Zwanglose Blätter, Nr. 60, vom 11. Oktober 1848

b. In das ihm stets treu gebliebene Wien zurück¬ kehren. c. Dem Jellachich das Mandat vom 3. d. M. ab¬ nehmen und eine Pacificirungs=Kommission für Ungarn und Kroatien in Wien niedersetzen. d. Dem Militär erklären, daß er konstitutioneller Herrscher sei, und es darauf beeiden, daß es die Konstituirung des Vaterlandes und seine eigene Vertretung durch den Reichstag aner¬ kenne und schütze, und bis zur Vollendung der Verfassung nie einem nichtcontrasignirten Be¬ fehle Folge leisten werde. 4. Sollen die Landtage Adressen an die Landeskinder in der Armee erlassen, und diese abmahnen gegen ihren eigenen Herd und ihr eigenes Glück zu kämpfen; 5. endlich für den Fall, als sich feindselige Truppen gegen Wien wenden, den Reichstag und das Mini¬ sterium um definitive Verhaltungsregeln bezüglich des bewaffneten Zuzuges zum Entsatze von Wien drin¬ gend bitten. 6. Unter Einem soll die deutsche Centralgewalt in Frank¬ furt angegangen werden zu erklären, daß sie jeden antikonstitutionellen Angriff, zumal durch nichtdeutsche Führer und Truppen, gegen Wien und den Reichstag für eine Kriegserklärung gegen Deutschland erkenne. Alles dieses zu thun sind die Provinzen den Wienern und der Freiheit schuldig — sie sind aber auch vollkommen dazu berechtigt, was ich Satz für Satz zu beweisen be¬ Aler. Jul. Schindler. reit bin. Zur Würdigung einer gewissen Kreuzerliteratur. Die beliebtesten Artikel der Buchhändler in den Pro¬ vinzstädten sind gewisse grob auf grobes Papier gedruckte Traktätchen, Prophezeihungen, Spezialandachten, Wunder¬ erscheinungen und die Herren haben Recht, ihren vollen Eifer dem Vertriebe dieses Schlundes zuzuwenden. Die Leute, die einen Groschen schwer entbehren und nie den Drang gefühlt haben in ein Buch zu schauen, trotz der dunkeln Sage daß in den Büchern die Weisheit geschrie¬ ben stehe laufen mit Hast in den Buchladen, sobald wie¬ der ein solcher Wisch ausgehängt ist. Betrachtet man aber diese Schriftchen näher, so bemerkt man bald, daß sie alle von einer Parthei ausgehen, die dabei nicht vergißt für ihres Leibes Wohl zu sorgen. Die mit Händen zu grei¬ fende Absicht der Verfasser ist es meistens den maßgebenden Einfluß der Geistlichkeit in alle Welt= und Familienhändel als eine heilsame Nothwendigkeit darzustellen das Gedächt¬ niß an die Wirksamkeit eines älteren Wallfahrtsortes auf¬ zufrischen, oder die Tugenden eines neuentdeckten anzu¬ preisen. Mich erinnert diese Wallfahrts= und Wunder¬ literatur an die bombastischen Monografieen gewisser Badeärzte, die gerne alle decrepiten Notabilitäten Euro¬ pa's in dem Badeorte, in dem sie eben stationirt sind, locken möchten, um einer einträglichen Dukatenpraris theil¬ haftig zu werden. In neuester Zeit hat eine angebliche Wundererscheinung zu Obermauerbach in Bayern, allwo die Mutter Gottes einem Hirtenknaben auf freier Weite erschienen sein soll, in einer gewissen Klasse viel Aufsehen gemacht, und ein Schriftchen darüber hat unsern Spedi¬ teuren der Intelligenz manches Prozent getragen. Auch der Aberglaube bekam dadurch wieder einen nicht geringen Vorschub und Pater Kochems Epigonen rieben sich im Stillen vergnügt die Hände. Das bischöfliche Or¬ dinariat zu Augsburg aber durchschaute den ganzen Betrug, und im Interesse der wahren Religiosität unter¬ suchte es mit wahrhaft christlichem Eifer den ganzen Fall und fand, daß ein ziemlich geistesschwaches Kind ge¬ täuscht und theilweise zur Angabe der Unwahrheit verleitet worden war. Wir geben hier das bischöfliche Ordinariats=Gutachten sammt der angefügten Kundmachung der Regierung von Oberbayern, ohne einer weiteren Bemerkung als der, daß es dießmal kein sogenannter Freigeist, sondern ein wür¬ diger katholischer Bischof ist, der den Betrug zu entlarven und dem Aberglauben zu steuern sucht. Im Namen 2c. 2c. Nachdem der Hirtenknabe zu Obermauerbach, k. Land¬ gerichts Aichach, Namens Johann Sichelmeier, vorgab und verbreitete, daß ihm am 12. d. J. auf einem Wald¬ platze bei Obermauerbach die Mutter Gottes erschienen sei und ihm über große Strafen, welche Gott über die Menschen wegen ihrer Bosheit schicken werde, gesprochen habe, so sah sich der hochwürdige Herr Bischof von Augsburg veranlaßt, bezüglich dieser angeblichen Wun¬ dererscheinung die erforderliche kanonische Untersuchung ein¬ leiten zu lassen. Nach geschehener Untersuchung und gepflogener kolle¬ gialer Berathung wurde von dem bischöflichen Ordinariate Augsburg einstimmig anerkannt: 1. Daß die vom Anbeginne der Untersuchung bis zum Schlusse stets ganz gleichförmig gegebene und beharrlich als wahr behauptete Erzählung des Knaben aus inneren Gründen und im Gegenhalte zu den nach wiederholten Proben ermessenen Fassungsvermögen desselben aller Glaubwürdigkeit entbehre. 2. Daß jene gedruckten Erzählungen, welche von der Aussage des Knaben abweichen, indem sie die angeblichen Worte der Mutter des Herrn zu verbessern suchen, um so weniger Glauben verdienen, als sie von dem Knaben selbst, auf dessen alleinige Autorität sie sich stützen, wider¬ sprochen werden. Dieses Ergebniß zur öffentlichen Kenntniß zu bringen, sieht sich die unterfertigte Stelle bei der Verbreitung, die der Sage bezüglich der fraglichen Erscheinung durch öffent¬ liche Blätter und vorzugsweise durch die erwähnten ge¬ druckten Erzählungen geworden, um so mehr veranlaßt, als die Bekanntschaft mit dieser Anschauung der geistlichen

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