264 unterthänigen auf Grund und Boden gehafteten Leistun¬ gen, als: Robot, Zehent 2c. Euch zugesagt hat, sind Euch gesichert, und ich erneuere Euch dießfalls mein kaiserliches Wort so wie ich es während meiner Reise mehreremal mündlich kund gegeben habe. Es ist mein fester Entschluß Euch diese Befreiungen zu wahren. Seid daher ruhig und unbesorgt, meine treuen Landleute! und wenn es Menschen gibt, welche das Wort Eures Kaisers in Euren Augen zu verdächtigen suchen, so sehet sie als Verräther an mir und an Euerem eigenen Wohle an, und benehmet Euch hiernach. Olmütz am 15. Oktober 1848. Wessenberg. Ferdinand. Das Manifest sagt „er konnte sich nicht allenthalben von seinem treuen Volke umgeben finden.“ Dieser Satz hat durch das ganz bedeutungslos hier stehende Zeit¬ wort „konnte“ gar keinen Sinn. Es ist somit jene Soldatenflucht gar nicht gerechtfertigt, und sie bleibt als ein unveranlaßtes aufreizendes Beispiel auf einem dunkeln Blatte der Weltgeschichte stehen. Das Verletzendste des Manifestes bleibt aber, daß nach der bombastischen Aufschrift „An meine Völker“ doch nur von den „Landleuten meiner Staaten“ die Rede ist. Ihnen wird die Befreiung von Zehent und Robot garan¬ tirt, dem Gewerbestand, der Intelligenz und den Arbeitern wird nichts garantirt. Preßfreiheit, Natio¬ nalgarde, gleichmäßige Selbstbesteurung und Selbstgesetzgebung, zeitgemäße Gewerbe= und Gemeinde=Ordnungen, ein neues Rekruti¬ rungsgesetz u. s. f. sind jenen drei Ständen nicht ga¬ rantirt — sie mögen zusehen, wie sie es erhalten. Nur eine Frage stelle ich an die Bauern: Die Be¬ freiung von den unterthänigen Leistungen ist euch garan¬ tirt, ist euch auch garantirt, daß ihr sie um ei¬ nen wohlfeilen Preiswerdet ablösen können?? Diese Garantie kann euch nur ein frei aus dem Volke ge¬ wählter Reichstag geben und ist euch ein solcher Reichstag garantirt? Ihr antwortet mir darauf: „O ja — das geschah durch frühere Versprechungen!“ Hat man euch in Bezug auf Zehent und Robot das gegebene Wort erneuert, wa¬ rum erneuert man es nicht auch in Bezug auf den Reichs¬ tag, der euch noch viele Lasten vom Halse nehmen, der euch noch von Vielem bewahren kann — ich nenne nur: die Ungerechtigkeit des alten Rekrutirungsgesetzes, eine un¬ verhältnißmäßige Besteurung, Finanzwachplackereien u. s. f. Auch wir, die wir keine Landleute sind, blieben bis jetzt dem Kaiser treu und werden ihm auch fürder treu bleiben — bleibt nur auch er uns treu. Was der Ackersmann fordert das fordert auch der Schmied, der Kaufmann, der Gelehrte: vernünftige Freiheit, nur beschränkt durch die Nothwendigkeit des Staatsverbandes und unbedingte Gleichheit vor dem Gesetze. Man sieht, es hat blutige Früchte getragen, Nationen gegen Nationen zu hetzen, man säete Drachenzähne, als man das Militär in einer gehässigen Stellung gegen das Civile erhielt, und nun beginnt man Stände gegen Stände aufzureizen. „Wer anders spricht als dieses Manifest, den seht als Verräther an und benehmt euch darnach!!" Ich wage es nicht niederzuschreiben, an welche Politik des Jahres 1846 mich diese Stelle mahnt. Nein das kann der Wille des Kaisers nicht sein, solches Verderben herabzurufen, über „meine Völker.“ Du großer weiser Weltenkaiser, da oben! Sind wir denn nicht auch deine Völker — willst auch du uns verlassen, uns Männer des Hammers und der Feder. O lange herab mit Deinem schützenden Arm und säubere Du unsere Gefilde von unseren Feinden. Schütze Du die Konstitution, die wir von Dir haben, schütze Du die Berechtigung zur Freiheit, die Du mit Flammenzügen in unserem Herzen geschrieben hast. Jede Welle unseres Blutes, jedes Atom unseres Fleisches schreit Recht und Freiheit im Namen Gottes un¬ seres Schöpfers. Ferdinand, vor 200 Jahren ein Kaiser des Habsbur¬ gischen Stammes, war einst von der rohen Gewalt der großen Herren seines Reiches in seiner Freiheit arg bedroht. Flehend um Hülfe warf er sich vor einem Christusbilde nieder und betete und das Bild sprach: „Ferdinand — ich werde dich nicht verlassen.“ Ferdinand, Kaiser noch an diesem Tage, du bewahrst noch in deinen Familienschätzen jenes wunderthätige Bild. Lasse es dir nach Olmütz bringen, und stelle es auf deinen Betschemel. Die Großen deines Reiches bedrohen deine Freiheit zu Handeln mit roher Gewalt, sie führen dich auf falsche Pfade, auf falschen Pfaden führen böse Or¬ denssterne dich weit ab von der Liebe deines Volkes, das seit Jahrhunderten bis heute noch treu blieb deinem Stamme. Kniee hin vor jenes Kreuzesbild und bete wie dein Ur¬ ahn um Rettung aus der Noth. Und du tröstender Gott, wunderthätiger Geist der Liebe, öffne deine Lippen und senke mit allmächtiger Gewalt in das Herz unseres Kai¬ sers die Worte: „Ferdinand — verlasse dein Volk nicht, dann werde auch ich dich nicht verlassen!“ Aler. Jul. Schindler. Die stehenden Heere und die neue Zeit. Eine Interpellation von Dr. Reyer. Das Verhältniß der stehenden Heere gegenüber den in Entwicklung begriffenen Zuständen ist schon vielfach Ge¬ genstand der Besprechung, leider oft leidenschaftlicher Bespre¬ chung gewesen. Wenn ich heute diesen Gegenstand zu erörtern unternehme, so geschieht es mit dem aufrichtigen Wunsche, zur friedlich en Entwicklung unabweisbarer Neuerungen beizutragen. Ich gehe hierbei von der Ueber¬ zeugung aus, daß keine Empfindlichkeit so groß ist, daß
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