am 26. d. M., weil selber Truppen nach Wien geworben habe. Unser Entschluß war schnell gefaßt. Wir gingen in das Gasthaus des Herrn Rosenstingl und bestellten frische Pferde nach Wegscheid. Der Herr Distriktskommissär war bei uns, und als das Gespräch auf Wien kam, erfuhren wir leider, wie abgeneigt dieser Herr Beamte den Wie¬ nern sei. Während wir sprachen, brachte ein Mann der Finanz¬ wache ein Schreiben, mit dem sich Herr Pfleger entfernte. Wir erhielten bald darnach auch die Kunde, daß wir keine Pferde bekommen. Ich machte den Vorschlag, mit einem Führer zu Fuß noch in der Nacht nach Wegscheid zu gehen, und einer meiner Begleiter entschloß sich mitzugehen. Indeß kam der Herr Distriktskommissär wieder in's Gasthaus zurück. Er hörte, wie wir Anstalt zu unserm Abmarsche trafen, und bat mich, ihm früher noch auf einige Worte in ein Nebenzimmer zu folgen. Dort er¬ öffnete er mir, es sei so eben eine amtliche Anzeige einge¬ laufen, wornach ich und meine Begleiter als politischer Umtriebe mit Wurmb verdächtig wären. Entrüstet ver¬ langte ich den Urheber dieser Verdächtigung zu erfahren; Herr Distriktskommissär verweigerte diese Mittheilung. Ich erklärte dieß nicht so beruhen zu lassen, rief meine Begleiter in das Nebenzimmer und eröffnete ihnen, was ich so eben erfahren. Unser gemeinschaftlicher Beschluß ging dahin, daß wir den Herrn Distriktskommissär auffor¬ derten, mit uns sein Amt zu handeln, um zur Ueberzeugung von der Grundlosigkeit des Verdachtes zu kommen. Dieß geschah, und wir wurden auf dem Amte einer nach dem andern verhört, worüber es eilf Uhr Nachts wurde. An ein Fortkommen war jetzt um so weniger mehr zu denken, als Herr Distriktskommissär sich geäu¬ ßert hatte, daß er das königlich bayrische Landgericht Weg scheid von unserem Vorhaben in Kenntniß setzen müsse, und die bayrischen Gensdarmen uns beim Uebergang über die Grenze empfangen würden, wir somit Unannehmlich¬ keiten zu erwarten haben. In dem Verhörsprotokolle haben wir jeder unsere Antworten selbst diktirt. Wir wurden um unsere Pässe (im Inlande) befragt, dann wegen Flugschriften, die wir bei uns führen sollten; was und mit wem wir auf der Reise gesprochen; was deren Zweck sei, und worin unsere Verbindung mit Wurmb bestehe. — Ich erklärte hierüber: Daß ich mit Wurmb befreundet sei durch verwandte volks¬ freundliche Gesinnungen, und daß uns das Ausbleiben der versprochenen Nachrichten von ihm um so mehr in Sorge gesetzt habe, als erst vor Kurzem der gefeierte Reichstags¬ abgeordnete Kudlich bei einer Reise durch die Provinz al¬ lenthalben von den Behörden verdächtigt worden sei, und bei längerer Anwesenheit einer Verhaftung kaum entgangen sein würde. Gleiches hätte ich bei Freund Wurmb besorgt, weil auch er, wie Jener, die verleumderischen Berichte über Wien, die den Landbewohnern von böswilligen Leuten ein¬ gepfropft würden, zu widerlegen und Theilnahme für Wien, den Hort unserer Freiheit, anzuregen suche. Ich sei nicht in der Lage über meine Gespräche auf der Reise Rechenschaft zu geben; da in einem konstitutio¬ nellen Staate Redefreiheit sei und ich von diesem Rechte überall und gegen Jedermann Gebrauch mache. Plakate hätte ich nicht bei mir, wohl aber zu Hause eine Anzahl von Eremplaren jenes ausgezeichneten Manifestes aus Ol¬ mütz vom 15. d. M. vergessen. Als ich erfuhr, daß die verdächtigende Anzeige vom k. k. Finanzwach=Kommissariat Rohrbach, wo wir einige Stunden früher kurze Zeit verweilt, und außer den Nach¬ fragen nach Wurmb nichts gesprochen hatten, — eingelau¬ fen sei, konnte ich mich nicht enthalten, das Blatt Nro. 16 des Linzer Postillons zum Amtsgebrauche abzutreten und zu bitten, daß das löbliche Finanzwach=Kommissariat auf den darin von mir enthaltenen Aufsatz: „Politische Zugvögel“ aufmerksam gemacht werde worin es ein weiteres Feld seines dienstbeflissenen Wirkens finden werde. Wir reisten Sonntag um 5 Uhr von Peilstein über Rohrbach und Neufelden nach Linz zurück und hatten noch die traurige Erfahrung gemacht, wie übel in dieser Gegend die Landleute über die Ereignisse in Wien berichtet sind. Man sagte uns: „Wien sei deßhalb vom Militär umschlossen, weil die Wiener sonst herauskä¬ men, um in den Provinzen zu rauben und zu morden.“ Die Wirthsleute, wo wir und einige Tage vor uns Wurmb übernachtet hatten, wurden deßhalb angefeindet was ganz erklärbar ist, in einer Gegend, wo Beamte selbst von Wien so üble Ansichten haben und somit auch über alle Jene, die für Wien Theilnahme und Mitgefühl zeigen, und bei Anderen hervorzurufen suchen. Auf unserer Reise bemerkten wir allenthalben Theil¬ nahmlosigkeit der Landleute für Wien zugleich, aber Auf¬ geregtheit gegen die herrschaftlichen Beamten. Es dürfte daher dringend an der Zeit sein, daß die Gerichte unver¬ züglich, wenn auch nur provisorisch, als Staatsanstalten erklärt würden. Abends in Linz angelangt, wurden ich und meine Be¬ gleiter von allen Seiten bestürmt um Mittheilungen über Wurmbs Schicksal. Es herrscht die allgemeine Theilnahme wie sich selber nur ein Volksfreund erfreuen, nie aber ein gar zu sehr auf legalem Boden stehender Präsident rühmen kann. Ich schrieb sogleich im Kaffeehause zwei Adressen an die demokratischen Vereine in Regensburg und München, und empfahl ihnen Wurmbs Schicksal zu kräftigem Einschreiten. Diese Adressen sind von Freundes Hand heute auf dem bayrischen Dampfschiffe mitgenommen worden und es dürfte nicht lange dauern, daß wir den allgemein verehrten thäti¬ gen Volksfreund Wurmb jener Haft ledig und in unserem Kreise wieder bewillkommen werden. Es besteht der Verdacht, daß durch den Herrn Regierungspräsidenten in Linz die Verhaftung Wurmbs eingeleitet worden sei, da sich dienstwillige Werk¬ zeuge bureaukratischer Verfolgungswuth leider überall noch viele finden. Wie es aber mit der persönlichen Freiheit, mit dem
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