Zwanglose Blätter, Nr. 67, vom 4. November 1848

Zwanglose Blätter aus Oberösterreich. Nro. Steyr am 4. November 1848. 67. Ich ehre diese Grundsätze des Friedens, aber man kann verschiedene Wege gehen, die alle recht und gut sind. Auch die Vergeltung hat ihre Ehren. Immermanns Epigoneu. Wien ist gefallen! Der Privathaß der Privilegirten gegen Wien ist ge¬ stillt, die Gegenrevolution hat gesiegt — Wien ist gefallen, das arme Wien, das ruhmreiche Wien! Noch vor wenigen Stunden hofften wir, die Hand eines milden Kaisers werde den Oelzweig des Friedens seiner alt=getreuen Haupt¬ stadt senden — umsonst! Schonungslos flogen glühende Kugeln, das Blut deutscher Männer floß aus den von slavischem Geschosse zerrissenen Adern, und ergoß sich in Bächen auf das weltberühmte gute Wiener Straßenpflaster, von dem das Volk — das beste Volk der Welt seinen Kaisern oft so nachsichtsvoll die goldenen Wägen umjauchzt hatte. Wien ist gefallen — Lorbern für das gefallene Wien! Exoriari nostris ex ossibus ultor! Wenn ich auch eben nicht zu den Freudenfesten geladen bin, von denen hie und da gesprochen wird, so bin ich doch in einem Grade aufgeregt, daß ich eine vollständige Würdigung dieses welterschütternden Ereignisses jetzt nicht zu liefern im Stande bin. Diese kann auch in der Form und Umfa߬ lichkeit, die ihr gebührt, in diesen Blättern nicht nach¬ folgen — nicht etwa weil ich den Zwang der Bajonnete fürchte, denn obendrein sind ja die Provinzen nicht mit im Belagerungszustande — sondern lediglich weil hiezu der Raum gebricht. Aber aus einigen Gesichtspunkten will ich doch die Belagerung und den Fall Wiens beleuchten, und wäre es nur darum, um zu beweisen, daß die Wahrheit unerschrocken und lebendig bleibt, als Gottes Streiter zu kämpfen gegen die proklamirte und bewaffnete Lüge. Die Einnahme Wiens war das Werk einer Gegen¬ revolution. Wer den legalen Boden verläßt, begibt sich auf den Boden der Revolution. Gegen die Zusicherung des Kaisers wurde das Militär ohne Berufung der poli¬ tischen Behörden feindlich vor Wien gestellt. Die rechts¬ gültigen Beschlüsse des Reichstages wurden durch Wort und That verachtet. Das Briefgeheimniß, die Freiheit der Person, das Recht der Volkswehr wurde aufs Schreiendste verletzt. Ohne Ministerium wurde absolut regiert. Der Reichstag wurde in der Proklamation des Fürsten Win¬ dischgrätz vom 25. Oktober eine Parthei genannt, es wurden dieser Versammlung Thatsachen lügnerischer Weise aufge¬ bürdet, die sie nie vollbrachte. Der Reichstag ist ein Kind der Revolution, die Revolution ist vom Kaiser anerkannt — mithin der Reichstag legal. Er hat den gesetzlichen Boden nicht wieder verlassen — drum wurde er nicht re¬ volutionär — Fürst Windischgrätz verließ den gesetzlichen Boden — folglich ist die durch Anwendung ungesetzlicher Gewalt zu Stande gebrachte Einnahme Wiens das Werk einer Gegenrevolution. Wenn der Reichstag seine Pflicht erfüllen will, so muß er den Minister Wessenberg und den Fürsten Win¬ dischgrätz in Anklagestand versetzen. Die Einnahme Wiens verdient eine doppelte Wür¬ digung: eine politische und eine militärische. Die politische wird in nicht allzuferner Zeit vor unsern Augen erfolgen, wenn sich jahrhundert=alte Herrlichkeit unbedauert und un¬ vermißt in das Grab legen wird, das ihre orden=ge¬ schmückten Gräber in den Oktobertagen so tief und emsig gruben. Ich trat einmal in einem Wiener Friedhofe an den Rand eines frischen großen Grabes, wie sie dort gegraben werden — da es Sitte ist zwanzig und mehr Personen in ein Grab zu legen — zumal wenn sie nicht reich sind und eine eigene Grabstelle sich nicht bezahlen können. Das Grab war noch ganz leer — nur ein ganz kleines, mit grellen Blumen bemaltes Kindersärglein stand in einer Ecke. Andere Neugierige, die mit mir an den Grabes¬ rand getreten waren, sagten: „Ach — es ist nur ein Kind!“ und wendeten sich gleichgültig ab, als ob sie nicht doch nachmüßten — wenn auch nur ein Kind voranging. In dem großen Oktobergrabe — der großen Errungen¬ schaft der Gegenrevolution steht auch erst ein Sarg — die Liebe des Volkes ist einstweilen darin beigesetzt — auch so ein Kind mit dem die Großen gerne spielten. Ach und wie bald wird der große Todtentanz beginnen, wie ihn der wackere Hanns Holbein schon vor Jahrhun¬ derten so ergreifend malte. Vorne der Tod, der spielt auf

280 einer alten Pfeife eine alte Hymne — hintendrein das unschuldige Kindlein in seinem thränenfeuchten Sterbe¬ hemde — denn die Liebe des Volkes starb nicht gerne ¬ sie hat ihre Adressen auf die Stufen des Thrones gelegt und sich die Hände wund gerungen, sie hat geweint und gefleht — aber ein Gewehrkolben gab ihr den Garaus. Hinter dem Kinde kommen Prälaten, Marschälle, Richter, Räthe und Fürsten, leichenhaft voll modernder Pracht. Unsere Voreltern führten einen derben prophetischen Griffel, und was sie in Bildern entsetzte, das will jetzt als Wirk¬ lichkeit ihren armen Enkeln das Herz erschüttern. Die Einnahme Wiens hat keinen militärischen Werth. Drinnen Mangel an Erercitium, Geschützen und Kriegs¬ bedarf, draußen nirgends ein bewaffneter Feind. Im Va¬ terland ist leicht Krieg führen — und gegen das Va¬ terland — auch das scheint die Herren nicht zu rühren. Unsere Feldherren sind keine Coriolane. Folgendes hat von Seite der Gewalt zu geschehen, wenn sie sich jedes weiteren Verdachtes der Reaktion ent¬ ledigen will: 1) Alle Städte und das ganze flache Land außer Wien sind von einer Ausdehnung der Maßregeln des Be¬ lagerungsstandes auf sie feierlichst und aufs Nach¬ drücklichste zu verwahren. 2) Da im Sinne des Hofes das von Bajonneten be¬ herrschte Wien doch Sicherheit darbieten muß, so sind alle czechischen und die übrigen flüchtigen De¬ putirten sogleich aufzufordern ihre Plätze im Reichs¬ tage wieder einzunehmen. 3) Das am 6. Oktober vom Kaiser versprochene volks¬ thümliche Ministerium ist unverweilt zu ernennen. Es hat unsern Gegnern gute Früchte getragen, das Militär nicht auf die Errungenschaften zu beeiden. Die erwünschte Spaltung blieb dadurch, und war nun gut zu benutzen. Der Soldat wußte nichts von Konstitution und mußte blind seinen Führern und seiner Fahne folgen, zu der er geschworen hatte. So wurde blind gehandelt. Unselige Blindheit! Furcht vor einer Anarchie — die nie bestand — hat eine Menge Wiener aus den Mauern der unglücklichen Hauptstadt getrieben. Diese ungebetenen Gäste über¬ schwemmten allenthalben das Land und seufzten um das Eintreten der Militärherrschaft in Wien, um dort wieder sicher und ruhig wohnen zu können. Diese Militärherr¬ schaft ist nun eingetreten und jene Gäste sind nun einge¬ laden, sich in den Schutz der eisernen Flügel zu begeben, nach dem sie sich so sehr und so laut sehnten. Ihre Sen¬ dung in den Provinzen ist erfüllt. Sie haben Wien ver¬ leumdet und verlogen, sie haben manches schwache Herz abgewendet von der heiligen Sache der Freiheit. Wollen sie aber dieser Einladung nicht folgen, so mögen sie ruhig in ihrer Zufluchtstätte verbleiben. Heilig soll uns das Gastrecht sein, heilig, wie uns das Recht und die Frei¬ heit sind, jedenfalls heiliger als ihnen die Wahrheit war. Die sich aber zu reisen entschließen, die mögen unsern Freunden und Feinden in Wien die wahrhafte Kunde mit¬ bringen: Die Provinzen standen mit Wien, sie sind aber mit Wien nicht gefallen. Aler. Jul. Schindler. So steht es in Oberösterreich um die Freiheit der Person, der Ansicht und der Rede. Der vortreffliche Schilcher theilt in seinem konstitu¬ tionellen Wochenblatte dem Publikum nachstehende Schick¬ sale mit, welche ihn im konstitutionellen Oesterreich durch das Zusammenwirken höchst freisinniger Beamten unter einem milden Freiheit schirmenden Oberbefehle auf einer Reise in's Mühlviertel ereilten, die er in der Absicht unternahm, sich um das Schicksal des Landtagsabgeord¬ neten Wurmb zu bekümmern, der vom bayrischen Landge¬ richte Wegscheid verhaftet wurde. Man wird aus diesem Aufsatze sehen, daß unsere Freiheit in der schönsten Blüthe steht, und die Staaten schon anfangen mit seltener deutscher Einigkeit die freisinnigen Männer einander wegzukapern und aus freundnachbarlicher Gefälligkeit einzusperren. Auch wird man hier wieder dieselben Elemente im Kampfe gegen die Freiheit auftreten sehen, die auch in den übrigen Theilen der Provinz diese schöne Pflicht übernommen haben. Daß die Finanzwache jetzt neben Tabak= und andern Waaren¬ Contrebande auch auf Gesinnungen fahndet, ist neu. Hier also der Bericht, bis wir unsern Lesern erfreu¬ lichere Kunde zu bringen im Stande sein werden. Wir hoffen dieses bald zu können, wenn auch am 31. v. M. auf eines der dunkelsten Blätter der Fürstengeschichte durch Gottes unerforschlichen Rathschluß ein Sieg der Gewalt über das Recht geschrieben worden ist. „Dringende Geschäfte veranlaßten mich am 24. d. M. Nachmittags nach Linz zu fahren. Abends kam ich an, und erfuhr das Gerücht, daß der Volksmann Wurmb irgendwo im Mühlkreise verhaftet sein solle. Ich reiste Samstag den 25. d. M. beim Grauen des Morgens mit zwei Mitgliedern des demokratischen Vereines von Linz ab, um über diesen uns werthen geachteten Freund Kunde zu erhalten. In Gerling hieß es, daß er im obern Mühlkreise sich befinden dürfte; in Langhalsen wurde uns dieses als gewiß mitgetheilt. Wir eilten nach Rohrbach und erfuhren, daß Wurmb beim königlich bayrischen Landgerichte Wegscheid verhaftet sei. Wir gönnten kaum den Pferden die nöthige Ruhe und gelangten mit einbrechendem Dunkel nach Peilstein. Ohne das Gasthaus betreten zu haben, begaben wir uns zum Distriktskommissariate und erhielten die Bestä¬ tigung von Wurmbs Verhaftung auf bayrischem Boden

am 26. d. M., weil selber Truppen nach Wien geworben habe. Unser Entschluß war schnell gefaßt. Wir gingen in das Gasthaus des Herrn Rosenstingl und bestellten frische Pferde nach Wegscheid. Der Herr Distriktskommissär war bei uns, und als das Gespräch auf Wien kam, erfuhren wir leider, wie abgeneigt dieser Herr Beamte den Wie¬ nern sei. Während wir sprachen, brachte ein Mann der Finanz¬ wache ein Schreiben, mit dem sich Herr Pfleger entfernte. Wir erhielten bald darnach auch die Kunde, daß wir keine Pferde bekommen. Ich machte den Vorschlag, mit einem Führer zu Fuß noch in der Nacht nach Wegscheid zu gehen, und einer meiner Begleiter entschloß sich mitzugehen. Indeß kam der Herr Distriktskommissär wieder in's Gasthaus zurück. Er hörte, wie wir Anstalt zu unserm Abmarsche trafen, und bat mich, ihm früher noch auf einige Worte in ein Nebenzimmer zu folgen. Dort er¬ öffnete er mir, es sei so eben eine amtliche Anzeige einge¬ laufen, wornach ich und meine Begleiter als politischer Umtriebe mit Wurmb verdächtig wären. Entrüstet ver¬ langte ich den Urheber dieser Verdächtigung zu erfahren; Herr Distriktskommissär verweigerte diese Mittheilung. Ich erklärte dieß nicht so beruhen zu lassen, rief meine Begleiter in das Nebenzimmer und eröffnete ihnen, was ich so eben erfahren. Unser gemeinschaftlicher Beschluß ging dahin, daß wir den Herrn Distriktskommissär auffor¬ derten, mit uns sein Amt zu handeln, um zur Ueberzeugung von der Grundlosigkeit des Verdachtes zu kommen. Dieß geschah, und wir wurden auf dem Amte einer nach dem andern verhört, worüber es eilf Uhr Nachts wurde. An ein Fortkommen war jetzt um so weniger mehr zu denken, als Herr Distriktskommissär sich geäu¬ ßert hatte, daß er das königlich bayrische Landgericht Weg scheid von unserem Vorhaben in Kenntniß setzen müsse, und die bayrischen Gensdarmen uns beim Uebergang über die Grenze empfangen würden, wir somit Unannehmlich¬ keiten zu erwarten haben. In dem Verhörsprotokolle haben wir jeder unsere Antworten selbst diktirt. Wir wurden um unsere Pässe (im Inlande) befragt, dann wegen Flugschriften, die wir bei uns führen sollten; was und mit wem wir auf der Reise gesprochen; was deren Zweck sei, und worin unsere Verbindung mit Wurmb bestehe. — Ich erklärte hierüber: Daß ich mit Wurmb befreundet sei durch verwandte volks¬ freundliche Gesinnungen, und daß uns das Ausbleiben der versprochenen Nachrichten von ihm um so mehr in Sorge gesetzt habe, als erst vor Kurzem der gefeierte Reichstags¬ abgeordnete Kudlich bei einer Reise durch die Provinz al¬ lenthalben von den Behörden verdächtigt worden sei, und bei längerer Anwesenheit einer Verhaftung kaum entgangen sein würde. Gleiches hätte ich bei Freund Wurmb besorgt, weil auch er, wie Jener, die verleumderischen Berichte über Wien, die den Landbewohnern von böswilligen Leuten ein¬ gepfropft würden, zu widerlegen und Theilnahme für Wien, den Hort unserer Freiheit, anzuregen suche. Ich sei nicht in der Lage über meine Gespräche auf der Reise Rechenschaft zu geben; da in einem konstitutio¬ nellen Staate Redefreiheit sei und ich von diesem Rechte überall und gegen Jedermann Gebrauch mache. Plakate hätte ich nicht bei mir, wohl aber zu Hause eine Anzahl von Eremplaren jenes ausgezeichneten Manifestes aus Ol¬ mütz vom 15. d. M. vergessen. Als ich erfuhr, daß die verdächtigende Anzeige vom k. k. Finanzwach=Kommissariat Rohrbach, wo wir einige Stunden früher kurze Zeit verweilt, und außer den Nach¬ fragen nach Wurmb nichts gesprochen hatten, — eingelau¬ fen sei, konnte ich mich nicht enthalten, das Blatt Nro. 16 des Linzer Postillons zum Amtsgebrauche abzutreten und zu bitten, daß das löbliche Finanzwach=Kommissariat auf den darin von mir enthaltenen Aufsatz: „Politische Zugvögel“ aufmerksam gemacht werde worin es ein weiteres Feld seines dienstbeflissenen Wirkens finden werde. Wir reisten Sonntag um 5 Uhr von Peilstein über Rohrbach und Neufelden nach Linz zurück und hatten noch die traurige Erfahrung gemacht, wie übel in dieser Gegend die Landleute über die Ereignisse in Wien berichtet sind. Man sagte uns: „Wien sei deßhalb vom Militär umschlossen, weil die Wiener sonst herauskä¬ men, um in den Provinzen zu rauben und zu morden.“ Die Wirthsleute, wo wir und einige Tage vor uns Wurmb übernachtet hatten, wurden deßhalb angefeindet was ganz erklärbar ist, in einer Gegend, wo Beamte selbst von Wien so üble Ansichten haben und somit auch über alle Jene, die für Wien Theilnahme und Mitgefühl zeigen, und bei Anderen hervorzurufen suchen. Auf unserer Reise bemerkten wir allenthalben Theil¬ nahmlosigkeit der Landleute für Wien zugleich, aber Auf¬ geregtheit gegen die herrschaftlichen Beamten. Es dürfte daher dringend an der Zeit sein, daß die Gerichte unver¬ züglich, wenn auch nur provisorisch, als Staatsanstalten erklärt würden. Abends in Linz angelangt, wurden ich und meine Be¬ gleiter von allen Seiten bestürmt um Mittheilungen über Wurmbs Schicksal. Es herrscht die allgemeine Theilnahme wie sich selber nur ein Volksfreund erfreuen, nie aber ein gar zu sehr auf legalem Boden stehender Präsident rühmen kann. Ich schrieb sogleich im Kaffeehause zwei Adressen an die demokratischen Vereine in Regensburg und München, und empfahl ihnen Wurmbs Schicksal zu kräftigem Einschreiten. Diese Adressen sind von Freundes Hand heute auf dem bayrischen Dampfschiffe mitgenommen worden und es dürfte nicht lange dauern, daß wir den allgemein verehrten thäti¬ gen Volksfreund Wurmb jener Haft ledig und in unserem Kreise wieder bewillkommen werden. Es besteht der Verdacht, daß durch den Herrn Regierungspräsidenten in Linz die Verhaftung Wurmbs eingeleitet worden sei, da sich dienstwillige Werk¬ zeuge bureaukratischer Verfolgungswuth leider überall noch viele finden. Wie es aber mit der persönlichen Freiheit, mit dem

282 Rechte auf Unbescholtenheit und mit dem freien Verkehre Beamten auf die Konstitution, oder wenigstens auf die An¬ deutscher Staatsbürger auf deutschem Boden stehe, davon erkennung der angebornen Rechte, so weit sie im Staate geltend gemacht werden können, und die Entfernung jener sprechen die erzählten Erlebnisse. Für Gegenden, wie im oberen Grenzbezirke, ist der Zöpfe von Landbeamten, die aus Besorgniß, den legalen Tag der Freiheit noch nicht angebrochen; es herrscht und Boden nicht zu verlassen, eine ärgere Willkühr und Spio¬ wird dort sorgsam noch jenes heilige Dunkel erhalten, in nage üben, als je vor den Märztagen.“ Puchberg am 30. Oktober 1848. dem Oesterreichs Volk so lange schon herumgetappt hat. Schilcher. Es zeigt sich die Nothwendigkeit der Beeidigung der Pfefferkörner. Herr Julian Schmidt, Redakteur des Grenzboten, ein geistreicher Stubengelehrter in Leipzig, schreibt in einem offenen Briefe an seinen Freund Ignaz Kuranda, den Herausgeber der Ost=deutschen Post in Wien: „Thun Sie einen kühnen Griff, wie ich ihn thue, und pflanzen Sie das schwarzgelbe Banner offen auf! nicht das Zeichen Metternichs, der Reaktion, des Absolutismus, sondern die Fahne des jungen, freien Oesterreichs, Oesterreichs, das sein altes Glück wiederfinden und eine hohe, herrliche Zukunft in der Entwickelung der Kultur haben wird.“ Herr Schmidt meint wohl mit diesem kühnen Satze etwas sehr Geistreiches gesagt zu haben, wir, und wir hoffen auch Freund Kuranda, werden sich doch nicht dazu verleiten lassen ein Banner aufzupflanzen, unter dem Oesterreich sein altes Glück wiederfinden soll. Erinnern wir uns doch ein wenig an jenes alte Glück. Wann lebte es doch? Als Strauß unter den Lindenbäumen des Sperlgartens geigte, die Backhühner in den Pfannen prasselten und Metternich und Sedlnitzky um russisches Geld regierten? Oder früher, als Kaiser Franz sich die Taschen vollstopfte und dann Bankerott machen und später die Völker ihm seinen Thron retteten und er ihnen dafür eine freie Ver¬ fassung versprach, um die ihre Kinder heute noch mit den Soldaten seines Sohnes die blutigsten Kämpfe kämpfen müssen? Hochkomisch ist die Zumuthung Herrn Schmidts, das schwarzgelbe Banner nicht als Zeichen der Reaktion oder des alten Glückes, sondern als Fahne des jungen freien Oesterreichs aufzupflanzen. Was würde Herr Schmidt antworten, wenn wir ihn aufforderten Jesuite zu werden, nicht um mit den schlechtesten Mitteln den schlechtesten Zwecken zu dienen, sondern um als ein ehrlicher, offener Mann Wahrheit und Freiheit zu befördern!? Die Uni¬ form eines Jesuiten scheint uns aber nicht eine empfeh¬ lenswerthe Tracht für einen freisinnigen Mann, und eben¬ sowenig finden wir es gerathen, die Farben des alten Glückes flattern zu lassen vor den Kämpfern der neuen Zeit. Aus Brünn beklagt man sich, daß das dortige Gu¬ bernium versprochen habe, dem Publikum über die Vor¬ gänge in Wien sichere Nachricht zu geben, ohne daß dieses Versprechen gehalten worden wäre. Unser Herr Regierungspräsident hat sich zwar nicht veranlaßt gefunden uns Aehnliches zu versprechen — wir meinen aber es wäre seine Pflicht, die in großer Theil¬ nahme für Wien und in ungeheurer Aufregung lebende Provinz über das Schicksal der geliebten Hauptstadt so viel als möglich zu unterrichten. Bekommt denn der Herr Präsident keine Berichte aus dem Lager von Wien? Uns schiene es dankenswerther und mehr im Sinne seiner Stel¬ lung als konstitutioneller Beamter, wenn er sich mit Energie um das Schicksal Wiens und des Reichstages be¬ kümmerte, als daß er zu erforschen trachtet, wer diesen oder jenen Gedanken in's Volk warf. Warum wurde die letzte Erklärung des Reichstages gegen Windischgrätz nicht publizirt? Steht der Herr Präsident noch immer in un¬ mittelbarem Verkehre mit dem Wiener Ministerium — und wo nicht — hält er die Stellung und das Treiben der Truppen und ihrer Führer, die jenen nothwendigen Ver¬ kehr aufheben, für gesetzlich? Und müssen wir Un¬ gesetzlichkeiten dulden? Wie gefällt Ihnen dieser Gedanke, Herr v. Schwarz¬ gelb: Ein sittlich gebildetes Volk hat wahrlich ganz andere Wünsche, als in Fesseln gefüttert zu werden—? Wenn doch Jemand, der in Olmütz aus= und eingeht, so gefällig wäre, am geeigneten Orte den Vorschlag zu machen, man möge Kommissäre in die Provinzen schicken, um den Eindruck zu erfahren, den Wiens Fall gemacht hat. Nur müssen diese nicht blos die Bureaur, Raths¬ keller u. dgl. besuchen. Hübsch überall hin, meine Herren Kommissäre und dann pro und contra wohl erwogen und in Olmütz nicht gelogen! 6 * Erklärung. Einige hiesige Garden erlaubten sich von dem hiesigen Herrn Kommandanten zu einer Linzerreise auch Urlaubs¬ karten für uns Unterzeichnete ausfertigen zu lassen. Wir erklären hiemit, daß wir von dem Zweck dieser Linzerreise vom 31. Oktober gar nichts wußten, noch weniger, daß wir Jemanden beauftragten, eine solche Karte in unserem Namen von dem Herrn Kommandanten zu erwirken; ver¬ wahren uns daher feierlichst gegen eine allenfalls gemachte Anwendung derselben. Fröhlich, Kaufmann: Bichler, Zimmermeister. Joh. Beninger. Mit einem Anzeiger Nr. 35 und einer politischen Wochenschau Nr. 5. Verntwerlicher Acdatenr Aler. Jul. Schindler; Mirdaten F. 10, Arming. Druck und Verlag von Haas in Steyr.

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