Zwanglose Blätter Oberösterreich. Nro. Steyr am 6. September 1848. 50. Aber es standen zuletzt wahrhaftige redliche Männer Wider Reineken auf - - - - Göthe. Unser Reichstag ist nicht nur ein konstitui= render, sondern auch ein konstituirter! Vergelt's Gott!! Ob ein Minister=Portefeuille ein sanftes Ruhekissen ist, das weiß ich nicht — ich möchte es aber fast bezwei= feln. Wenn aber ein Monarch ein gutes Ministerium hat, so können er und sein Volk ruhig schlafen. Ich schlief seit dem 16. März schlecht und noch viele Männer des Volkes wälzten sich ruhelos und sorgenvoll auf ihrem La= ger, was wohl seine Erklärung in den bisherigen Ministe= rien und in dem weltbekannten Umstande finden dürfte, daß den Männern des Volkes und der Freiheit nie so gut gebettet wird, als den Herrn des Hofs. So schliefen wir, — wie unser Monarch schlief, das wissen wir nicht, er ist uns auch nicht dafür verantwortlich. Jetzt aber schlafen wir alle wieder gut, so gut wie Prälaten im 17. Jahrhunderte und Hofräthe noch zu Neujahr 1848 in ihren Bureaur schliefen. Und wer hat es uns ge= sungen, dieses hohe Eyapopaya? Das Ministerium, das gute, liebe Ministerium. Ich für meinen Theil habe wohl noch dann und wann Träume von brennenden Dörfern, knatternden Gewehren, Blut und Ketten, aber sanft ragt das Ministerium in meine Träume hinein und es geht mir dann, wie dem Jäger in Göthes Abendlied: „Im Felde schleich ich still und wild, Gespannt mein Feuerrohr; Da schwebt so licht sein süßes Bild, Sein süßes Bild mir vor. Am meisten raubte uns seit Eröffnung des konstituiren= den Reichstages den Schlaf die Betrachtung wie wenig dieser seine Aufgabe zu kennen scheine, und wie er so häu= fig seinen Vollmachten überschreitend im nutzlosen und ge= fährlichen Beginnen so viele schöne unwiederbringliche Zeit vergeude. Warum nutzlos? Weil jede jetzt einzeln und aus dem Ganzen gerissen behandelte Prinzipienfrage, doch beim betreffenden Para= grafe des Constitutionsentwurfes wieder verhandelt wer= den muß und — den Zeit und Weile sind ungleich — dann recht leicht der Reichstag in derselben Frage das Gegentheil von demselben beschließen kann, was er jetzt be= schloß. Derlei ist schon vorgekommen, z. B. bei der Ab= stimmung über die Punkte 5. 6. 7. des Kudlich'schen An= trages deren jeder einzeln angenommen war, als alle 3 zusammen verworfen wurden. Man wende hier nicht ein, daß eine Frage, über die außerhalb des Verfassungsentwur= fes schon abgestimmt wurde, bei Berathung desselben als erledigt betrachtet werden könne. Das geht durchaus nicht an. Der konstituirende Reichstag ist zu nichts bevollmäch= tigt, als die Constitution des Vaterlandes zu berathen und über das Resultat seiner Berathungen mit dem Kaiser ei= nen Vertrag abzuschließen, der das Grundgesetz des neuen Staates — wenn es Gottes Wille ist — in den alten Gränzen sein wird. Diese Berathung muß ein selbststän= diges Ganzes bilden; ohne Bezugnahme auf ein früher oder anderswo Entschiedenes muß über jeden Punkt und über das Urälteste, das darin aufgenommen erscheint, neu und selbständig abgestimmt werden. Bedenkt man nun, daß un= ser konstituirender Reichstag mit solchen herausgerissenen Prinzipienfragen, die er bis jetzt berieth, immer auch gleich spezielle Gesetze, die er gar nicht zu geben kompetent ist, in Verbindung brachte, so dürfte wohl das Wort „nutz= los“ genügend gerechtfertiget sein. Warum gefährlich? Weil es zur Sicherung unserer Errungenschaften nothwendig ist, daß dieselben in die klare und eherne Form eines Grundgesetzes gebracht und dieses von allen Ge= walten im Staate beschworen werde, denn der Teufel geht herum ec. ec. Der Reichstag sitzt nun fast 8 Wochen und hat von seiner eigentlichen Aufgabe, außer der Fest= setzung der Geschäftsordnung und der Prüfung der Wah= len nicht ein Titelchen vollbracht. Aber noch gefährlicher für die Freiheit wird sein Verhalten dadurch, daß ein gro= ßer Theil seiner Mitglieder gemeinsame Sache macht mit einer Partei, die sich demokratisch nennt und nicht zu wis=
sen scheint, daß auch ein demokratischer Staat aus einer festen Grundlage organisch empor wachsen und der Grund des höchsten (trascendentalsten) Gebäudes, doch auf etwas Gegebenen, auf der lieben, alten, unvollkommenen Urmutter Erde stehen müße! Betrachten wir aber die Beweggründe der Wahlen, aus denen der Reichstag hervorging, so wird es uns nicht wundern, daß eine so geringe Minorität nur einigermaßen ihrer Aufgabe gewachsen ist. Denn während die liberale Partei überall die keksten Schreier wählte, suchten die Con= servativen emsig nach Leuten, die kein Wässerchen trüben, timide hausgesessene Schlafmützen und hie und da wohl= dienerische Bureaukraten stiegen sehr im Preise. Stolz sitzen diese Herrn in der Reitschule: die einen stürmen mit den Stürmern, die andern schlafen mit den Schläfern und Mefysto, der immer klüger ist, als ehrliche Christenkin= der hat einen Ministerfrack an, legt dann und wann sein Ohr an den Boden, ob er nicht Hufschläge höre auf der Schönbrunnerstrasse prüft den Wind und Oesterreich sind das deine Männer! Ist das deine Weis= heit das deine Kraft! Ist das Alles was deine Söhne gelernt haben in der Schule dieses Jahrhunderts? Ich warne mein Vaterland — nicht vor den Demo= kraten — sondern vor jenen Demokraten, die ich zuvor schil= derte, in deren Lehren sich eine unbesonnene Jugend, ein immer durstiges Proletariat und unsere Herren Bauern in Wien berauschen. Jene Demokraten bahnen in ihrer Hitze der Despotie den einzigen Weg, auf dem sie noch einmal auf die Dauer zu uns gelangen kann. Jenen De= mokraten schiebe ich die Anträge in die Schuhe, mit denen sich der Reichstag bis jetzt theils zur Unzeit, theils ohne Vollmacht beschäftigte. Und so oft ein solcher Antrag in der Reitschule vorgeritten wurde, überfielen mich Sorgen und Angst — ich konnte Nächte lang nicht schlafen. War meine Qual vielleicht ohne Grund? Wie wenn die Wahr= heit wäre zur Geltung gebracht worden: „Kann man denn als ein christlicher Monarch mit Beruhigung ein Volk sich selbst regieren lassen, dessen Quintessenz an Weisheit (i. e. der Reichstag) nicht einmal den Unterschied zwischen einem konstituirenden und einem konstituirten Reichstage kennt? Ist man nicht vielmehr gezwungen die Vormund= schaft über dieses Volk zu verlängern und einen Mitvor= mund aufzustellen z. B. Rußland oder einen seiner Sip= pen?“ Jetzt aber können wir schlafen, und haben nichts mehr zu fürchten, und all die Bedenken über die Compe= tenz und die Befähigung des Reichstages womit ich meine Leser ängstigte, sind in ihr gerechtes Nichts zurückgeworfen. Was nie der Verstand der Verständigen sieht, Ergründet in Einfalt ein kindlich Gemüth. Der Reichstag war zu allem, was er hat vollständig be= rechtigt: denn der Justizminister Bach hat ihn in der Sit= zung vom 2. d. M. im Namen des Ministeriums für einen constituirenden und gesetzgebenden zugleich erklärt! Herr Justizminister, erlauben Sie mir, bevor ich nach dem Genusse dieser Erklärung zu einem ruhigen Schlafe mich niederlege, ein paar Fragen an Sie zu stellen, die ich im Namen des Ministeriums durch Sie möchte beantwor= tet hören: 1. Bekanntlich ist es eine Hauptaufgabe eines con= stituirenden Reichstages, zu bestimmen ob und in welchem Maaße die gesetzgebende Gewalt im Staate zwischen dem Fürsten und dem Volke getheilt ist. Da nun der consti= tuirende Reichstag diese Frage bei uns noch nicht entschie= den hat, auf welche Weise wird er sich als gesetzgebender Reichstag mit dem Kaiser in das Recht der Gesetzgebung theilen? Denn — erlauben Sie mir zu bemerken, Hr. Ju= stizminister — bei so kitzlichen Geschäften, wie das der Gesetzgebung, gibt es oft hie und da kleine Anstände, die gewisse festgesetzte Gränzen zwischen den Berechtigungen der Betheiligten wohl sehr wünschenswerth machten. 2. Unsere Deputirten sind unsere Bevollmächtigten. Wir haben sie nur bevollmächtigt unsern Willen giltig auf einem constituirenden Reichstag auszusprechen. Kann je= mand Anderer als der Vollmachtgeber selbst die Vollmacht giltig ausdehnen!? Das ist eine Civilrechtsfrage — und damit gehe ich zu Bette und schlafe ruhig auf Rechnung des Ministeri= ums und träume von lauter Lichterglanz, Geigen und Schalmeyen, von fröhlichen Leuten, von der Hochzeit zu Cana in Galiläa, von den hohen Krügen, in denen der Herr Wasser eben so leicht in Wein verwandelte, als un= ser Herr Minister aus einem constituirenden Reichstage einen gesetzgebenden machen. Wenn ich aber morgen Früh aufwache, und meine zwei Fragen nicht beantwortet finde, so stehen all die alten Sorgen und Befürchtungen wieder mit mir auf, und wenn ich in Zukunft wieder schlecht schlafe — so werden das die Herrn Minister zu verantworten haben. Gute Nacht! Alex. Jul. Schindler. Die Petition der Besitzer wundärztlichen Ge= werbe in Wien vom 21. September d. J. Die Besitzer wundärztlicher Gewerbe (dieses lächerli= chen Zopfes in der Heilkunst, nur vergleichbar mit den Polizei=Gewerben der Advokaten in der Rechtswissenschaft) haben beim Reichstage einen Protest gegen die Aufhebung der niederen chirurgischen Studien durch das Unterrichts= Ministerium eingereicht. Die bornirte Ansicht der Wiener Real=Chirurgen ist durch die einzige Frage verurtheilt, wodurch es zu rechtfertigen wäre, die Ausübung irgend einer Kunst oder Wissenschaft an Geldbesitz oder Credit, somit in diesem Falle an den Besitz eines kostspieligen chi= rurgischen Gewerbes zu knüpfen? Der ganze Protest er= scheint aber entschuldigt, sobald man in den einzelnen Stel= len desselben erkennt, wie groß an Geist seine Ver= fasser sind. So sagen sie am Ende desselben, sie stellten denselben „im vollsten Vertrauen auf das strenge!!!!!! Gerechtigkeitsgefühl, welches den ersten Reichstag
Oesterreichs durchglüht.“ Sahen die ehrenwerthen Prote= stanten dieses strenge Gerechtigkeitsgefühl vielleicht bei De= battirung der Entschädigungsfrage glühen! Warum haben sie denn nicht lieber gleich den ersten Reichstag Oester= reichs über sein Organisirungstalent, über das klare Be= wußtsein seine Vollmachten und Aufgaben, über den Gei= stesreichthum und die Bündigkeit seiner Debatte, über die wünschenswerthe Beschleunigung seiner Geschäfte über seine tiefen Kenntnisse der jüngsten Vergangenheit, der Ver= waltungsbedürfnisse und der socialen Zustände des flachen Landes gelobt! Es hätte dasselbe gekostet: den Lesern ein herzliches Lachen. Ihr berühmte Protestanten — nehmt Mambrins Helm — dessen Rolle bekanntlich im Ceryanets eine Barbierschüssel spielt, von euern Gewölbthüren und be= deckt euer Haupt damit, willkommene Don Quirotes des Reichstages und legt eure Lanzen ein für seine Gerechtig= keit, seiner Mäßigung, seine Gediegenheit und seine Com= petenz mit und schmückt euch mit demselben unsterblichen Ruhme, mit dem der Held der Mancha die Unschuld sei= ner Dulcinea von Toboso verfocht. Den edlen Ritter „zu naiv für diese Welt“ weckte aus seiner Begeisterung ein Sturzbad von Spott und Schlägen; der Fortschritt der Zeit in unser lichtes Jahrhundert schützt euch vor letztern sichert euch aber den ersteren im reichlichsten Maße. Und zum Schluße noch einmal zur Sache selbst. Glaubt es gewiß, jeder Wundarzt von wissenschaftlicher Bildung, der die Würde seines Berufes begriff und ihm gewachsen war, betrachtete den Umstand, daß er, um an einem Orte seine Kunst ausüben zu dürfen, ein Gewerbe lösen oder kaufen mußte, als eine tiefe Erniedrigung sei= nes Standes, über deren Ende er jetzt frohlockt. Zur Geschichte des Tages. Es hat sich als eine Lüge erwiesen, daß Kossuth mit 2 Millionen nach Amerika entflohen sei. Den armen Un= garn, die man höchsten Orts einst nicht oft genug „das hochherzige Volk“ nennen zu müssen glaubte, möchte man jetzt lieber allen Schimpf an die Fahne nageln, die Un= garn bewegen sich aber auf dem Boden einer garantirten Verfassung und da ist ihnen nicht leicht anders als durch Lüge und Verrath beizukommen. Als willkommenes Werk= zeug zu diesen Plänen hat sich Jellachich, der große Ban gefunden, und seine Partei unterstützt ihn, wenn man den neuesten Zeitungsberichten glauben darf, auf eine Weise die wahrhaft königliches Blut verräth. Aus Wienerneu= stadt wurde ihm erst neuerlichst eine Raketenbatterie zu Hülfe gesendet. Wer ist denn Kaiser von Oester= reich!? Der Ban kündigt dem kaiserl. Commissär Hra= bowsky den Gehorsam und erhält kaiserliche Truppen aus der Nähe von Wien als Unterstützung! Kann man es denn plumper treiben? — Der Ban besetzt unsere Häfen, ver= wendet unsere Truppen für sich, seine Schaaren martern und morden unsere deutschen Brüder, inzwischen versieht er sich mit Kriegsvorräthen aller Art — denn an Geld scheint er immer reichen Zufluß zu haben. — Ebenso soll die Frau Erzherzogin Sofie der schwarzgelben Preßburger= Bürgschaft 1000 fl. geschenkt haben. Das Schicksal Frankreichs ist noch immer nicht ent= schieden. Heute heißt es der Enkel Louis Phillips, der Graf von Paris sei zum Könige ausgerufen worden. Die Zeitungen schreiben, vor wenig Tagen habe man in Paris die Ankunft Heinrich V, des Duc de Bordeaux, auch Henry de France genannt, erwartet. Eine Menge alter Weiber und Pflastertreter hatten sich an der Porte St. Denis aufgepflanzt, — den edlen Bourbon, den Wie= derbringer der Tage der Ordonanzen des Königs zu be= grüssen. Die Ausdrücke alter Weiber und Pflastertreter scheinen aber nur eine — von dem Preßzwang Cavaig= nac's gebotene Allegorie zu sein und offenbar ist die Ari= stokratie und Bureaukratie der Faubourg St. Germain da mit gemeint. Auch von Seite des General Cavaignac er= wartet man einen Streich — ich selbst bin einer von jenen, die den Generälen in puncto libertatis populi nicht sehr viel Vertrauen schenken. So droht der jungen Freiheit Streich auf Streich — und sie wird sich doch nicht verbluten. Wie man dem „Mannh. Journal“ aus sicherer Quelle mittheilen will, hat das russische Kabinet eine sehr bestimmt und energisch abgefaßte Erklätung gegen eine bewaff= nete Intervention Frankreichs in Italien an sämmtliche Großmächte abgegeben. Es soll darin u. A. auch darauf hingedeutet sein, daß Rußland in diesem Falle bereit sein würde, die Ansprüche Oesterreichs mit den Waf= fen in der Hand zu vertreten. Diese Erklärung soll sowohl in Paris als in London einen bedeutenden Eindruck her= vorgebracht haben. Gegenwärtig ist die russische Diplo= matie eifrigst bemüht, sich ihren Antheil an den Friedens= unterhandlungen zu sichern. Auf diese Weise können wir sicher sein, gewisse geheime Artikel in die Friedensschlüsse hinein zu bekommen, die wie Würmer insgeheim unsere Freiheit zernagen können. Die russische Politik hat noch zu viele Sympathien in Deutschlands Kammern, Pallasten und Kabineten. Von der croatischen Gränze. Nach Fiume ist ein Commissär des Banus abgeschift worden, mit dem Ver= langen, daß alle ungarischen Beamten sammt dem Gou= verneure ihre Posten zu verlassen und die Cassen in Fiume zur Disposition Croatiens zu verbleiben haben. Der Ba= nus hat auf die Verordnung des ungarischen Ministers Bathyany eine Gegenerklärung erlassen, worin er sich ge= gen Reaktionsvorwürfe vertheidigt und die Einleitungen zur Pacification von Seite Ungarns in Abrede stellt. Die
in Ungarn liegenden nicht zur Krone gehörigen Truppen werden nun mit ungarischen außer Landes verwechselt, mit Ausname der in Italien befindlichen ungarischen Regimen= ter. Andererseits erfährt man, daß die croatischen und Gränzbataillone bald den Weg zur Heimat antreten sollen. Viele Munitionswägen mit kaiserlicher Bespannung und Bedienungsmannschaft sind bereits nach Croatien trans= portirt worden. Aus dem Lloyd ersehen wir, daß sich am 28. August allerdings drei angebliche Mitglieder des Ba= nalcommissärs Bunjevacz zum Gouverneur von Fiume, Grafen Erdödy mit der obenmitgetheilten Forderung bega= ben, welches Ansinnen aber von diesen zurückgewiesen wur= de, da jene Individuen keine Vollmacht vorweisen konn= ten, und Fiume nie der Banalobrigkeit untergeordnet war. Den Consuln, Viceconsuln und Consularagenten, die an den Gouverneur die Anfrage gestellt hatten, welche Mittel ihm zu Gebothe ständen, um bei einem Angriffe der Cro= aten die Personen und ihre Habe so wie jene der an sie gewiesenen Unterthanen zu sichern, drückte der Gouverneur sein Bedauern aus, daß er außer der geringen Garnison und der Nationalgarde keine andere Macht den Missethä= tern entgegen setzen könne. C. Z. Der Fürst Lamberg hat einen Theil der Jagdgerecht= same, die er bisher nach den Gesetzen auf seinen Herrschaften be= sessen hat, seinen Unterthanen durch nachstehendes Publikandum geschenkt: An sämmtliche Grund=Besitzer innerhalb des Jagdgebiethes der Herrschaft Steyr! In den glorwürdigen Märztagen ward der Absolutismus der Bureaux=Herrschaft in unserm Vaterlande gebrochen, bis zur Stunde jedoch das neue Gebäude der Freiheit leider noch keineswegs begründet. Es hat sich ein Zustand der Anarchie und der Gesetzlosigkeit eingestellt, welcher jeden wahren Freund der Feiheit und gesetzlichen Ordnung nur mit tiefer Bekümmer= niß erfüllen muß. — Die alten Gesetze, Institutionen und Behörden haben die Achtung verloren, und neue volksthümliche sind noch nicht an ihre Stelle getreten, insbesonders ist in Bezug auf die Jagd und das Jagdrecht ein trauriger anarchischer Zustand eingetreten! Während unsere alten Behörden durch Edikte und Pla= kate das bisher bestandene Jagdrecht bis zur Erlassung neuer Gesetze durch den Reichstag aufrecht zu erhalten sich bestreben, spotten die sich täglich mehrenden Wilddiebereien dem Gesetze und seinen Vollstreckern, und haben in neuester Zeit eine Höhe er= reicht, welche nicht nur die Sicherheit jedes Eigenthums sondern auch die Sicherheit der Person auf die traurigste Weise gefähr= den. Zahllose Banden haben sich, der sowohl in politischer als moralischer Beziehung höchst verderblichen Wilddieberei ergeben, sie gewöhnen sich hierdurch an diesen herumschländernden Mu= ßiggang, gefährden das Eigenthum des Landmannes auf seinen Alpen und die Sicherheit der Forstbediensteten selbst in ihren Wohnungen. Die völlige Auflösung aller gesellschaftlichen Bande und ein Krieg Aller gegen Alle wird die unausbleibliche Folge davon sein, wenn dem anarchischen Zustande der Gesetzlosigkeit nicht bald feste Schranken gesetzt werden. — Ich wende mich daher an alle diejenigen, welche innerhalb meines Jagdgebiethes Grund und Boden eigenthümlich besitzen, sie werden ihr eigenes Inter= esse nicht so sehr verkennen, daß sie nicht in dem Fortbestande der bisherigen Wilddiebereien und seinen natürlichen Folgen die nahe Gefahr ihres eigenen Besitzes und ihrer persönlichen Si= cherheit erblicken. — Mir ist es nur um die Aufrechthaltung von Freiheit, Recht und Ordnung, nicht aber um die Erhaltung meines früheren Jagdvergnügens zu thun. Ich trete daher frei= willig von heute an, bis zu jener Zeit, wo der Reichstag im Vereine mit unserem konstitutionellen Kaiser über das Jagdwe= sen ein Gesetz erlassen wird, alle meine Jagdgerchtsame auf al= len jenen Gründen, wo Grund und Boden nicht mein Eigen= thum ist, an alle diejenigen ab, welchen der Grund und Boden ge= hört, so daß von nun an jeder Grund=Besitzer auf seinem Grunde das uneingeschränkte Jagdrecht genießen möge. Hierdurch wird auch jede Klage über Beschädigung von Seite des Wildes behoben, weil jeder Grundbesitzer auf seinem Grunde das Wild zu erlegen und zu behalten berechtiget ist. Nur in dem Hofdienster=Revier und den verpachteten Jagden, wo ohnedieß kein Hochwild vorhanden ist, behalte ich mir bis auf die zu erlassenden Bestimmungen von Seite der Gesetzgebung mein bisheriges Jagdrecht bevor. Indem ich so dem Geiste der Zeit und denen Grundbesitzern innerhalb meines Jagdgebiethes ein freiwilliges Opfer freudig bringe, gebe ich mich aber auch der Hoffnung hin, daß sämmtliche Grundbesitzer meine wohlmei= nenden Absichten für sie und für den Staat erkennend auch das Ihrige dazu beitragen werden, Ordnung und Recht, ohne wel= chen keine Freiheit denkbar isi, aufrecht zu erhalten; daß sie des Wilddiebstahles auf meinem eigenen Grundbesitze sich ent= halten, ihre Hausgenossen und wo möglich auch Andere davon abhalten, und meinem Forstpersonale, welches seinen schwierigen Dienst mit Aufopferung versieht, nicht nur nicht in Erfüllung ihrer Amtspflicht hinderlich seyn, sondern so viel als möglich unterstützend an die Hand gehen wollen. Möge die junge Pflan= ze der Freiheit in unserem theuren Vaterlande gedeihen. Ich kann mit Stolz mich ruhmen, nicht einer der Letzten gewesen zu seyn, der die edle Saat gestreut, ich habe zu einer Zeit für Freiheit und Recht manch' lautes Wort gesprochen, wo noch viele von jenen die jetzt den Mund gar zu voll nehmen, kaum sich getrauten das Wort Freiheit über ihre Lippen zu stammeln. Aber die Freiheit besteht nicht in gesetzloser Anarchie, sondern in der Achtung vor dem selbstgegebenen Gesetze; ist es mir ge= gönnt etwas dazu beizutragen Freiheit Recht und Ordnung in unserem theuren Vaterlarde zu begründen, so kann ich einst mit dem schönen Bewußtsein scheiden, nicht umsonst gelebt zu haben. Schloß Steyr den 28. August 1848. Gustav Fürst v. Lamberg. Wiener=Blätter äußern: die Aufgabe des neuen, auf volksthümlicher Basis zu wählenden Gemeinderathes wäre dann schon eine großartige, wenn er auch gar nichts, als die Säuberung des Magistrates vor sich hätte. Hätten wir nur auch einen selbstständigen Gemeinderath, an einer ähnlichen großartigen Aufgabe würde es ihm nicht fehlen. — Wunderbar ist es mit welcher Hartnäkig= keit unser Magistrat an alten Uebelständen festhält. Z. B. ist hier durch die Presse der gerechte Tadel über die fuß= brecherischen Löcher in den Ennsbrücken ausgesprochen worden. Was that der Magistrat diesen augenfälligen Mangel abzuhelfen? Nichts — a tout prix nichts. Glaubt der Magistrat dadurch etwa seine Würde zu behaupten? Ist den ein Tadel aus dem Volke um so viel weniger werth als ein kreisämtlicher Verweis, den zu sühnen man sich immer fast die Hälse brach? Verantwortlicher Redacteur Alex. Jul. Schindler; Mitredacteur F. W. Arming. Druck und Verlag von Sandböck und Haas in Steyr.
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