246 Ufer war kein Kahn zu finden. Gegen 2 Uhr, als ge¬ meldet wurde man erblicke bereits das Dampfboot, begab sich der Ban zu Pferde, begleitet von seinem General¬ Adjutanten und den beiden Flügel=Adjutanten: Major Hompesch und Platner (von Preußen Inft.) an den Strand des Sees. Wir Uebrigen der Suite begaben uns als Zu¬ seher dahin, und bald gesellten sich Offiziere aller Trup¬ pengattungen, besonders Kürassiere zu uns, so daß wir gewiß bei 60 Offiziere versammelt waren. — In der Nähe lagerten Seressaner= und Banderial=Husaren. Das Ganze bot eine imposante Staffage zur schönen Gegend. —Was Fernröhre hatte, zog sie hervor. Der Dampfer war schon so nahe, daß man auf demselben vier Flaggen unterschei¬ den konnte. Wir alle spähten gespannt nach den Farben; man konnte sie noch nicht unterscheiden. Plötzlich durch¬ drang ein Ruf der Entrüstung unsere ganze Gruppe; wir hatten die Farben entdeckt! — Laut rief Alles: „Vier Flaggen und keine kaiserlich!“ *) — „Alle Flaggen sind ungarisch! und ein kaiserl. Prinz ist am Bord! Pfui! schändlich!“ Das Dampfboot blieb außer Kanonenschußweite stehen. — Ich besah es mit einem Fernrohre sein Name war „Kisfaludy,“ — eben fuhr das kleine Boot zur Leiter des Dampfers, und ein Mann, es schien mir, der Schiffs¬ Kapitän stieg in dasselbe, es stieß vom Dampfer ab und ruderte auf unser Ufer. — Den Erzherzog sah ich ganz deutlich am Bord des Kisfaludy mit zwei Herren in bürgl. Kleidung auf= und abgehen.. Sonst war Niemand am Ver¬ deck zu sehen. — Kaum hatten alle erfahren, daß der Erz¬ herzog am Dampfer geblieben war, als alles untereinan¬ der rief: „Der Ban darf nicht auf das Schiff, sie würden ihn wider Willen des Erzherzoges fortführen.“ Ein Kü¬ rassier=Offizier wurde an den beiläufig sechzig Schritt weit von uns stehenden Ban gesendet, mit der Bitte, derselbe soll nicht das Land verlassen. Ferner wurde beschlossen, ihn, wenn er doch auf das Schiff wolle, thätlich daran zu hindern. Der Ban versprach am Ufer zu bleiben. Das Boot landete, und unsere beiden Flügeladjutanten bestiegen es um den Palatin einzuladen, an's Ufer zu kommen. Das Boot kehrte mit dem Major Platner zuruck, welcher *) Nach der Meinung des Briefstellers hätte auch der Kaiser selbst schändlich gehandelt, als er in seiner Burg eigenhändig die schwarzrothgoldne und nicht die schwarzgelbe Fahne aufpflanzte. Oh!! berichtete, der Palatin möchte gerne an's Ufer kommen, doch gebe es seine Suite nicht zu. Wir alle hatten uns, als Major P. landete, schnell dem Ban bis auf 30 Schritte genähert, um ihn zu hindern, das Boot zu besteigen; doch dieß war überflussig, denn der Kommandirende gab zur Antwort, es thue ihm leid, in der nämlichen Lage zu sein, und Major P. fuhr allein ab. Als wir dieß sahen, wurde dem Ban ein gewaltiges Zivio gebracht, welches auf dem Kisfaludy sehr gut gehört wurde, wie wir später erfuhren. Wir waren alle sehr aufgeregt, und in großer Spannung. Abermals stieß das Boot vom Dampfer ab, dießmal kehrte Major Hompesch mit einem Husaren=Offi¬ zier zurück. Als sie sich dem Ufer näherten, erkannten wir in dem Husaren=Offizier Majoren Zichy. Er sprach einige Worte mit unserm Ban, worauf dieser sich zu uns wandte, und mit lauter Stimme rief: „Offiziere der kaiserlichen Armee! Soll ich das Ufer verlassen!“ Wir stürzten alle mit wildem Ungestüm vor, einige schwänkten den Csäkö andere hatten die Faust am Säbel, und alle riefen, man konnte sagen wüthend: „Nein!“ „Nein! Nein! — Nein!“ viele stürzten auf Zichy zu, wor¬ unter auch ich, und riefen: „Das Schiff führt keine kaiser¬ liche Flagge! Keine kaiserliche Flagge, es kann kein k. k. Prinz auf demselben sein, es wäre zu schmachvoll!!!“ Andere schrieen: „Se. k. k. Hoheit sind am Schiffe gefan¬ gen, er komme zu uns wir sind seines Kaisers Armee!“ Graf Zichy, der Ehrenmann sein soll, wurde blässer als dieß Blatt, und Thränen traten ihm in die Augen. „Ich sehe, sagte er, Seine Ercellenz haben Recht, ich kann nicht anders, als unverrichteter Dinge zurückkehren.“ Es war ein großer Augenblick, die Aufregung vom Ban bis zum jüngsten Offizier ungeheuer. Noch einmal kehrte das Boot mit Majoren Platner zurück, und wir verließen alle das Ufer, ehe noch der Dampfer sich zur Abfahrt in Bewegung setzte. Ich gönne dem Palatin die armselige Rolle, die er gespielt. Vom Volk und seiner Freiheit ist in allen diesen Brie¬ fen keine Rede. Jellachich ist wohl nicht nur geheimer Rath, sondern auch geheimer Völkerfreund. Wie steht er mit den Russen? Kennt er den Herzog von Leuchtenberg? Was macht der Panslavismus? Zur Geschichte des Tages. Es ist uns neulich von einer, dem Ministerium nahe¬ stehenden Person versichert worden, daß die Wienerzeitung zwar Amtsblatt, keineswegs aber ministerielles Blatt sei. (?) Ist dem wirklich so, dann rathen wir dem Ministerium sich ein anderes Blatt zum Amtsblatt zu wählen, da schon der Verdacht, als seien die anrüchigen, mit aller Partheiwuth, Ungeschicklichkeit und Roheit geschriebenen Artikel der alten Wienerin unter dem Einflusse des Mini¬ steriums geschrieben, diesem nur den größten Nachtheil bringen könnte. Wir empfehlen ihm Kuranda's kluge und reinliche Feder. Aus Wien. Gestern Nachts wollte man in der Gumpendorfer Kaserne mehrere Soldaten mit Stockstreichen abstrafen lassen, weil sie sich bei dem letzten Fackelzuge be¬ theiligt haben. Dieß gab Anlaß zu bedeutenden Krawallen. Der König von Württemberg soll zu Gunsten seines Sohnes abgedankt haben. A. Z. Grätz wird jetzt der Aufenthaltsort vieler kroatischer Familien; die Gasthöfe sind täglich voll von Neuangekom¬ menen. Es scheinen doch nicht alle Kroaten mit Jellachich Gr. Sch. zu harmoniren. Herr Vacano behauptet öffentlich, diese Blätter hätten in Nr. 55 ein Faktum, Hrn. Strobach und sein Verlassen des Präsidentenstuhles im Reichstage über einen Antrag Löhners betreffend, entstellt gebracht. In dem betref¬ fenden Aufsatze bin ich ganz dem Kammerberichte der Wiener¬ zeitung gefolgt, und trifft Jemand in dieser Sache den Vorwurf der Entstellung, so kann er nur die Wienerzeitung treffen. Was aber meine Behauptung betrifft: „der kon¬ stituirende Reichstag habe sich nur mit der Konstitution des Vaterlandes und mit nichts Anderem zu befassen,“ so ist sie zwar schon von vielen Seiten widersprochen, von keiner aber wider¬ Aler. Jul. Schindler. legt worden. Mit einem Anzeiger Nr. 30. . Schindler; Mitredaetar F. W. Keming. Druck und Verlag von Haas in Steyr.
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