Zwanglose Blätter, Nr. 55, vom 23. September 1848

233 legion die Gebrechen und Mängel vor Augen zu führen, welche entweder in Wirklichkeit, oder nur seiner Ansicht gemäß bestehen, und da können wir nicht umhin, unsern Verfasser dafür zu loben, mit dem Wunsche jedoch, künf¬ tighin zum Behufe der allgemeineren Verbreitung unter uns, die eigene Presse Steyrs zu benützen, und seinen werthen Namen der Oeffentlichkeit ferner nicht zu verschweigen, da solche anonyme Aufsätze gerne den Schein eines Unrechts an sich tragen. Wenn unser Verfasser den Kommandanten der Na¬ tionalgarde der Stadt Steyr seiner Ruhe und Beliebtheit wegen belobt, so stimmen wir vom ganzen Herzen in dieses Lob ein; jedoch fügen wir der vollsten Wahrheit gemäß noch hinzu, derselbe sei nicht blos deßhalb, sondern seiner bür¬ gerlichen Stellung, mit der er sich längst die allgemeine Ach¬ tung der Bewohner erworben, seiner strengen Redlich¬ keit — Freisinnigkeit und besonderen Befähi¬ gung wegen, alles Lobes und jedes Opfers werth, da er Eigenschaften in sich vereinigt, welche ihn geradezu zu einer Zierde für den gesammten Gardekörper machen. Das Kom¬ mando der Nationalgarde der Stadt Steyn ist daher nicht blos dem Namen, sondern auch der That nach in den besten Händen, und die Behauptung unseres Staatsbürgers, „daß selbes der That nach in den usurpathorischen Fäusten eitler Lärmmacher sei ist eine grobe Luge. Möglich, daß unser Staatsbür¬ ger manchmal schon mit seinen Fäusten sich Geltung ver¬ schaffen mußte — wir Garden aber wollen uns vor sol¬ chen Gemeinheiten verwahren. Wir zählen keine Mitglieder unter uns, denen es um die Volks¬ wehre nicht Ernst wäre, wir kennen keine Lärmmacher bei uns, und müssen diesen Aus¬ bruch der rohesten Gemeinheit mit Entrü¬ stung zurückweisen. Was die Auszeichnung unserer Offiziere betrifft, so besteht sie lediglich in den allgemein üblichen Litzen am Kragen, die darum von Gold sind, da unsere Schützen gelbe Knöpfe tragen, und aus der schwarz=roth=goldenen Feldbinde, die wohl sehr schön und eben nicht wohlfeil ist. Es dürfte sich aber ereignen, daß sie ihren Tadlern doch nicht zu theuer wäre! Die Einführung des kostspieligen Jägerhutes, statt dem einfachen, bequemen und billigen deutschen, wird bei der Legion die erste tiefgreifende Uneinigkeit herbeiführen, denn, wenn auch vielleicht nicht in Abrede gestellt werden kann, daß der Jägerhut mit seinem Federbusche militäri¬ scher kleidet, so sollen wir doch nicht vergessen, daß unsere Geldbeutel am Zehrfieber leiden, und wiederholte Auslee¬ rungen endlich völlige Erschöpfung herbeiführen, wir sollen nicht vergessen, daß wir blos die Garden, und nicht die Soldaten der Nation sind! Für uns gibt es keine passen¬ dere Kopfbedeckung als den deutschen Hut, er wurde von Jenen getragen, welche die Freiheit erkämpften! Was die Chargen=Wahlen betrifft, so sind selbe wirk¬ lich größtentheils vor Vollendung der Konskription vor sich gegangen, daß aber dortmals die Zahl der Garden nummerisch um die Hälfte geringer war, ist eine Behaup¬ tung unseres Staatsburgers, die er nicht erweisen kann; auch scheint derselbe nicht zu wissen, daß wir unsere Chargen ##mals nur provisorisch und zwar auf ein Jahr in der Reaussetzung gewählt haben, daß unser konstituirender ##er doch ein konstituirter Reichstag bishin mit dem Na¬ donntggarbegesetz zu Ende gekommen sein wird sofern ##in seiner bisherigen Thätigkeit (?) nicht #rmäben Uebrigens haben die Herrn Garden, welche sich eist swangweise in die Kompagnien einverleiben ließen, selbst auf ihr Stimmrecht verzichtet, so wie sie auch in den März= und Apriltagen die unbe¬ quemen Nachtdienste nicht mitgemacht haben. Wenn unser Staatsbürger ferner behauptet, „daß Ab¬ stimmungen durch Acclamationen oder Wahlen durch an¬ geblich überschickte Stimmzettel geflissentlich ungenügend avisirter Wähler 2c. vorgenommen werden, wobei die Controlle meist indifferent oder befangen ist“ so tritt derselbe hier mit einer Verdächtigung gegen unsere bisherigen Wahlkommis¬ sionen hervor, deren beweisende Berichtigung wir von ihm erwarten *). Uns ist von einem solchen, dem freien Wahl¬ rechte Hohn sprechenden Vorgange Nichts bekannt, und wir fordern unsern Staatsbürger bei seiner Ehre auf, diese schmachvollen Handlungen, wenn sie wirklich statt¬ gefunden, ohne Verzug öffentlich namhaft zu machen, im wideigen er den Verdacht eines Verläumders auf sich ladet. Somit scheiden wir von den wohl= und nicht wohl¬ gemeinten Worten unseres Staatsbürgers und von ihm selbst mit dem Wunsche, daß er fernerhin gegen jede An¬ maßung kämpfen, die Wahrheit aber künftig besser und unverrückt im Auge behalten möge. Hat ihm der Zufall keine oder nur eine Charge, mit einer Litze ausgezeichnet, zugedacht, so möge er einen Trost bei seinen Leidensgefährten suchen, deren es gewiß noch mehrere gibt. — Findet er in dieser Darstellung manchen Widerspruch gegen seine Behauptung, so mag er immer¬ hin die Majoritat des besonnenen Theils unserer Bewoh¬ nerschaft entgegenstellen; gerade von dorther er¬ warten auch wir volle Anerkennung der Wahr¬ heit. Wer der Wahrheit huldigt, erfüllt die erste seiner Pflichten, wer für sie kämpft ist ein Held der That und nicht dem Namen nach. S. A. Der Reichstags=Präsident Strohbach hat sich neulich veranlaßt gefühlt dem Reichstag zu bemerken, daß dieser sich einzig und allein mit der Konstitution des Vaterlandes und mit nichts anderem zu befassen habe. Ein Abgeord¬ neter forderte den Präsidenten auf, diesen Ausspruch zu widerrufen. Strohbach verweigerte dieß aber entschieden und legte sogleich seine Präsi¬ dentenstelle nieder. Die Folge davon war, daß ihn der Reichstag sogleich wieder mit überwiegender Stim¬ menmehrheit zum Präsidenten erwählte. Es scheint also doch meine Ansicht: daß dieser Reichstag zur Gesetzgebung inkompetent sei, nicht gar so absurd zu sein, als sie es dem Herrn Vacano schien, der mich wegen derselben in ziemlich hochnasiger Weise zurechtweisen zu müssen glaubte. Ich sehe mich hier zugleich genöthiget, eine unangenehme Erörterung noch einmal aufzunehmen. Man fragt mich nämlich von mehreren Seiten, warum ich Herrn Vacano in meinen Blättern noch immer nicht den Deputirten von Steyr nenne, da doch der Reichstag alle Proteste gegen seine Wahl niedergeschlagen hat. Darum, weil nicht der Reichstag, sondern nur die Urwähler durch ihre Wahlmän¬ ner berechtiget sind, jemand zum Deputirten zu machen, daß aber zur Bürgschaft dafür, daß der Deputirte im Sinne der Urwähler gewählt werde, die Wahl der Wahlmänner nach der Vorschrift des Wahlgesetzes vorgenommen wer¬ den muß. Diese Wahl ist aber in zwei Sektionen Steyrs durch offenbare Verletzung wesentlicher Vorschriften des Wahlgesetzes zu Stande gebracht worden, wovon sich je¬ der überzeugen kann, der den Urwahlakt auf dem hiesigen Rathhaus einsieht. Auf diesen Wahlakt waren die sämmt¬ lichen Proteste gegründet, der Reichstag hat aber diesen Wahlakt, so dringend auch darauf hingewiesen wurde, nie *) Sollten übrigens wirklich noch Chargen bestehen, welche durch Acclamation oder zweifelhafte Wahl ins Leben getreten sind, so ersucht man um Anzeigen hievon geeigneten Orts.

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