Zwanglose Blätter, Nr. 61, vom 14. Oktober 1848

257 Freiheit einschlagen, welchen der freiheitliebende, wahr¬ haften Patriotismus fühlende, intelligente Wiener betreten hat, um vereint mit Deutschland das große Werk der Geschichte der Der Ursprung der Beredsamkeit fällt in die frühe¬ sten Zeiten des gesellschaftlichen Lebens. Sie mußte noth¬ wendig ein Erzeugniß der Natur sein, und eben so durch das Bedürfniß des Umganges entstehen, als sie durch Uebung fortgebildet und zu einer kunstgemäßen Behand¬ lung erhoben wurde. Die Griechen, welche eine der Beredsamkeit gün¬ stige, republikanische Verfassung mit Talent, Sprachbildung und Philosophie vereinigten, sind das erste Volk, unter dem wir die Beredsamkeit nicht blos geübt, sondern auch auf Regeln zurückgeführt sehen. Sie hatten ihre Rhe¬ toren, als: Aristoteles, Dionys von Halikar¬ naß, Hermogenes, Demetrius Phalereus, Longinus, Aphtonius und Theon, und außer ihnen mehrere berühmte Redner, als: Perikles, De¬ mosthenes, Aeschines Lysias und Isokrates, die von ihrer Beredsamkeit bei öffentlichen Angelegenheiten des Staates, oder bei gerichtlichen Untersuchungen Ge¬ brauch machten, daher man diese Beredsamkeit die gericht¬ liche zu nennen pflegt. Von den Griechen ging die Beredsamkeit zu den Rö¬ mern über. Auch der römische Staat war in seiner blühendsten Zeit republikanisch, denn alle Geschäfte wurden durch Reden an das Volk abgemacht. Die Beredsamkeit wurde daher sowohl mündlich als schriftlich gelehrt, und durch Cicero und Quintilian auf den höchsten Gipfel der Vollkommenheit erhoben. Bald nach Cicero aber nahm sie immer mehr und mehr ab, und sank in eben dem Grade, in welchem die römische Freiheit der Willkür der Despoten unterliegen mußte. Unter den neu=europäischen Völkern hat die Beredsamkeit weder gleichen Ruhm erwerben, noch beträcht¬ liche Wirkungen hervorbringen können, da die politischen Reden aus den Gerichtshöfen durch veränderte Staatsver¬ fassungen verdrängt wurden, und nur in neuester Zeit sich hie und da wieder einigen Eingang verschafft haben. In¬ Pfeffe Radetzky soll dieser Tage auf Umwegen erfahren ha¬ ben daß es neben der „Sache des Thrones“ auch eine Sache des Volkes gebe. Er soll sich entschlossen haben in Zukunft in seinen Antwortschreiben auf erhaltene Glück¬ wunsch=Adressen auch dieser Sache des Volkes zu er¬ wähnen. Im „Vaterlandsfreund“ gesteht das deutsche Parla¬ mentsmitglied für Linz, Namens Kagerbauer, daß er in der dänisch= deutschen Waffenstillstandsfrage für die Nicht¬ sistirung des militärischen Vollzuges und daher im Inte¬ resse der königlich preußischen Politik gestimmt habe. Volks¬ vertretern aus andern Theilen Deutschlands wurde für eine gleiche Abstimmung ein Mißtrauensvotum zu Theil. Was Humanität und Freiheit zu vollenden, wodurch allein Oesterreich erstarken und mächtig und groß werden kann. P. H. Beredsamkeit. dessen gewann sie durch die allgemeinere Einführung des Christenthums ein neues Feld, nämlich die Lehrstühle der Religion. Hier stand sie um das vierte Jahrhundert un¬ serer Zeitrechnung in so großem Ansehen, daß mehreren Kanzelrednern, wie Chrysostomus, Ambrosius, Hieronymus, in der Kirche, wie den Schauspielern im Theater, Beifall geklatscht wurde. Doch erst mit dem Erwachen der Wissenschaften ge¬ wannen Wohlredenheit und Beredsamkeit ein neues Leben, das besonders durch das Studium der alten Sprachen an¬ geregt und gekräftigt wurde. Frankreich erzeugte einen Patru, Fontenelle, Massillon, Bossuet, Fle¬ chier und Saurin; England einen Tillotson, Sher¬ lock, Sterne, White und Blair. Späterhin erhob sich auch die politische Beredsamkeit in Frankreich durch Mirabeau, Deseze, Portalis, Carnot und in England durch Edmund Burke, For, Wil¬ liam Pitt, Wilberforce Brougham, Can¬ ning 2c. Am spätesten, und meist auf Kanzel und Ka¬ theder beschränkt, finden wir die Beredsamkeit in Deutsch¬ land, wo Mosheim, Jerusalem, Cramer, Giseke, Schlegel, Spalding, Resewitz, Teller, Zolli¬ kofer, Henke, Rosenmüller und Engel als her¬ vorstechende Namen glänzen, denen sich in der neueren und neuesten Zeit Reinhard, Marezoll, Ribbeck, Kindervater Wedag, Hanstein, Ammon, Schu¬ deroff, Sonntag, Schleiermacher, Tzschirner, Schott, Dräseke, Theremin 2c. ruhmvoll anschlossen. Die politische fand neues Leben zuerst in denjenigen Staaten, die eine konstitutionelle Verfassung annahmen. Auch traten seit der Mitte des 18. Jahrhunderts mehrere Schriftsteller auf, die mit der Verbesserung und gründ¬ lichen Erforschung der deutschen Sprache zugleich theoretisch und praktisch die rhetorische Bildung auf Schulen und Universitäten zu fördern sich bemühten, namentlich in Preußen, Sachsen, Bayern und Württemberg. körner. werden die Linzer veranlassen? Das Mitglied für Steyr. C. Wagner, stimmte für die Sistirung des Waffenstill¬ standes. Warum gibt dieser Deputirte dem Hauptorte seines Wahlbezirkes, dem es nicht an öffentlichen Blättern mangelt, niemals Nachrichten von seiner Wirksamkeit und andern wichtigen Ereignissen im Reichstage? Aus Linz schreibt man: Unsere Stadt befindet sich in glücklicher Ruhe. Niemand politisirt als der Herr Regie¬ rungspräsident und die Herren Regierungsräthe, und diese halten sich dabei strenge an Kropetscheks Gesetzsammlung. Der Großtheil der Einwohner ist recht produktiv und ist nur immer über Alles das entrüstet worüber die Wiener¬ zeitung entrüstet zu sein geruht. Zur Belohnung dieser

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