Zwanglose Blätter, Nr. 60, vom 11. Oktober 1848

Diese Blätter er¬ scheinen wöchentlic Zmal, Mittwochs und Samstag in einem halben Bo¬ gen groß Quart auf schönem Maschinen¬ papier (wenn es die Anhäufung int ressanten Mate¬ rials erfordert, mit einer Beilage), nebst einer wöchentlichen politischen Wochenschau. Zwanglose Blätter Oberösterreich. Preis für den hal¬ ben Jahrgang“ C.=M. vierteljäh¬ ig 1 fl. C.=M. Für luswärtige: pr. Post unter Couvert: 2 Halbjährig 42 kr., vierteljähria M. fl. 21 kr. C.= Inserate aller Art werden aufgenom¬ men bei Unterzeich¬ netem, der Raum einer Zeile mit nur 2 kr. berechnet. Nero. 60. Steyr am II. Oktober 1848. Das Volk steht auf, der Sturm bricht los! Wer legt noch die Hände jetzt feig' in den Schooß. Körner. Die Oktobertage in Wien. Welch' ein Kampf, der Wiens fünfte Revolution be¬ zeichnet! Möchte das viele Blut, welches in ihm geflos¬ sen, das rothe Schlußsiegel in dem Freiheitskampf Oester¬ reichs sein. Sie dürften nun endlich zur Besinnung ge¬ kommen sein, die der Kraft des Volkes nicht glaubten, welche es nicht wußten oder nicht wissen wollten, daß der Freiheitssinn so feste und breite Wurzeln geschlagen, Wur¬ zeln, die ineinander so verschlungen sind, daß man eine nicht auszureißen versuchen könnte, ohne eine andere zu rütteln, welche jene festhielt. Suchen wir nach den, dem gestrigen Kampfe zunächst vorangehenden Ursachen, so finden wir selbe freilich zu allererst in der Unpopulari¬ tät mehrerer Mitglieder der Regierung, welche mit Trotz den Volksvertretern, die dem Rechte und dem Wohle des Volkes das Wort führten, dem Volke selbst aber mit Ma߬ regeln begegneten, die seine Wünsche mit Geringschätzung zurückdrängten. Nähere Veranlassung aber zu dem Ereig¬ nisse gaben die Anordnungen, welche in Bezug auf die mit Muth und Freiheitsglut sich gegen eine, in das Land eingefallene und die Hauptstadt bedrohende feindliche Ar¬ mee erhebenden Magyaren getroffen wurden. Diese An¬ ordnungen erzeugten zugleich den Spalt in der Säule, auf die sich die Macht stützte: das Militär, nicht nur von der ungarischen Seite, sondern auch dort, wo man es nicht erwartet hätte. Das deutsche Grenadier=Bataillon Rich¬ ter, beordert, nach Ungarn zu marschiren, äußerte den Wunsch, zu bleiben. Die Mannschaft fraternisirte bei der Nordbahn mit Garde, Legion und Volk auf der einen Seite, während auf der Gegenseite am Damme Soldaten vom Regiment Nassau das Feuer auf das Volk, welches ihnen Kanonen abgenommen hatte, eröffneten. Von beiden Seiten wurden nun mörderische Schüsse gewechselt. Die eroberten Kanonen wurden später in die Stadt, auf die Hauptwache der Nationalgarde gebracht. Wir glauben, daß es nach diesem vielleicht noch nicht zu einem so erbitterten Kampfe gekommen wäre, wenn — und das ist die allernächste Ur¬ sache — nicht der Angriff von Seite der reaktionären Gar¬ den des Kärnthner=Viertels gegen die Wiedner=Garde ge¬ schehen wäre. Da stieg die Fluth immer höher. Garden, Legion, das Volk, schaarten sich zusammen, und verspreng¬ ten Alles, was ihnen gegenüber stand, und es geschah, was wir hier der Beschränktheit des Raumes willen, an¬ deutungsweise zusammenstellen. 6. Oktober. 1 Uhr Nachmittags. Kampf der liberalen Garden mit den reaktionären auf dem Stephans¬ platze. Die Stephanskirche, aus der die letztern feuern, wird erstürmt. Die Reaktionäre sind überwunden. Das Volk verbarrikadirte sich während des Kampfes in den Straßen. Halb 2 Uhr. Verrätherische Garden öffnen dem Militär das Schottenthor. Kampf zwischen Militär und Garden auf dem Graben und am Stock im Eisen. Das Militär wird bis auf den Hof zurückgeworfen. 4 Uhr. Auch hier weicht das Militär dem Volke, das die Hauptwache und die dort befindlichen Kanonen erobert. Der Kriegsminister Graf Latour fällt im Hof¬ kriegsraths=Gebäude ein beklagenswerthes Opfer der Volks¬ justiz. 6 Uhr. Das Militär ist aus der Stadt gezogen. Die Nationalgarde armirt die Wälle mit Kanonen, nach allen Regeln der Kriegskunst. Artilleristen, die zur Sache des Volkes treten, sind thätig. Ein Vertheidigungscomité tritt in Wirksamkeit. 7 Uhr. Der Sturm auf das kaiserliche Zeughaus beginnt. 7. Oktober. 7 Uhr Morgens. Die Besatzung des Zeughauses ergibt sich. Reichstagssitzung am 6. Oktober. Smolka präsidirt, da Strobach den Reichstag zusam¬ men zu rufen sich weigerte. Eröffnung. Eine Kommission geht Latour zu schützen. Umsonst. Der Reichs¬ tag erklärt sich permanent und bildet einen Ausschuß zur Wahrung der Sicherheit der Stadt. Der Weinhändler und Deputirte Scherzer wird Kommandant der National¬ garde. Dobblhof, der treffliche Hornbostl, Kraus erhalten ein Vertrauensvotum. Eine Deputation eilt zum Kaiser, mit einer von Pillersdorff verfaßten Adresse des Inhalts: a. Ernennung eines neuen Ministeriums mit Dobblhof und Hornbostl.

252 b. Absetzung Jellachichs. c. Amnestie. Diese Deputation kehrt zurück. Der Kaiser hat die Bildung eines neuen Ministeriums bewilligt, sonst Nichts. Am 7. Oktober verläßt der Kaiser abermals, obwohl die Wiener und der Reichstag nicht eine De¬ monstration gegen seine Person gemacht ha¬ ben, die Stadt und eilt unter starker Militärbedeckung man sagt nach Brünn oder Ollmütz. In einem Manifest erklärt er Wien verlassen zu müssen und er werde anderswo!?! Mittel suchen, die unterjochte Wiener¬ bevölkerung zu befreien. Minister Kraus, der vom Hofe aufgefordert ist dieses Manifest zu contrasigniren, übergibt es dem Reichstage mit der Erklärung: Da es gegen alle konstitutionellen Grundsätze verstoße, werdeer esnicht unterzeichnen. Darauf beschließt der Reichstag eine Denkschrift über die Lage des Staates an den Kaiser und an die Provinzen zu erlassen. Die Versammlung blieb bis 8 Uhr Morgens (Sam¬ stag) beisammen, und suspendirte um diese Zeit auf eine Stunde. 7. Oktober. Abends 7 Uhr. — Die Stimmung ist gedrungen, fest. Die Garde ist von einer bewunde¬ rungswürdigen Einigkeit beseelt — sie steht und fällt mit der Freiheit. Man zählt bis jetzt ungefähr 150 Todte und 400 Verwundete. — Die Reichsversammlung genießt das volle Vertrauen der Bevölkerung. An ihrer Macht und Größe, an den großartigen Maßregeln zur Verthei¬ digung der Stadt stählt sich das Bewußtsein und die Hal¬ tung der Bevölkerung. Dem Reichstag hat man zunächst zu verdanken, daß die Abreise des Kaisers wohl eine schmerzliche, aber keineswegs entmuthigende Wirkung, wie am 18. Mai, hervorbrachte. Auf den Wällen leuchten Wachtfeuer durch die Nacht. Ringsherum bivouakiren un¬ sere Garden. Es sind Männer von Besitz und Intelligenz Doktoren, Hausherren, Beamte, Kaufleute 2c., Männer mit grauen Haaren, aber mit jungen Herzen, von denen schon viele seit 36 Stunden auf dem Posten unabgelöst stehen, und sich nicht vom Flecke rühren. — Einen schmerz¬ lichen Eindruck macht es allgemein, daß das Landvolk der Hauptstadt nicht zu Hülfe eilt. Da wo die Reichsver¬ sammlung tagt, und wo die Männer ihr Blut vergießen, die den Bauern die Freiheit errungen, da ist jetzt die höchste Gefahr, und die Bauern, die uns versprachen, in jeder Gefahr an unserer Seite zu stehen, sie bieten keinen Land¬ sturm auf. Das ist traurig und enttäuscht uns sehr. — — Sämmtliches Militär, das die Kasernen in der Stadt und in den Vorstädten verlassen hat, bivouakirt auf der Höhe des Belvederes. Von dort aus soll die Stadt bombardirt werden. Es mögen an 10000 Mann dort lie¬ gen, doch dürfte es ihnen an nöthigem Geschütz fehlen, da wir die Kanonen aus den Zeughäusern im Besitze ha¬ ben, und das Militär nur das wenige Geschütz besitzt, welches sie aus den Vorstadt=Kasernen mitgeführt haben. Wie wir aus zuverlässigen Quellen hören, würden minde¬ stens 14 Tage dazu gehören, um Wien belagern zu können. Bis jetzt feht es dem Militär an Allem. Ein Straßen¬ kampf ist nun eine Unmöglichkeit. Am Hof haben gestern 200 Mann alles Militär in die Flucht geschlagen, und sechs Kanonen erobert! Die Gloggnitzer und Bruckerbahn ist vom Militär be¬ setzt. Die Mödlingergarde stieg in Meidling ab, und marschirte in die Stadt. — In den hiesigen Gesandschafts¬ kreisen kam die drohende Stellung des Militärs gegen die Stadt zur Sprache. Der englische Gesandte soll geäußert haben, daß es gegen das Völkerrecht wäre, wenn eine Stadt beschossen würde welche die Repräsentanten der Großmächte Europa's in ihren Mauern hat, und daß ein Angriff auf dieselbe die bedeutendsten Folgen nach sich zie¬ hen könnte. 8 Uhr Abends. Beruhigende Nachrichten. Das Miltär hat sich zu seiner eigenen Sicherheit im Schwarzenberg=Garten verbarrikadirt. Das vor der Ta¬ borlinie stehende Militär hat sich zum Abmarsche bereit erklärt. Die Stadt ist ruhig. Ueberblicken wir die ganze Bewegung, so sehen wir einen Kampf des Volkes gegen die entlarvte Reaktion früher hoch privilegirter Klassen, welche durchaus mit ihren Mit¬ bürgern nicht gleich sein wollen vor dem Gesetze. Von Pöbelrevolten und Pöbelherrschaft ist keine Rede, der Reichstag und alle Glieder des jetzigen, mit Anerken¬ nung des Kaisers bestehenden Cumulativ=Ministeri¬ ums haben sich für die Sache des Volkes erklärt. Es handelt sich darum, ob die konstitutionelle Freiheit Oesterreichs eine Wahrheit werden, oder eine süßliche Hof¬ lüge bleiben soll. Was hat das für unsere Freiheit bewaffnete Wien zu fürchten? Eine Belagerung durch jene Theile der Ar mee, die unter dem Einflusse der Camarilla stehen, deren Führer den gemeinen Mann so zu täuschen und zu belügen wissen, daß er, indem er auf seine Brüder feuert, gegen sein eigenes Fleisch, sein eigenes Glück, seine eigene Frei¬ heit wüthet und ganz dabei vergißt, daß er den Sol¬ datenrock nur gezwungen und meist für rei¬ chere und bevorzugtere Leute trägt, die sich begünstigt durch die alte Ordnung der Dinge, für deren Herstellung er jetzt kämpfen muß, dem Dienste entzogen, den er statt ihrer ver¬ richten muß. Was sollen die Provinzen jetzt thun? 1. Alle Nationalgardekörper und Gemeinden sollen Adressen an den Reichstag und die Wiener senden, wo sie beide ihres unwandelbaren Beharrens bei dem kon¬ stitutionellen Prinzipe ihres Vertrauens und ihres Dankes, endlich ihrer thätige Hülfe im Falle der Noth versichern. 2. Der Landeshauptmann oder ständische Präsident soll den Landtag unverweilt zusammenberufen. 3. Sollen die Landtage in Adressen an den Kaiser ihn der alten Treue versichern und bitten a. Er möge die Camarilla desavouiren und von sich entfernen.

b. In das ihm stets treu gebliebene Wien zurück¬ kehren. c. Dem Jellachich das Mandat vom 3. d. M. ab¬ nehmen und eine Pacificirungs=Kommission für Ungarn und Kroatien in Wien niedersetzen. d. Dem Militär erklären, daß er konstitutioneller Herrscher sei, und es darauf beeiden, daß es die Konstituirung des Vaterlandes und seine eigene Vertretung durch den Reichstag aner¬ kenne und schütze, und bis zur Vollendung der Verfassung nie einem nichtcontrasignirten Be¬ fehle Folge leisten werde. 4. Sollen die Landtage Adressen an die Landeskinder in der Armee erlassen, und diese abmahnen gegen ihren eigenen Herd und ihr eigenes Glück zu kämpfen; 5. endlich für den Fall, als sich feindselige Truppen gegen Wien wenden, den Reichstag und das Mini¬ sterium um definitive Verhaltungsregeln bezüglich des bewaffneten Zuzuges zum Entsatze von Wien drin¬ gend bitten. 6. Unter Einem soll die deutsche Centralgewalt in Frank¬ furt angegangen werden zu erklären, daß sie jeden antikonstitutionellen Angriff, zumal durch nichtdeutsche Führer und Truppen, gegen Wien und den Reichstag für eine Kriegserklärung gegen Deutschland erkenne. Alles dieses zu thun sind die Provinzen den Wienern und der Freiheit schuldig — sie sind aber auch vollkommen dazu berechtigt, was ich Satz für Satz zu beweisen be¬ Aler. Jul. Schindler. reit bin. Zur Würdigung einer gewissen Kreuzerliteratur. Die beliebtesten Artikel der Buchhändler in den Pro¬ vinzstädten sind gewisse grob auf grobes Papier gedruckte Traktätchen, Prophezeihungen, Spezialandachten, Wunder¬ erscheinungen und die Herren haben Recht, ihren vollen Eifer dem Vertriebe dieses Schlundes zuzuwenden. Die Leute, die einen Groschen schwer entbehren und nie den Drang gefühlt haben in ein Buch zu schauen, trotz der dunkeln Sage daß in den Büchern die Weisheit geschrie¬ ben stehe laufen mit Hast in den Buchladen, sobald wie¬ der ein solcher Wisch ausgehängt ist. Betrachtet man aber diese Schriftchen näher, so bemerkt man bald, daß sie alle von einer Parthei ausgehen, die dabei nicht vergißt für ihres Leibes Wohl zu sorgen. Die mit Händen zu grei¬ fende Absicht der Verfasser ist es meistens den maßgebenden Einfluß der Geistlichkeit in alle Welt= und Familienhändel als eine heilsame Nothwendigkeit darzustellen das Gedächt¬ niß an die Wirksamkeit eines älteren Wallfahrtsortes auf¬ zufrischen, oder die Tugenden eines neuentdeckten anzu¬ preisen. Mich erinnert diese Wallfahrts= und Wunder¬ literatur an die bombastischen Monografieen gewisser Badeärzte, die gerne alle decrepiten Notabilitäten Euro¬ pa's in dem Badeorte, in dem sie eben stationirt sind, locken möchten, um einer einträglichen Dukatenpraris theil¬ haftig zu werden. In neuester Zeit hat eine angebliche Wundererscheinung zu Obermauerbach in Bayern, allwo die Mutter Gottes einem Hirtenknaben auf freier Weite erschienen sein soll, in einer gewissen Klasse viel Aufsehen gemacht, und ein Schriftchen darüber hat unsern Spedi¬ teuren der Intelligenz manches Prozent getragen. Auch der Aberglaube bekam dadurch wieder einen nicht geringen Vorschub und Pater Kochems Epigonen rieben sich im Stillen vergnügt die Hände. Das bischöfliche Or¬ dinariat zu Augsburg aber durchschaute den ganzen Betrug, und im Interesse der wahren Religiosität unter¬ suchte es mit wahrhaft christlichem Eifer den ganzen Fall und fand, daß ein ziemlich geistesschwaches Kind ge¬ täuscht und theilweise zur Angabe der Unwahrheit verleitet worden war. Wir geben hier das bischöfliche Ordinariats=Gutachten sammt der angefügten Kundmachung der Regierung von Oberbayern, ohne einer weiteren Bemerkung als der, daß es dießmal kein sogenannter Freigeist, sondern ein wür¬ diger katholischer Bischof ist, der den Betrug zu entlarven und dem Aberglauben zu steuern sucht. Im Namen 2c. 2c. Nachdem der Hirtenknabe zu Obermauerbach, k. Land¬ gerichts Aichach, Namens Johann Sichelmeier, vorgab und verbreitete, daß ihm am 12. d. J. auf einem Wald¬ platze bei Obermauerbach die Mutter Gottes erschienen sei und ihm über große Strafen, welche Gott über die Menschen wegen ihrer Bosheit schicken werde, gesprochen habe, so sah sich der hochwürdige Herr Bischof von Augsburg veranlaßt, bezüglich dieser angeblichen Wun¬ dererscheinung die erforderliche kanonische Untersuchung ein¬ leiten zu lassen. Nach geschehener Untersuchung und gepflogener kolle¬ gialer Berathung wurde von dem bischöflichen Ordinariate Augsburg einstimmig anerkannt: 1. Daß die vom Anbeginne der Untersuchung bis zum Schlusse stets ganz gleichförmig gegebene und beharrlich als wahr behauptete Erzählung des Knaben aus inneren Gründen und im Gegenhalte zu den nach wiederholten Proben ermessenen Fassungsvermögen desselben aller Glaubwürdigkeit entbehre. 2. Daß jene gedruckten Erzählungen, welche von der Aussage des Knaben abweichen, indem sie die angeblichen Worte der Mutter des Herrn zu verbessern suchen, um so weniger Glauben verdienen, als sie von dem Knaben selbst, auf dessen alleinige Autorität sie sich stützen, wider¬ sprochen werden. Dieses Ergebniß zur öffentlichen Kenntniß zu bringen, sieht sich die unterfertigte Stelle bei der Verbreitung, die der Sage bezüglich der fraglichen Erscheinung durch öffent¬ liche Blätter und vorzugsweise durch die erwähnten ge¬ druckten Erzählungen geworden, um so mehr veranlaßt, als die Bekanntschaft mit dieser Anschauung der geistlichen

251 Oberbehörde Jedermann abhalten wird, den gegentheiligen Ausstreuungen irgend Glauben zu schenken und sich allen¬ falls zu Wallfahrtzügen zu dem Ort der vorgeblichen Er¬ scheinung verleiten zu lassen, welche im Falle weiteren Vor¬ kommens die unterfertigte Stelle und die ihr untergeordne¬ ten Administrativbehörden lediglich in die unangenehme No##¬ wendigkeit versetzen müßten, gegen deren Veranlasser und Theilnehmer einzuschreiten. München, am 13. September 1848. Königl. Regierung von Oberbaiern. Freiherr von Godin, Präsident. Dubois, Sekretär. Zur Geschichte des Tages. Wir bringen hier einen Bericht aus der deutschen kon¬ stitutionellen Zeitung über die Ursachen des am 25. v. M. in Berlin entstandenen Krawalles, und bitten unsere Leser ihn mit aller Aufmerksamkeit zu würdigen. Er gibt per analogiam dankenswerthe Fingerzeige, auf welchen Wegen der letzte blutige Zusammenstoß in Wien herbeigeführt wor¬ den sein mag. O wüßte ich doch für alle diese Kämpfer der absolutistischen Reaktion, für diese gehätschelten Schoo߬ kinder der Knechtschaft ein Eldorado, wo die Bäume sich vor jedem Adeligen neigen, und der Fluß stille steht und einem Fürsten den Vortritt läßt, der eben eine Strecke am Ufer hinab lustwandelt. O wüßte ich ein solches Land — ich würde pfeifend vorangehen, wie der Rattenfänger von Hammeln und die ganze hochgeborene Landplage aus Europa hinüber führen. Hier Freiheit — dort Noblesse so wünschte ich wie Rückert: Die von Ursprung aus Einer Mutter entstammen, In einem großen Haus Sollen sie wohnen beisammen. „Berlin, 26. September. Ein interessanter Vorfall legt wiederum einige der Fäden und Intriquen bloß, von denen das Volk sich so mannigfach umgarnen läßt. Wir sehen, daß hier nicht bloß eine jakobinische, sondern auch eine reaktionäre Aufwiegelung besteht, und daß die letztere ihren Theil an dem gestrigen Tumulte hatte. Wir erse¬ hen nämlich aus dem Rapportbuche der hiesigen Schlo߬ wache, daß der Graf Breßler, ein bekannter Reaktionär, gestern unter der Maske eines Demokraten und rothen Re¬ publikaners das Volk in die Königsstraße zum Aufruhr und zum Barrikadenbau aufgewiegelt habe. Der Graf wurde zunächst auf die Schloßwache gebracht, und ist von da aus auf die Stadtvogtei befördert worden. Damit dieser Vorfall richtig gewürdiget werde, müssen wir noch Neu Der Kaiser hat aus Sighartskirchen dem im Volke beliebten Minister Hornbostl geschrieben, er möge als kon¬ stitutioneller Minister behufs des Beirathes und der Con¬ trasignirung bei Erlässen in's Hoflager kommen. Hornbostl ist bereits abgereist. Jellachich soll mit seinen Truppen in Bruk an der bemerken, daß der Graf Breßler, ein sehr entschlossener und fanatischer Reaktionär, welcher sich nicht endblödete, den Minister Hansemann wegen der Aufhebung der Grund¬ steuerbefreiungen des Diebstahls zu beschuldigen, hier in Berlin nicht als Privatperson lebt, sondern als Ausschu߬ mitglied des bekannten Grundbesitzvereins, an dessen Spitze der alte Bülow=Cummerow sich gestellt hat und der es schon vielfach versucht hat, die Provinzen gegen Berlin aufzuwiegeln. Aus dem Vorfalle mit dem Grafen Breßler geht nun zur Genüge hervor, welche Mittel diese Parthei angewendet, um Berlin zu verdächtigen, und wo möglich einen reaktionären Schlag vorzubereiten. Interessant wäre es überhaupt, zu erfahren, wer gestern die Arbeitermassen veranlaßt hat, ihre Arbeit einzustellen und in die Stadt zu ziehen. Interessant wäre es gleichfalls, zu wissen, wo¬ her alle die rothen Jakobinermützen und auch die rothen Fahnen stammen, welche sich gestern zeigten? Es soll gar nicht geleugnet werden, daß die demokratische Parthei Ver¬ lin's jakobinische Elemente zählt, denen jeden Augenblick mit Tumult und Anarchie gedient wäre, doch sind diese Elemente gering gegen die besonnenen, und eine Thatsache ist es, daß gestern alle besonnenen Demokraten entschieden auf die Beruhigung des Volkes und die Erhaltung der Ordnung hingewirkt haben. Dagegen ist es eine That¬ sache, und der Vorfall mit dem Grafen Breßler bestätigt es, daß die reaktionäre Parthei gestern Abend sehnlichst Barrikaden und Krawall wünschte, um dadurch die Mili¬ tärmacht zu provociren. Wir haben uns heute bemüht, die reaktionären Fäden des gestriegen Abends so weit zu verfolgen, als es irgend möglich war, und wir sind dabei auf die interessante Thatsache gestoßen, daß das Herein¬ ziehen der Arbeitermassen in die Stadt gestern durch einen bekannten Mann veranlaßt wurde der den Demokraten längst durch seine reaktionären Verbindungen verdächtig wurde, während er vor dem Volke die Rolle eines Tri¬ bunen und gar Diktators spielen möchte.“ stes. Leitha, zwei Posten von Wien, stehen. Kossuth und die ungarische Armee aber ihm im Rücken sein. Wien ist ruhiger und die Verkaufsgewölbe sind schon wieder geöffnet. Der Himmel gebe endlich Freiheit und Frieden. Mit einem Anzeiger Nr. 31. Branwerlihr Aebaeter Alex. Iul. Schindier; Mitrehaetur F. 20., Arming. Druck und Verlag von Haas in Steyr.

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