Mutter sagte, es wäre besser sie lebten noch, z. B. Heinrich Heine. Nach Kremsier! Ich habe in diesen Blättern schon vor längeren Tagen mehr als einmal unwiderlegt und von allen Lehren der Theorie und allen Erfahrungen der Geschichte unterstützt das Wesen und die Berechtigung eines verfassunggebenden Reichstages dargestellt. Ich finde mich in diesen Tagen, in denen von Hoch und Niedrig so manche Wahrheit ver¬ gessen, so manche Berechtigung verachtet oder feige, wie das geladene Gewehr eines flüchtigen Soldaten wegge¬ worfen worden ist, veranlaßt, jene Darstellung in wenigen, aber bestimmten Umrissen zu wiederholen, und mit Frei¬ muth dabei eines Irrthumes zu gedenken, der, wenn er auch schon früher hie und da auf dem alternden Gemäuer des bureaukratischen Staatslebens keimte, seit der traurigen Wiener Katastrophe aber und seit der Uebersiedelung der Regierungsgewalt aus den Händen eines dem Volke verantwortlichen Ministeriums in die allmächtig hingestellter und sich hinstellender Generake in frühlingshafter Ueppig¬ keit grünt. Der Kaiser hat die Errungenschaften des März und Mai dem Volke nicht geschenkt, das Volk hat sie errungen, mehr als ein offizielles Aktenstück spricht von den Er¬ rungenschaften des Volkes, und der Kaiser hat — damals vielleicht mit willigem Herzen der erwachten Kraft eines immer treuen und redlichen Volkes weichend — diese Errungenschaften anerkannt, versprochen, sie durch die kun¬ digen Hände von Volksvertretern aus dem Urwaldboden der Revolution in die geregelten Gartenbeete einer Ver¬ fassung übersetzen zu lassen und sein Kaiserwort gegeben, der unumschränkten Herrschaft für immer zu entsagen und fortan in Frieden zu leben mit der großen Siegerin: der neuen Zeit und ihren Kindern. In Folge dieses Kompromisses steht der konstituirende Reichstag wenigstens gleichberechtigt neben dem Kaiser, der Kaiser kann ihn vor Vollendung seiner Aufgabe ohne seine eigene freiwillige Beistimmung weder auflösen, noch an einen andern Ort versetzen. Der Kaiser hat uns im Angesichte Europa's versprochen, durch diesen Reichs¬ tag in Wien unsere Verfassung in's Leben rufen zu lassen. Eine Auflösung des Reichstages würde das Wort des Kaisers brechen in Bezug auf die zugesicherte Identität des konstituirenden Reichstages mit dem Willen des Volkes; bricht vielleicht eine Versetzung desselben nicht auch das gegebene Wort bezüglich des wichtigen Ortes seiner Be¬ rathung? Leider scheint der hohe Rath in Olmütz, der so viele Worte von ganz ungleicher Schönheit und Kanonenkugeln von dem verschiedensten Kaliber unter das Volk warf, un¬ sere Ueberzeugung nicht zu theilen, und er besteht auf der Vertagung des Reichstages und dessen Versetzung in das einsame Kremsier. Es lohnt sich der Mühe die Stelle näher zu betrach¬ ten, wo jener Einsiedler wider Willen — der konstituirende Reichstag des österreichischen Volkes Zeit und Raum finden wird fern von Aranjuez darüber nachzudenken, wie groß der Unterschied ist zwischen März und November, und wie thöricht es ist, wenn ein Volk sich einbildet es sei seiner selbst willen da und nicht bloß als ein stille liegender Acker, den der Beamte mit seiner Feder und der Offizier mit sei¬ nem Degen pflügt, damit er reichlich gefällige Früchte trage. Kremsier (slavisch Krovierziz) ist ein kleines Städtchen am rechten Ufer der Morava. Hier befindet sich ein Kol¬ legiatstift und mehrere schöne Kirchen mit zierlichen Thür¬ men, in denen wohlklingende Glocken hängen. Wenn diese Glocken Mittags und Abends mit lieblichem Schalle ge¬ läutet werden, setzen sich die Stadtbürger seit undenklichen Zeiten zum Essen nieder. Daher sorgte die Regierung auch immer, daß die Glocken richtig geläutet werden — ob sie auch dafür sorgte, daß die Bürger immer zu essen hatten — davon finde ich in der Geschichte meines Vater¬ landes keine Spur. So ging es nach altem Brauch und Recht in Kremsier zu schon unter der Regierung Kaiser Ferdinand des Zweiten, und so blieb es auch unter der Regierung Kaiser Ferdinand des Ersten, welcher bei uns auf den Zweiten folgte, da bei uns Alles zurückgeht. Die herrlichste Zierde Kremsiers ist aber die erzbischöfliche Som¬ merresidenz, ein magnifikes fürstliches Lustschloß —

296 zugleich ein Trauerhaus für das Volk. Inmitten von Gärten, Alleen, Kirchen, Springbrunnen, Wasserfällen und Statuen erhebt es sich stolz und steinern, und über¬ blickt die niedrigen Häuser der Stadt und der Dörfer im Lande — deren Besitzer es einst gebaut haben. In diesem Schlosse wird die Reichsversammlung tagen. Der soge¬ nannte Lehrsaal wird zu ihren Sitzungen eingerichtet dort wird sie durch die Kamarilla ihre Instruktionen er¬ halten. Es wurde mir versichert, man wolle die Depu¬ tirten mit aller Humanität behandeln. Eine Restauration wird eingerichtet, wo sie sich ein paar Stunden des Tages frei unterhalten können, dazu ein paar Billards, selbst ein Fortepiano — sogar ein paar Zeitungen sollen ihnen gehalten werden. So werden unsere Volksvertreter den Winter ganz erträglich verdehnen, und wenn es wieder einmal Frühling wird, und einmalwirdeswieder Frühling, wenn wieder alle Zweige knospen im März und der frostige Nordwind der aristokratisch kalte, der uns jetzt so rauh begrüßt, nicht mehr im Stande sein wird auch nur einen Keim zurückzudrängen, wenn die Bäume im erzbischöflichen Garten zu Kremsier wieder grünen, die Brunnen springen Bäche, Ströme, Alles seine Fesseln gesprengt hat und sich erfreut der angeborenen Freiheit, wenn die Nachti¬ gallen schlagen Tag und Nacht in allen Hecken, wenn die blauen Veilchen thaubetropft aus dem Grase heraufschauen, als hätten sie sich noch nicht satt geweint über den Tod und die Schmach, die der letzte Herbst so reichlich über Deutschlands Jugend geschüttet, wenn alle Gräber im Friedhof und auf der Haide voll Blumen prangen, wenn Der Wiener Zuschauer Um den Lesern dieses Blattes ein Beispiel zu geben, wie hundemäßig manche Subjekte vor den Machthabern des Tages in Wien kriechen, will ich hier einige Stellen aus Nr. 170 des Wiener Zuschauers anführen, die aus der Feder eines Mannes (?) geflossen zu sein scheinen, der an politischer und an Bildung des Herzens mit dem Min¬ desten unserer seressanischen Befreier auf einer Stufe zu stehen scheint. Zuerst behauptet der Zuschauer, die Aufgabe des Reichs¬ tages sei lediglich gewesen: die Konstitution zu ent¬ werfen! Stolz auf diesen österreichischen Landsmann frage ich den König von Preußen: wie klein ist ihre Er¬ findung des „Vereinbarens“ gegen des Zuschauers „Entwerfen.“ Der konstituirende Reichstag hat lediglich die Konstitution zu entwerfen! Der konsti¬ tuirende Reichstag ist der Stylist des Vaterlandes, der Hofkonzipist Sr. Majestät des Kaisers, oder wenn man lieber will, des Ministeriums, oder wenn man noch lieber will, der Hofkonzipist von — wem immer! Der Reichs¬ tag entwirft, der — „wer immer“ prüft, verbessert (?) streicht, setzt hinzu — gibt das Konzept zurück, der Reichs¬ tag schreibt es dann in's Reine — und das Volk hat konstituirt! Aber wie kommt es denn, daß der Reichstag plötzlich nur mehr eine so geringe Aufgabe zu lösen hat, das vergessenste Grab auf dem Schindanger ein Sänger auf Gotres Geheiß verherrlicht — die Lerche, der Vogel des Frühlings und der Freiheit — ja dann!? Siegern baut man Triumphpforten aus Lorbeer¬ zweigen — über die Morava führt eine Kettenbrücke über diese Brücke wird der Reichstag einziehen in Krem¬ sier — füge es Gott, daß wenn er heimkehrt in das ge¬ liebte Wien, des Volkes üppige Lorbeeren ihm den Anblick aller Ketten ersparen. Warum wurde der Reichstag nach Kremsier verlegt? Nach den Worten des Kaisers: weil in Wien das Gesetz nicht mehr herrschte, und der Reichstag nicht mehr frei berathen konnte. Warum wendete man gegen Wien so schonungslos alle militärischen Gewaltmaßregeln an? Weil man nur so das Gesetzzur Herrschaft bringen konnte! Ist Wien von der Militärgewalt bezwungen worden? Ja — schonungslos! Herrscht jetzt das Gesetz wieder und kann der Reichs¬ tag frei berathen? Die Antwort auf diese Frage ist ein Urtheilsspruch. Lautet sie „nein“ — wozu dann diese Ströme Blutes, diese zahllosen Verarmungen, wozu die Anwendung eines schrecklichen Mittels, das nicht zum Ziele führte, nie zum Ziele führen konnte? Lautet aber die Antwort „ja.“ Warum besteht man noch darauf, daß die Reichsver¬ sammlung in Kremsier tage? Aler. Jul. Schindler. in seiner neuen Glorie. da ihm doch das Einberufungspatent eine ganz andere und größere stellte? Das erklärt der Wiener Zuschauer durch folgende Stelle: „So lange die Verfassung nicht urkund¬ lich vorliegt, ist der Kaiser absoluter Monarch, wenn Er*) will! Nach Durchlesung dieses Satzes war es mir, als hätte ich einen Sklaven seine Peitsche küssen sehen. Es thut aber Noth, ohne alle Leidenschaft¬ lichkeit jenen Satz zu betrachten. Wir befanden uns in den Märztagen auf dem Boden der Revolution. Der Kaiser bot die versöhnende Hand und sicherte sich auf's Neue Herrschaft und Liebe durch das klare Versprechen, sogleich aufzuhören ein absoluter Regent zu sein (in Folge dieses Versprechens schrieb er sich auch sogleich und seither ununterbrochen „konstitutio¬ neller Kaiser“) und durch freigewählte Volksvertreter dem Staate im Einklange mit diesem Titel eine Verfassung zu geben. Würde also der Kaiser seinem Versprechen un¬ treu und wollte er auf die Stelle zurücktreten, auf der er am 13. März stand, wollte er wieder absoluter Kaiser wer¬ den, was ich übrigens nicht voraussetze, so schiene mir wohl auch das Volk im vollen Rechte, wenn es sich wieder so hin¬ stellte, wie es im März stand, und auch das würde, war *) Dieses „er“ ist im Wiener Zuschauer wirklich mit einem großen Anfangs buchsstaben gedruckt!

293 Eswill! Und es ist eine nicht schwer zu entscheidende Frage, wer von Beiden seinen Willen für die Dauer kräftiger durch¬ setzen könnte. Der Wiener Zuschauer leistet durch Stellen wie die besprochene der Parthei selbst, der er dient, einen schlechten Dienst. Denn das Volk könnte glauben, er spräche so im Auftrage und im Sinne jener Parthei und wenn jene Parthei wirklich derlei im Sinne trüge man bedenke das Unheil, das daraus entspringen müßte! Weiter unten sagt der Wiener Zuschauer: Kein Kaiser oder König, so viele deren die Geschichte nennt, hat seinen Völkern je so viel Gutes gegeben. Im Besitze Seiner vollen Macht bekräftigt Er wieder¬ holt Sein kaiserliches Wort! Es schiene somit dem Herrn Zuschauer ganz in der Ordnung, wenn der Kaiser, weil er im Besitze seiner vollen Macht ist, sein gegebenes Wort bräche. Und es ist etwas ganz besonders Gutes, wenn kein König oder Kaiser, den die Geschichte nennt, je seinen Völkern gegeben hat — daß der Kaiser sein Wort zu halten verspricht! Ich kenne nur eine Moral für Kaiser und Zuschauer, für Könige und Kärrner, seien sie im Besitze ihrer vollen oder ihrer gebrochenen Macht, und die lautet: Wer sein Wort nicht hält, der ist kein ehrlicher Mann! Welches Urtheil aber wird ein Ehrenmann über den Charakter des Herrn Ebersbergs, des Redakteurs des Wiener Zuschauers, fällen, der in demselben Blatte den Gewalthabern in Wien zuruft: „Die Volksaufwiegler, Ihr Richter, sind in Eurer Gewalt*) sie — die Plünderung und Meuchelmord gelehrt und geübt. Menschlichkeit paart mit Gerechtigkeit, schont den Verführten aber straft die Verführer, denn Wolf bleibt Wolf und Verräther lernen nie Treue üben. — Nachsicht gegen Wenige in aufgereg¬ ter Zeit ist Grausamkeit gegen Tausende!!!“ *) Auch hier find die persönlichen Fürwörter, die sich auf die Gewalthaber be¬ ziehen, mit großen Anfangsbuchstaben geschrieben — und der Aufsatz, aus dem obige Stelle entnommen ist, ist keine Adresse oder dgl., sondern lediglich — eine Fabel! Ist das nicht radikal gekrochen! Aler. Jul. Schindler. Was dürfen wir hoffen? (Eingesendet.) „Es giebt in der Geschichte des Menschengeschlechtes Epochen, in denen verdorrte Aeste vom Baume der Mensch¬ heit fallen, und gealterte und erschöpfte Institutionen in sich selbst zusammenbrechen, um einem frischen Safte und Institutionen Platz zu machen, durch welche die Völker erneuert werden, indem sie die Ideen verjüngen.“ Diese schönen Worte Lamartine's passen nicht nur auf die französische Revolution, sie passen auch für unsere Verhältnisse, sie sind wie für unsere Geschichte geschrieben. Der verdorrte Ast des alten Systemes bricht ab vom Baume, die gealterte und erschöpfte Form bricht in sich selbst zusammen, frischen Saft treibt der Frühling in den Stamm, und aus ihm sprießt ein neues grünes Laub¬ dach — unsere Zukunft hervor. Bauen wir daher emsig fort; vertrauen wir auf unsere wackeren Baumeister die Bevollmächtigten unserer Rechte, Gesinnungen und Wünsche! Bald werden wir den Frühling unserer Freiheit, wir werden bald den Sommer und Herbst unserer Errungen¬ schaften, mit einem Worte, wir werden eine von Gott gesegnete freudenreiche Zukunft bekom¬ men; wir werden sie bekommen, trotz des Wahnsinnes Derjenigen, die Völkerleiden mit Pulver und Blei zu lin¬ dern wähnen; trotz des Durstes der Despoten nach Bür¬ gerblut. Wir dürfen dieses zuversichtlich hoffen und er¬ warten. Revolution ist mit Krankheit zu vergleichen, und wehe dem Thoren, der selbe durch Gewaltmittel zu heilen ver¬ meint. Die Revolution kann durch Militärgewalt aller¬ dings so weit unterdrückt werden, daß sie für eine Zeitlang äußerlich verschwindet, allein dieses ist nur ein äußeres peripherisches Mittel; je äußerer, peripherischer die Hei¬ lung, desto kraftloser, unnachhaltiger ist sie. Einfach, sanft, dauerhaft und sicher kann man Revolution nur heilen, wenn man ihr den Grund hiezu benimmt, gesunde Be¬ griffe von dem Verhältnisse der Beherrschten und Herr¬ schenden verbreitet, und durch Thaten beweist, daß diese Begriffe Fleisch und Blut gewonnen haben. Wir dürfen hoffen, des Landesvaters verblendete Um gebung werde endlich zur Ueberzeugung kommen, daß all das Unglück nicht von Unten kam, sondern daß man Oben es nicht verstand, das biederste Erdenvolk dauernd zu be¬ glücken. Wir dürfen hoffen, des Volkes Glück und Rechte bald gewahrt zu sehen. S. A. Zur Geschichte des Tages. Innsbruck, 6. November. In der letzten Sitzung des Provinziallandtages entwickelte der Vicepräsident Dr. Schuler als Organ des Ausschusses für allgemeine Landes¬ angelegenheiten in einer geistvollen Rede den Antrag, dem Ministerium eine Denkschrift zu übermitteln des Inhalts: Es möge der gegenwärtige Reichstag, da sich von ihm eine entsprechende Lösung der großen Aufgabe, dem ge¬ sammten Oesterreich eine Verfassung zu schenken, nicht er¬ warten lasse, nicht mehr berufen,*) sondern vorerst eine Anzahl Deputirte aller Provinzialstände an das Hoflager Sr. Majestät einberufen werden, um darüber zu berathen, ob es nicht im Interesse der österreichischen Monarchie und *) Die Korneuburger werden aufgefordert, dem Herrn Dr. Schuler eine Dank¬ adresse zu überreichen. Wir bezweifeln sehr, ob der Stockpatriotismus des Dr. Schuler, der kaiserlicher ist als der Kaiser, dem Staate nützen wird. Diese Herren, die immer von Ruhe und Ordnung reden, machen dabei Rerolution in der Re¬ volution. Die Red.

298 der in ihr umschlossenen Völker sei, die künftige Verfassung auf der Grundlage der Föderativform mit Beibehaltung des Provinzialverbandes zu erbauen. Hierauf erschien nachstehende Erklärung. Da die Vertrauensmänner aus Vorarlberg ihrem Man¬ dat gemäß in der Betheiligung beim tirolischen Landtage beschränkt waren, wurde ein eigener Ausschuß gebildet, um mit denselben zu verhandeln. Im Sinne seines Man¬ dates wurden diesem Ausschusse vom Unterzeichneten fol¬ gende Erklärungen gegeben: 1) An eine ständische Vereinigung sei bei der Verschie¬ denartigkeit der Vertretung, bei den abweichenden Interessen Tirols und Vorarlbergs, bei der Eigen¬ thümlichkeit der Lage und Geschichte Vorarlbergs, bei der Verschiedenheit der Volksgesinnung und Volks¬ bildung nun und nimmer zu denken. 2) Eine Annäherung beider Nachbarvölker könne nur in so weit Platz greifen, als Tirol von seiner Sonder¬ stellung zurückkomme; von einer Sonderstel¬ lung, zu Folge welcher es nicht nur allen übrigen Provinzen und dem ver¬ fassunggebenden Reichstage Oesterreichs selbstgewaltig gegenüberstehe, sondern sogar in sich selbst entzweit sei. Ferner fand sich der Unterzeichnete im Sinne seines Mandates zur Stellung folgender Anträge veranlaßt: 1) Da bei der furchtbaren Entzweiung der Partheien und Völker im Kaiserstaate der Reichstag allein ver¬ mitteln könne, da er allein die Kraft habe, einerseits unsere erworbenen Rechte und Freiheiten zu gewähr¬ leisten, andererseits Anarchie und Bürgerkrieg zu ver¬ hüten; möge Alles aufgeboten werden, was zur Auf¬ rechthaltung seines Ansehens und seiner Stärke bei¬ tragen kann. 2) Wolle man aussprechen, daß jene Reichstagsmit¬ glieder, deren Vaterlandsliebe und Pflichttreue in der Stunde der Gefahr ausharrte und nichts unter¬ ließ, was eine blutige Entscheidung, die Anarchie und die Verkümmerung unserer Freiheit zu verhin¬ dern geeignet schien, den Dank des Vaterlandes ver¬ dient haben. 3) Mögen jene Abgeordneten, welche wegen Mißleitung oder aus was immer für Gründen den Reichstag verließen, aufgefordert werden, ungesäumt ihre Sitze wieder einzunehmen, oder ihr Mandat abzugeben, damit unverzüglich zu neuen Wahlen geschritten wer¬ den könne. 4) Möge der Grundsatz ausgesprochen werden, daß ein verfassunggebender Reichstag vor Vollendung seiner Aufgabe ohne seine eigene, freiwillige Beistimmung weder aufgelöst, noch versetzt werden könne. 5) Möge nichts versäumt werden, was zu einer Ver¬ ständigung aller Deutschösterreicher zur Wahrung der deutschen Interessen in Oesterreich führen könne. Außer diesen Anträgen verwahrte er sich gegen alle und jede Gefährdung der Interessen Vorarlbergs durch Beschlüsse des tirolischen Landtages. Nachdem aber diese Anträge nur geringe Berücksich¬ tigung fanden, nachdem man durch Annahme der §§. 2 und 3 Frankfurt und Deutschland für beseitigt hält, nach¬ dem der Landtag der vier nordtirolischen Kreise zum Richter über den Reichstag des Kaiserstaates erhoben wird, und dessen Wirksamkeit als ungesetzlich erklärt, findet es der Unterzeichnete bei dem einzigen Bestreben des Landtages die unbeschränkteste provinzielle Autonomie selbst mit wie¬ derholten Hinweisungen auf eine provisorische Regierung zu erringen, mit dem Geiste seines Mandates, mit dem Interesse seiner Vollmachtgeber, mit seiner eigenen Ueber¬ zeugung und mit seiner Pflicht als deutscher und öster¬ reichischer Staatsbürger unvereinbar, sich ferner, wenn auch nur in der Eigenschaft als Gast, bei dem tirolischen Landtage zu betheiligen. Innsbruck, den 9. November 1848. Dr. Schmidt, vorarlbergischer Vertrauensmann. Innsb. Zeitung. Die Erpedition dieser Zeitung fühlt sich veranlaßt allen P. T. Herren Pränumeranten oder Zeitungsredakteuren, welche ein Eremplar mittelst Post beziehen, anzuzeigen, daß für jedes gleich im Anfange des Vierteljahres die Postgebühr für die Pränumerationszeit bezahlt wurde, und daher von Seite der Empfänger durchaus kein Porto mehr zu bezahlen kommt. Die allenfalls bezahlten Gelder wollen daher zurückgefordert, und die Schuld der stattgefundenen Unregelmäßigkeiten nicht der gefer¬ tigten Erpedition, wohl aber dem manipulirenden k. k. Postmeister Herrn Franz Mayrhofer, zugeschrieben werden. Steyr am 17. November 1848. Die Expedition der zwanglosen Blätter aus Oberösterreich. Mit einer politischen Wochenschau Nr. 7. Benneniher Aohaiten Aer. Jal, Schin dier; Mertatur F. 15. Aeming. Druck und Verlag von Haas in Steyr.

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