266 des Schreckens und des Bajonnetkommando's. Wer kann nach solchen Inkonsequenzen fortan auch nur die geringste Sympathie für den czechischen Namen fühlen? Entweder hatten die Czechen im Juni Windischgrätz gegenüber Recht oder Unrecht. Hatten sie Recht, dann war Windischgrätz ein blutiges Werkzeug der Reaktion, und die, die ihn da¬ mals verdammten, müssen ihn noch verdammen. Thun sie es nicht, dann sind sie elende Heuchler, Feiglinge, nieder¬ trächtig so sondergleichen, daß die Geschichte keinen schlechten Ausdruck genug haben wird, sie zu bezeichnen — denn sie frohlocken, wenn der Held der Reaktion, den sie einst selbst verdammt, eine Stadt zu vernichten auszieht, die durch ihre Stimmenerhebung gegen die Eigenmächtigkeit desselben Reaktionärs, als er Prag bedrohte, diese Schadenfreude nicht verdient hat. Die Czechen heucheln somit doppelt; sie heucheln jetzt dem Fürsten Verehrung und Anbetung, oder sie haben damals gegen ihn Entrüstung geheuchelt. Hatten sie im Juni Unrecht, dann hatte Windischgrätz wahr gesprochen, daß sie Verschwörungspläne hegen, die nichts weniger als den Ruin der Monarchie bezwecken. Und diese Leute, diese Empörer sprechen jetzt von ihren loyalen Gesinnungen? Diese tragen jetzt den Spruch auf ihrem Banner: Wir wollen die Gesammtmonarchie er¬ halten! O es wäre zum Lachen, wenn es nicht zu elend wäre! Ob die Czechen im Juni Recht hatten, oder Un¬ recht — es ist ein Trauriges, ihnen haarklein beweisen zu können, daß sie heute in beiden Fällen heucheln, und sich und die Gesammtmonarchie betrügen. Die damals sich gegen Oesterreich verschworen hatten, kriechen heute im Schlamme der loyalsten Gesinnung! — Glaubten wir da¬ mals nicht an eine Verschwörung, so glauben wir heute daran! Doch mögen die zusehen, die sich gegen Oester¬ reichs Freiheit verschwören, daß sie sich nicht verrechnen. Es müßte mit Wunder zugehen, wenn es nicht geschähe; denn der erste Paragraph des geheimen Verschwörungs¬ vertrages ist — wechselseitige Heuchelei und wechselseitiger Betrug. Obernberg Heute wollten von hier 30 Finanzaufseher mit einem Respicienten als Freiwillige für die Sache Wiens dahin eilen, es sollte jedoch durch die Cameralbehörde in Ried die Sache rückgängig gemacht werden. Volk und Garden von Obernberg wollten so eben nach Ried, um die Loslassung des Respicienten, den man nach Gerüchten dahin vorge¬ fordert und eingesperrt hatte, zu veranlassen; so eben er¬ scheint jedoch fraglicher Respicient hier, und das Letztere hat sich nun behoben. Oert m Inn 1848. So eben lese ich von Serbensky einen Aufruf zur Ordnung, Gesetzlichkeit 2c., während Wikenburg in der Steiermark den Landsturm unterstützen soll, zwei sonder¬ bare Gegensätze. Sagen sie mir aufrichtig: Glauben Sie, daß es Serbensky mit der Freiheit des Volkes ehrlich meint und daß es nicht besser wäre, er hätte in dieser Zeit längst seinen Platz verlassen?“ *) Er wird wohl selbst gehen! D. Red. iches. Ich beeile mich nachstehendes Schreiben meinen Lesern, zumal in Steyr, mit der Versicherung mitzutheilen, daß die freundschaftliche Einigung mit Hrn. Vacano mir zur auf¬ richtigsten Freude gereicht. Mögen sich Alle, die sich in Steyr gegenüber stehen, so männlich in diesen Tagen der Gefahr verbinden. Aler. Jul. Schindler. Geehrtester Herr! Die drohende Gefahr, welche nicht allein über die Stadt Wien, sondern auch über die noch junge Freiheit Oesterreichs hereingebrochen ist, muß jeden Freund dieser Freiheit, worunter ich auch Sie und gewiß mit Recht zähle, vom Worte zur That rufen; sie muß alle andern Verhält¬ nisse und persönlichen Zerwürfnisse in den Hintergrund drängen, ja gänzlich vergessen lassen. Ich wende mich daher mit aller Zuversicht an Sie und Alle, welche mir bisher wohl nur aus formellen Rück¬ sichten Ihr Vertrauen noch nicht zuwendeten, in der sichern Hoffnung, daß Sie, denselben Zweck mit mir anstrebend, Ihren Eifer und Ihre Kräfte nicht vereinzelnen, sondern nach der bereits mündlich erfolgten Verständigung mich mit Ihrer Einsicht und Thatkraft kräftigst unterstützen werden. Ihr ergebenster Vacano. An das löbliche Nationalgarde=Kommando der Stadt Steyr. Die muthigen und wahre Freiheitsliebe beurkundenden Worte welche die hochherzige Nationalgarde der Stadt Steyr in ihrer Adresse vom 11. Oktober aussprachen, haben in der Reichsversammlung volle Anerkennung gefunden. Da sich jedoch der Reichstag in seiner Wirkungssphäre nicht mit den Vertheidigungsmaßregeln unmittelbar befaßt, sondern dieselben dem Nationalgarde=Oberkommando im Vereine mit dem Gemeinderathe übertragen hat, so wurde die Adresse sogleich diesem Oberkommando zu¬ gewiesen. Auf dessen Ruf wird die mannhafte National¬ garde der Stadt Steyr gewiß nicht säumen, zum Schutze der Volksfreiheit und des konstitutionellen Thrones, denn Beides ist gefährdet, schleunigst heranzuziehen, und vereint mit den tapfern Wienern ihr Blut einzusetzen. Wien am 14. Oktober 1848. Vacano, Abgeordneter der Stadt Steyr. Mit einer politischen Wochenschau Nr. 3. Verantwortlicher Redakteur Alex. Jul. Schindler; Mitredakteur F. W. Arming. Druck und Verlag von Haas in Steyr.
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