Zwanglose Blätter, Nr. 58, vom 4. Oktober 1848

245 reichischen Kaiserstaate ist. Was soll denn der Satz im dritten Briefe: „Mein Ziel ist, den Kaiser wieder auf seinem Throne festzusetzen,“ in dieser Zeit und in dem Zusammenhange wie er dort erscheint, anders bedeuten als: „Ich will aus dem konstitutionellen Throne wieder einen absoluten machen!" Der edle Ban ist entlarpt, und er wird mit seinen Helfers¬ helfern seinem Schicksale nicht entgehen. Uebrigens bietet der dritte Brief ein anziehendes Bild von der Offiziersherrschaft die an den Ufern des Platten¬ sees herrscht. Aber es gibt, Gott sei Dank, in Oester¬ reich nur wenige Menschen, welche sich die Staatsver¬ fassung und die Gesetze nicht lieber von frei vom Volke gewählten Vertretern, als von irgend einem Offiziercorps diktiren ließen. Hier folgen die Briefe: 1. An Se. des k. k. Herrn Kriegsministers und General¬ Feldzeugmeisters, militärischen Marien Theresien= und meh¬ rerer andern Ordens Ritters wirklichen geheimen Rathes und Kämmerers Theodor Graf Baillet von Latour Excellenz! Hauptquartier Killity am Plattensee, am 23. September 1848. „So sehr ich für die hochgeneigte Sorge bezüglich der Zuwendung eines neuerlichen Geldverlages Euer Excellenz dankbar bin, eben so angelegentlich muß ich Euer Ercellen, wiederholt um die baldigste Zuwendung eines hinreichenden Verlags=Quantums für die beihabende Feldoperations¬ Kasse bitten. Ich befinde mich nunmehr mit meinen Truppen in dem ungarischen Gebiete, um für die allgemeine gute Sache Oesterreichs zu handeln; ohne blutendem Herzen kann ich dem theilweise schuldlosen Volke keine noch größeren Lasten aufbürden, als sie ohnehin der Durchmarsch einer so be¬ deutenden Truppenzahl mit sich zieht, — ohne dem nöthigen Gelde kann ich aber auch nicht einen Schritt weiter treten, daich theilweise die gute Stimmung des Land¬ volkes, sowie der Soldaten erhalten muß was jedoch ohne Geld, ohne der pünktlichen Zahlung der Verpflegsgebühren nicht mög¬ lich ist. Einen Gelderforderniß=Aufsatz ist es mir dießmal un¬ möglich vorzulegen, da ich bei dem alle Tage sich vermeh¬ renden Stande meiner Armee, und dem noch nicht er¬ folgten Zusammenstoße mit den slavonischen Truppencorps, einen solchen selbst nicht genau angeben kann, hierauf sich aber das Gelderforderniß allein stützt. Nach meiner Berechnung dürfte jedoch der reine Ver¬ pflegsbedarf am Gelde für den Monat Oktober d. I wenigstens auf 200,000 Gulden und jener für das Na¬ tural=Verpflegsgeschäft auf 400,000 Gulden somit in Allem auf 600,000 Gulden sich belaufen, und ich erlaube mir Euer Ercellenz ergebenst zu bitten, diese Summen mir längstens bis 1. künftigen Monats zuverläßig zu dispo¬ niren indem ich bei den nunmehr begonnenen Operationen für die gute Sache Oesterreichs von dem k. k. Kriegs¬ ministerium auf jede Hülfe rechnen kann, und zu rechnen berechtigt bin, dann von Hochdemselben um so weniger verlassen werden darf, als dieß mitten im ungarischen Lande, von den schrecklichsten Folgen für dieses Land, die Armee und die Gesammtmonarchie Oesterreichs sein würde. Sobald die Truppen=Vereinigung erfolgt werde ich nicht säumen, den Erforderniß= Aufsatz sogleich nachzutragen. Jellachich, m. p. 2. Abschrift eines an das Regiment Creß=Che¬ veaurlegers dto. Lengyetoti am 20. Sept. 1848 Nr. 188/Dsk. erlassenen Armeebefehls. Im Interesse des allerhöchsten Kaiserhauses und für die Rettung der Einheit unserer Gesammtmonarchie bin ich mit meinen mir untergeordneten Truppen bereits bis hieher vorgerückt Schon habe ich die Freude gehabt zu sehen, daß mein redliches (?) offenes (22) Streben erkannt daß von ehren¬ werthen, ritterlichen Männern auch anderer Truppen die Aufgabe, die jetzt die österreichische Armee zum Heile un¬ serer erlauchten Dynastie und des gemeinsamen Vaterlandes auszuführen hat, im richtigen Sinne aufge¬ faßt wurde. Herr Oberst von Sedlmider hat sich mit dem ganzen Regimente Graf=Hardegg=Kürassier, Herr Major Kaminsky mit einer Division von Creß=Chevaurlegers an mich an¬ geschlossen. Das Regiment Erzherzog=Johann=Dragoner ist end¬ lich im Anmarsche. Ich setze das Regiments=Kommando von der That solch' wackerer Männer zur eigenen Wissenschaft mit dem Beifügen in die Kenntniß, daß ich mit Vertrauen auf den bekannten ausgezeichneten Geist in der Armee mit freu¬ diger Zuversicht darauf zähle, wienach auch das Regiment seine loyale Denkungsweise bewähren, und seine Marsch¬ richtung auf der kürzesten Route nach Stuhlweißenburg nehmen wird, um sich mit meinen Truppen ehestens ver¬ einigen zu können. Jellachich, m. p., Feldmarschall. 3. H. O. Szemes, am 21. September Ein ewig denkwürdiger Tag. Es sollte heute richtig eine Unterredung zwischen dem Ban und dem Palatin statt¬ finden und zwar am Plattensee. Am halben Wege zwischen Leu. T. und hier wurde gerastet. Da sprach uns der Ban von der bevorstehenden Konferenz. Er sagte beiläufig Fol¬ gendes: „Heute werde ich eine Unterredung mit dem Pa¬ latin von Ungarn haben. Bringt mir derselbe nicht die Nachricht und die Garantie, daß das ungarische Mini¬ sterium mit dem österreichischen vereinigt sei, so wird die Konferenz ganz ohne Folgen sein. Mein Ziel ist die Her¬ stellung eines einigen kräftigen Oesterreichs. Mein Ziel ist, den Kaiser wieder auf seinen Thron fest¬ zusetzen. Mein Ziel ist, daß wir Alle friedlich neben einander leben sollen. Der Deutsche sei deutsch (?) der Ungar bleibe Ungar, (?) der Slave — Slave! Nichts soll mich von dem Wege, den ich betreten habe, ablenken. Ich habe von S. M. dem Kaiser seit meiner Ernennung zum Ban 21 Handbillete erhalten, die ich leider nicht in der Lage war zu befolgen. S. M. haben end¬ lich meine Handlungsweise gebilligt, doch S. M. der Kaiser kann mir noch 21 Handbillete senden, welche mich von meinem Ziele weglenken wol¬ len, ich würde sie nicht befolgen. Ich muß für S. M. handeln, wäre es auch wider deren Wil¬ len. Mißlingt mein Plan, zerfällt Oesterreich dann meine Herren, können Sie noch leben, wenn Sie wollen; ich aber — ich nicht! Ich kann nicht sagen, wie glücklich ich mich schätze in der Nähe eines solchen Mannes zu sein. Gegen Mittag kamen wir hier an. Irr' ich nicht, so hatte der Ban beschlossen, dem Dampfboote in einem Kahn entgegen zu fahren und zu warten, bis der Pa¬ latin ihm ebenfalls auf einem Boote entgegen kommen werde. Doch dieß konnte nicht sein, denn am ganzen

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