2252 als ihr im März den famosen lombardischen Feldzug an¬ fingt, und doch habt ihr bis vor wenigen Wochen den Piemontesen fortwährend Lehrgeld bezahlt! Macht euch sel¬ ber die Nutzanwendung. Den hohen Herrschaften freilich hat die Re¬ volution hart mitgespielt. Sie sind nahe daran zu werden wie Unsereins. Wir sehen zwar kein Un¬ glück darin, doch kann ich mich in ihre Lage versetzen. — Eure Väter und Brüder werden ihnen nicht mehr roboten, der Bauer wird Pflug, Dreschflegel und Sense die ganze Woche lang seinem eigenen Acker widmen. Vor dem Bür¬ gerssohn soll der Kavalier weder im Amt noch im Heer eine Staffel voraushaben. Schon jetzt sitzen im Rathe des Kaisers Leute, deren Vorfahren getaglöhnert oder gefrohnt haben mögen, und wenn sie Dummheiten machen, können sie sich mit ihren Ahnen nicht entschuldigen. Der Kaiser selbst fragt nicht darnach, ob in ihren Familienwappen ein Schusterpfriem, Tischlerhobel oder Gänsekielprangt, sondern er wählt seine Räthe und Minister so, wie er und der Reichstag sie gerade brauchen können. Im Gegensatz zu früher ist vielleicht mancher hohe Herr übergangen worden, weil er sechzehn Ahnen zählt, — was auch eine Unbil¬ ligkeit ist, allein man kommt nicht auf einmal mitten ins Gleise der Gerechtigkeit, namentlich wenn man so lange auf der entgegengesetzten Seite unrecht gefahren ist. Ja, ich glaube gern, daß es weh thut, das Vorrecht der Schoßkinder mit einmal aufgeben und die prunkende Pfauenfeder der Bevorrechtung vom Hut nehmen zu müs¬ sen. Keinem der Herrn verarg ich einen Seufzer darob, allein die Tüchtigen unter ihnen bringen das Opfer und stehen fortan auf sich allein wie der Soldat, welcher von Pik auf dient; die Schwächlinge, deren die meisten sind, ziehen sich in den Schmollwinkel zurück und rufen, Oester¬ reich ist verloren; die hartköpfigen Egoisten dagegen setzen Himmel und Erde in Bewegung und möchten lieber in einer neuen Revolution das Blut der gesammten Nation an ihren Vortheil wagen, als die erste ruhig und friedlich auslaufen lassen. Sie empört die versöhnende Rückkehr des Kaisers, weil sie hofften, die Abwesenheit des Monar¬ chen werde unsere jungen Tollköpfe zu einem dummen Streich der gefährlichsten Sorte treiben. Sie klammern sich jetzt an eure siegreichen Waffen und wollen an die Armee gegen die Regierung appelliren, welche der Kaiser selbst eingesetzt und anerkannt hat. Sie sind es, welche Wien bei euch verschwärzen, welche euch erbittern und bei der Heimkehr gern in blutige Händel mit dem Civil ver¬ wickeln möchten, um die Gewalt zur alleinigen Richterin in einem Proceß zu machen, den sie auf anderem Wege verlieren werden. Gelänge ihnen dieser Plan, so würden sie aus en¬ rem Sieg über Italien einen Sieg ihrer Kaste, einen Sieg über eure Väter, eure Brüder und über euch selbst machen. Ja über euch selbst, denn vergeßt nicht, daß die jun¬ gen Leute in Wien auch für eure Wohlfahrt und Ehre gestritten haben. Man schildert sie euch als unreife, na¬ seweise Schulknaben, die Soldaten und Barrikaden spie¬ len, schwere Säbel übers Pflaster schleppen, die sie nicht zu schwingen vermögen, Pulver und Blei im Munde füh¬ ren, ohne viel davon gerochen oder gekostet zu haben, und sich wie die Herren der Monarchie gebärden, ohne sie be¬ herrschen zu können. Es ist einige Wahrheit in diesem Bilde! Dennoch bitte ich euch, verfahre eure Zunge ja recht säuberlich mit diesen Knaben, welche die Rathlosigkeit der Alten gezwungen hat, sich ans Ruder zu stellen, und ihr werdet eurer Würde nichts vergeben, wenn ihr gele¬ gentlich vor ihnen das Gewehr präsentirt oder die Hand ans rechte Ohr legt. Diesen Schulknaben sind eure Mus¬ keten nicht ganz handgerecht, eure Säbelgriffe nicht recht geläufig, aber sie führen andere Waffen, mit denen sie manchen rühmenswerthen Sieg erfochten haben, — ohne euch und doch für euch. Allen Respekt vor dem greisen Helden Radetzky, alle Achtung vor dem eisernen Fürsten Windischgrätz, alle Bewunderung vor dem aufsteigenden Gestirn des Kroatenritters Jellachich. Aber die Taktik Radetzky's, die Bomben Windischgrätz's und die kühne Be¬ geisterung Jellachich's zusammen hätten nie und nim¬ mer einen Feind geschlagen, der euch verderblicher war, als Carlo Alberto, vor dem selbst Todesmuth im Felde und graues Haar nicht immer schützen konnten, und den die entschlossene Hand jener Knaben gebrochen hat. Tausende unter euch müssen sich noch der schmachvollen Niederlagen erinnern, welche die österrei¬ chische Armee von ihm erlitt, ohne Hilfe oder nur Simpa¬ thie bei ihren damaligen Allirten im Norden zu finden; umgekehrt, so oft sie geschlagen wurde, erhob sich das Zi¬ schen und der Hohn ringsum bei den Nachbarn, so daß sie zuletzt gewöhnt ward, diesen Feind für unüberwindlich zu halten. Ihr wißt wohl, wen ich meine, denn Scham¬ röthe überfliegt eure tapfere Stirn: ich meine den schlan¬ ken Sohn des Waldes, den Haselstock — und Al¬ les, was drum und dran hing. Habt ihr Lust, die Wiener Schulknaben dafür zu züchtigen? Wollt ihr „zu Gericht sitzen“ über der revolu¬ tionären Hauptstadt und „den gestohlenen Zepter brechen“, wie jener Offizier auf dem Hradschin sang, um dafür den Zepter des Korporals wieder in seine alten Rechte einzu¬ setzen? Oertliches. Die Wiener Zeitung enthält in einer ihrer letzteren ziehen, und uns überzeugen, was wir von dem unbekann¬ Nummern unter den Anzeigen einen Artikel aus Steyr, ten Verfasser zu halten haben. Vorerst erlauben wir uns die Bemerkung, daß der welcher die Verhältnisse der Nationalgarde=Schützenlegion mit Wahrheit und Uebertreibung bespricht. Wir wollen Berfasser bei Veröffentlichung des erwähnten Aufsatzes doch denselben einer ruhigen und partheylosen Prüfung unter= zunächst nur die Absicht gehabt haben dürfte, der Schützen¬
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